Belagerung

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Mit einer Explosion fiel ein Teil des Eingangsgebäudes der Schulinsel in sich zusammen. Panisch rannten die Schüler vor uns weg. Mit einer Handbewegung zerstörte Mikoto einen Glockenturm in der Mitte des Platzes vor uns. Izumo wurde ein Megaphon gebracht und er bat die Schüler um Ruhe.
"Findet diesen Jungen!", befahl Mikoto dem Clan, woraufhin alle sich auf den Weg machten. Mikoto selber sprang auf einen Teil des Glockenturms und legte sich hin.
"Was ist mit ihm?", fragte Yata Izumo.
"Lass ihn in Ruhe. Ihr konzentriert euch auf euren Job.", antwortete der. "Geh, Yata."
Während die anderen jedes einzelne Klassenzimmer nach dem Typen durchsuchten, der versucht hatte, Tatara umzubringen, besetzten Izumo, Anna und ich das Direktorat. Zumindest glaubte ich, dass es das war.
Izumo setzte sich auf den Stuhl. "Amy?"
"Ja?"
"Sag diesem Shiro Bescheid, dass er sich von der Insel fern halten soll.", meinte er und schaute aus dem Fenster. "Du weißt sicher, was passiert, wenn er hier gesehen wird."
Ich nickte. Alle würden sofort ihn für den Täter halten. Ich holte mein Handy heraus und schrieb Shiro eine SMS.
Nach ein paar Minuten klingelte Izumo's Handy. "Ja?" Er begann zu lächeln. "Ist das so? Es hat wirklich nicht lange gedauert. Informiere mich, wenn sie sich in Bewegung setzen." Dann legte er auf und gab eine Durchsage durch die Lautsprecher der Schule. "Achtung, an alle Mitglieder: Die blauen Hunde kommen uns besuchen. Verstärkt die Posten an den Toren."
Anna legte drei ihrer Kugeln auf den Tisch und ließ sie kreisen. "Ist er wirklich hier?", fragte Izumo.
Sie nickte. "Aber..."
"Du kannst ihn nicht genau lokalisieren?"
"Ja."
"Schon okay. Wir haben die ganze Insel abgeriegelt. Er sitzt, wie eine Ratte, in der Falle."
Das stimmte. Bald würden wir den wahren Täter haben. Wenn die Blauen vorher nicht angriffen. Dann würde es nämlich einen Kampf geben. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit. "Was hast du, Amy?" Anna schaute mich besorgt an.
"Nichts.", beruhigte ich sie und stand von dem Stuhl auf, auf dem ich bisher gesessen hatte. "Ich mache mal einen kleinen Spaziergang."
"Sei bitte vorsichtig. Du weißt ja, dass *er* hier noch irgendwo ist.", warnte mich Izumo.
Ich nickte. "Natürlich." Nachdem ich das gesagt hatte, verließ ich den Raum. Ich lief alleine durch die Gänge der Schule, die menschenleer waren. Die Mitglieder von Homra hatten die Schüler dieser Schule wahrscheinlich in verschiedenen Klassenzimmern zusammengetrommelt und bewachten sie jetzt, während man jeden einzelne Person kontrollierte. Nachdem ein Zimmer fertig war, wurden die kontrollierten Schüler zum Wohnheim der Schulinsel gebracht, das vorher natürlich schon nach *dieser Person* abgesucht worden war.
Keine Ahnung, wie lange ich genau unterwegs gewesen war, aber irgendwann fand ich mich auf dem Dach der Schule wieder und bemerkte, dass es draußen bereits dunkel geworden war. "Nanu?"
Kleine weiße Flocken fielen vom Himmel. "Es schneit..." Ich hob meine Hand und fing eine der Flocken auf, die daraufhin sofort schmolz. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. So viel war passiert. Ich musste schlucken. Wahrscheinlich konnte ich nicht mehr nach Hause gehen. Nein, ich wollte gar nicht mehr dort hin. Aber was sollte ich sonst machen? Und dann kam unsere aktuelle Situation noch dazu.
Ich schaute auf den großen Platz runter. Mikoto hatte sich auf einen Teil des zerstörten Glockenturms gelegt. Gerade kam Anna zu ihm gelaufen. Sie legte sich neben ihn und sie unterhielten sich.
"Amy, was machst du denn hier oben?"
Ich wirbelte herum. Yata hatte sich ebenfalls aufs Dach gesetzt. "Ich bin einfach nur so hier.", erklärte ich und setzte mich ebenfalls. "Und du?"
"Ich soll nach den Blauen Ausschau halten."
"Gibt's was Neues?"
"Die Brücke. Es sieht aus, als ob sie die Umgebung komplett umstellt haben.", berichtete er. "Wenn sie uns stören, wird es einen Kampf geben."
Ich zwang mir ein Lächeln auf. "Das bedeutet viel Arbeit für mich."
"Wir alle werden auf uns aufpassen. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen." Ich seufzte. "Du machst es trotzdem, oder?" Ich nickte und blickte in die Ferne. "Alles wird gut."
"Hoffentlich." Ich konnte das nicht so wirklich glauben. Schon ein paar Stunden waren wir nun hier und hatten den Typen immer noch nicht gefunden. Ich bemerkte, dass sich Izumo zu Anna und Mikoto gesellt hatte. Kurz darauf ging er wieder in Begleitung von Anna, während Mikoto in die komplett andere Richtung lief. "Was glaubst du, wohin er geht?"
"Keine Ahnung.", antwortete Yata. "Aber ich habe vorhin den blauen König in dieser Richtung gesehen."
"Werden sie kämpfen?", fragte ich besorgt.
Yata schüttelte den Kopf. "Ich vermute mal, der Blaue will Mikoto überreden, die Belagerung aufzugeben. Aber das wir er nicht machen." Ja, in diesem Punkt gab ich ihm Recht.
Mein Handy vibrierte. Eine Nachricht von Shiro: *Wir sind jetzt auf der Insel. Warum habt ihr das getan?*

