Rot

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Mein Vater rüttelte mich. *Jetzt kannst du dich endlich wehren.*, erinnerte ich mich an Yata's Worte, die er mir während dem Skateboard fahren gesagt hatte. Aber sollte ich diese Kräfte wirkich gegen meine eigene Familie einsetzen? Ich wusste es nicht. Aber was ich sicher wusste, war dass ich mich nicht länger so behandeln lassen durfte. Wut stieg in mir auf. Mit fester und ernster Stimme sprach ich die Worte "Lass mich los!".
Für einen kurzen Moment schien mein Vater irritiert. Doch die Verwirrtheit verwandelte sich schnell in noch mehr Gewalt. Er verpasste mir eine Ohrfeige. Danach rüttelte er mich weiter. "Du vorlautes Etwas!!", schrie er mich an.
Ja, ich war vieles: Schwach, ängstlich, alleine, einsam. Aber ich war nicht einfach eine Sache, die man behandeln konnte wie man wollte. Ich schaute ihm tief in seine braunen, aggressiven Augen. "Lass mich los!", wiederholte ich, nur dieses Mal um einiges lauter. Unglaubliche Wärme stieg in mir auf. Mein ganzer Körper wurde warm.
Im nächsten Augenblick schrie mein Vater auf und ließ mich los. Er rannte quer durch die Küche zur Spüle und hielt seine Hände unter den Wasserhahn. "Was hast du getan?!", rief er.
*Nichts.*, wollte ich sagen, doch mir fiel eine bessere Antwort ein. "Ich habe mich gewert." Mit diesen Worten drehte ich mich um und lief die Treppe nach oben ins Bad. Dort angekommen setzte ich mich erschöpft auf den Rand der Badewanne. Was war das denn gerade gewesen?
Ich hielt mir den Kopf. Für ein paar Sekunden war mir richtig schwindelig gewesen, sogar übel. Glücklicherweise waren diese Gefühle bereits wieder verschwunden. Stattdessen machte sich Ratlosigkeit in mir breit. Hatte ich gerade wirklich meine neuen Kräfte verwendet? Das wäre zumindest eine Erklärung. Homra's Kraft bestand aus Flammen. Mein Vater hatte sich anscheinend bei mir verbrannt.
Ich musste lächeln. Tatsächlich: Ich hatte mich gegen ihn zur Wehr gesetzt, auch wenn das mehr oder weniger nur aus Versehen passiert war. Das tat richtig gut. Ich blickte in den Spiegel, der genau gegenüber von der Badewanne hing. Was ich darin sah, war unglaublich: Meine sonst blauen Augen glühten jetzt in der Farbe ... rot. *Verdammt!* Da stimmte doch etwas nicht. Wieso hatte ich auf einmal eine andere Augenfarbe?! Das immer noch nicht richtig glauben könnend, blinzelte ich ein paar Mal. Aber die Farbe meiner Augen blieb die gleiche: Rot. Was sollte das?
Panisch holte ich das Handy, das mir Yata gegeben hatte, aus meiner Hosentasche und schaltete es ein. Er hatte gesagt, dass ich Homra damit erreichen konnte. Ich ging in die Kontakte und fand die Telefonnummer der Bar. Bingo!
Ich drückte mit zitternden Fingern die *Anrufen*-Taste. Es läutete ein paar mal. "Bar Homra, Izumo am Apparat. Was kann ich für Sie tun?", meldete er sich.
"Hallo, hier ist Amy.", meinte ich, wobei meine Stimme stotterte. "Ich brauche dringend Hilfe."
Er schien sofort alarmiert. "Was ist passiert?"
"I-ich habe aus versehen meine Kräfte eingesetzt und jetzt leuchten meine Augen rot. ", brachte ich es auf den Punkt.
"Verstehe.", sprach Izumo. "Warte kurz." Nach etwa zwei Minuten kam er zurück an den Hörer. "Kannst du vorbeikommen? Mikoto möchte sich das gerne ansehen."
"Klar. Ich bin in 15 Minuten da. Bis gleich." Dann legte ich auf.
Ich holte mir schnell eine Jacke aus meinem Zimmer und rannte die Treppen nach unten. Hoffentlich konnten sie meine Augenfarbe wieder normal machen! Gerade als ich die Tür öffnete, meldete sich mein Vater aus der Küche. "Wo willst du hin?"
"Geht dich nichts an.", antwortete ich knapp und lief nach draußen. Oh ja, ich hatte mich gerade heftig aus dem Fenster gelehnt, aber das war mir zu diesem Zeitpunkt ehrlich gesagt richtig egal. Mich erwartete sowieso schon riesen Ärger.
Ich zog mir meine Kapuze über den Kopf. Es sollte schließlich nicht jeder sehen, dass ich glühend rote Augen hatte. Genau nach einer viertel Stunde stand ich dann in der Bar.
Izumo kam hinter dem Tresen hervor und zog mir die Kapuze vom Kopf herunter. "Schau mich an." Ich tat, was er gesagt hatte. Er schmunzelte. "Es ist wirklich wahr."
"Natürlich ist es wahr. Oder denkst du, dass sie uns anlügt?" Mikoto kam aus dem Nebenraum und hatte meinen Gedanken laut ausgesprochen. Er kam näher und sah sich meine Augen genauer an. "Hat sich irgendwas an deiner Sehfähigkeit verändert?" Ich schüttelte den Kopf. "So was hatten wir ehrlich gesagt auch noch nicht." Na super. Schon wieder machte sich Verzweiflung in mir breit. "Am besten beobachtest du das Ganze mal. Vielleicht bekommst nach ein paar Stunden deine alte Augenfarbe."
"Und wenn nicht?", fragte ich vorsichtig.
Mikoto lächelte. "Rot steht dir viel besser als blau."

Ich liebe dieses Kapitel! Es hat mir einfach so viel Spaß gemacht darüber zu schreiben, wie sich Amy gegen ihren Vater wehrt.
Und sie hat das bekommen, was ich schon immer haben wollte: Die Augenfarbe rot.
Ich hoffe, euch hat auch dieses Kapitel gefallen. Das nächste wird auch noch lustig hust Scepter 4 hust.

Eure Lina

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