Ich antwortete ihm sofort: *Dein Doppelgänger ist hier irgendwo. Wir sind noch auf der Suche nach ihm. Und keine Angst: Den Schülern hier krümmen wir kein einziges Haar.*

Shiro: *Das hoffe ich für euch.*

Ich seufzte und steckte mein Handy wieder ein. "Am besten ich gehe jetzt mal wieder zurück."
"Pass du auch auf dich auf."
"Werde ich."
Immer noch etwas nachdenklich lief ich wieder ohne wirkliches Ziel durch die Gänge. Wie lange die Belagerung wohl noch dauern würde? Und was, wenn sie zu Ende war? Die Blauen hatten uns umstellt und würden uns danach sicher nicht einfach gehen lassen.
In Gedanken versunken merkte ich nicht einmal, dass ich das Gebäude verlassen hatte und nun mitten auf dem großen Platz, den die Gebäude umschlossen, lief. "Vorsicht." Jemand hielt mich an meiner Kapuze fest und brachte mich so vor einem größeren Felsbrocken zum stehen, über den ich sonst gestolpert wäre. "Danke.", sagte ich und blickte nach hinten, um zu sehen, wer mir geholfen hatte.
Mikoto ließ meine Kapuze wieder los. "Über welche wichtige Sache hast du denn nachgedacht, dass du deine Umgebung total ausgeblendet hast?", stichelte er, wobei ein kurzes Lächen über sein Gesicht huschte.
"Ich mache mir ein bisschen Sorgen."
"Das brauchst du nicht."
"Ich weiß, aber dieses mulmige Bauchgefühl ist trotzdem da.", seufzte ich.
Mikoto legte seine Finger unter mein Kinn und sah mir in die Augen. "So ein besorgtes Gesicht steht dir überhaupt nicht. Du solltest mehr lächeln."
Ich stemmte meine Arme in die Hüfte. "Das sagt genau der Richtige. Du hast uns in letzter Zeit am meisten Sorgen bereitet. Weißt du eigentlich, wie schlecht die Stimmung in der Bar während deiner Abwesenheit war?"
Diese Worte brachten ihn zum schmunzeln. "Dann verbreite du doch mal ein bisschen bessere Laune."
Ich seufzte. "Glücklicherweise wird sie das ab jetzt von selber, wenn du wieder da bist."
Nach diesen Worten verschwand sein fröhlicher Gesichtsausdruck. "Du verstehst dich doch gut mit Anna, oder?" Ich nickte. "Pass bitte gut auf sie auf. Und auf die anderen natürlich auch."
"Klar. Aber warum sagst du mir das?"
Mikoto lächelte traurig. "Ich habe es keinen Tag bereut, dich in meinem Clan aufgenommen zu haben.", meinte er und schaute in den Himmel zu den Sternen hinauf. "Du bist diejenige, die durch ihre Gabe als Strain alle retten kann, wenn etwas passiert."
"Ja....", flüsterte ich. Es stimmte: Nur ich hatte die Fähigkeit, Wunden zu heilen.
"Aber übernimm dich nicht."
"Klar." Doch warum sagte er mir das alles? "Was hast du vor, Mikoto?"
"Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest." Er ging einen Schritt in Richtung des Eingangs des Gebäudes.
Ich machte mir aber Sorgen, große Sorgen. "Versprich es mir!", sagte ich etwas lauter, woraufhin er stehen blieb und über seine Schulter fragend zu mir nach hinten blickte. "Versprich mir, dass egal, was in den nächsten 48 Stunden passiert, wir wieder alle zusammen in der Bar sitzen werden, wie vor diesen vielen Geschehnissen."
Mikoto drehte sich um und beugte sich zu mir nach unten, bevor er etas in mein Ohr flüsterte: "Das, liebe Amy, kann ich nicht versprechen. Denn wenn ich das tun würde, wäre ich als König doch ein schlechtes Vorbild, wenn ich mein Versprechen breche, oder?"
In diesem Moment begriff ich, wie es um ihn stand. Wahrscheinlich war sein Schwert des Damokles bereits das letzte Mal kurz vor dem Fall gewesen und das wusste er. Deswegen versprach er keine Dinge, die er vielleicht nicht halten konnte. Aber genau das machte mich traurig: Es bestand die Möglichkeit, dass er die nächsten 48 Stunden nicht überlebte. Und ich konnte rein gar nichts tun. So hilflos hatte ich mich noch nie in meinem Leben gefühlt.
Völlig in Gedanken versunken merkte ich zuerst nicht, dass Mikoto mich umarmte. "Sei nicht traurig...", murmelte er. "Kannst du mir einen Gefallen tun?"
"Welchen denn?", fragte ich, während mir langsam die Tränen kamen.
"Das ist eine große Bürde, aber bitte sorg dafür, dass alle hier heil rauskommen."
Ich nickte nur stillschweigend. Dann ging Mikoto einen Schritt zurück. "Wenn das hier vorbei ist, werden die anderen dich von zu Hause rausholen."
Ich schüttelte den Kopf. "Das ist nicht mehr nötig. Ich bin abgehauen und kann nun nicht mehr dorthin zurück." Ich blickte auf meine Hand. "Die Flammen, ich habe sie auf meinen Vater gehetzt."
Mikoto lächelte, als ob er stolz auf mich wäre. "Gut gemacht." Er schaute in den sternenübersähten Himmel. "Du hattest Recht: Meine Flammen beschützen. Deswegen habe ich sie dir gegeben. Dass sie dich schützen."
Ich musste lächeln, obwohl mir eher zum Weinen zu Mute war. Mikoto legte seine Hand auf meinen Kopf. "Lass uns jetzt lieber rein gehen."

So, wieder ein Kapitel fertig und irgendwie gefällt es mir nicht so, keine Ahnung, warum. Vielleicht überarbeite ich es nochmal, sobald meine Prüfungen zu Ende sind.

Wie ihr vielleicht schon gemerkt habt, kommt dieses Buch langsam zum Ende. Ich mein, das ist bereits Kapitel 24! An dieser Stelle ein riesiges Danke an euch alle, die bis hier hin gelesen haben.
Auf jeden Fall werden nur noch drei bis vier Kapitel kommen, je nachdem wie ausführlich es wird. Und da wollte ich euch mal fragen, was ihr von einer Fortsetzung haltet.

Eure Lina

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