Gefangen

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"Yata?"
Der nickte und stellte sich auf sein Skateboard. "Bin schon unterwegs." Er fuhr los und verschwand hinter der nächsten Ecke. Ich wagte es nicht, nur ein Wort zu sagen, auch wenn es mich interessierte, was Mikoto vor hatte.
Alle Mitglieder von Homra hatten sich versammelt und waren nun auf dem Weg zu demjenigen, von dem der farblose König seine Pistole bekommen hatte. Hoffentlich konnte der uns mehr über den farblosen König erzählen. Bis jetzt hatten wir noch nicht einmal den Namen des siebten Königs.
"Amy, Anna!", sagte Mikoto, woraufhin ich auf schaute und näher zu ihm lief. "Bleibt immer dicht bei mir. Dort oben könnte es gefährlich werden." Ich nickte zustimmend und blieb in seiner Nähe.
Wir blieben vor einem Hochhaus stehen, in dessen Erdgeschoss und ersten Stockwerk sich ein Einkaufcenter befand. Obendrüber gab es große Mietwohnungen, die nur richtig reiche Leute bezahlen konnten. Hier wohnte also derjenige, von dem der farblosen König seine Pistole hatte. Meine Hände formten sich zu Fäusten und ich biss die Zähne zusammen. Dieser Typ war also auch an dem Geschehen Schuld.
Während die anderen rein gingen, warteten Mikoto, Anna und ich noch im Einkaufscenter. Ich schaute mich ein wenig um und entdeckte eine schöne Halskette, an der ein kreisförmiger Anhänger, auf dem eine Flamme zu sehen war, hing. "Hier." Mikoto hielt mir einen Geldschein hin, wobei er weiter zu der Tür schaute, die nach oben in den zweiten Stock führte. "Kauf sie dir."
"Aber..."
"Sie gefällt dir doch, oder?" Ich nickte schweigend. "Dann nimm sie mit."
Dankend nahm ich das Geld an und bezahlte sie an der Kasse, woraufhin ich sie mir gleich um den Hals Band. Ich lächelte. Ja, sie gefiel mir wirklich sehr gut. "Sie steht dir sehr gut.", sagte Anna und betrachtete die Kette durch ihre rote Murmel.
"Danke."
Mikoto schaute nach oben. "Es ist soweit."
Zusammen betraten wir den Aufzug, mit dem wir in eines der obersten Stockwerke fuhr. Die Tür, die zur Wohnung unserer Zielperson führte stand offen, weshalb ich vermute, dass der Rest von Homra bereits dort eingedrungen war. Doch anstatt die Tür zu benutzen, sprengte Mikoto ein Loch in die Wand, durch das wir die Wohnung betraten. Nachdem sich der Rauch gelichtet hatte, erblickte ich zum ersten den riesigen Raum dahinter. Allein in diesen Raum passte die Bar locker zwei Mal. Durch eine lange Glasvoliere konnte man die ganze Stadt überblicken. Leider hatte sie an einer Stelle ein Loch, als wäre jemand hindurchgeflogen. Zwei Treppen mit goldenen Geländer führten zu einem kleinen Garten im Stockwerk darüber. In der Mitte des Raumes, in dem wir uns befanden stand ein Glastisch, dahinter ein schwarzes Sofa, das wahrscheinlich aus Leder bestand. Zwei Männer lagen bewusstlos auf dem Boden, neben ihnen ihre Waffen. Ich vermutete, dass sie die Bodyguards waren. Der dritte saß mit einigen Schrammen im Gesicht und gefesselt neben Izumo auf dem Sofa.
"Er will uns nichts sagen.", meinte Izumo.
Anna lief zu dem dritten Typen und schaute ihn durch ihre rote Murmel an. "Er weiß auch nichts."
Rikio seufzte enttäuscht. "Dann war diese ganze Aktion umsonst."
Wortlos drehte sich Mikoto um und sprengte das nächste Loch in die Wand, durch das wir die Wohnung schließlich wieder verließen. Als wir schließlich wieder im ersten Stock des Einkaufcenters angekommen waren, musste wir leider feststellen, dass unsere Aktion nicht unbemerkt gewesen ist. Zehn Leute von den Blauen inklusive ihres Königs Munakata und Awashima.
"Was sollen wir tun?", fragte Yata und alle sahen zu Mikoto.
Der blieb stehen und neigte leicht den Kopf. "Verbrennt sie." Jubelrufe ertönten.
Mikoto sprang über das Geländer und landete nach ein paar Metern mit den Füßen vor den Blauen auf dem Boden. "No Blood! No Bone! No Ash!", rief der Rest von uns. Mikoto's Körper ging in Flammen auf, die sich danach überall ausbreiteten. Die Kronleuchter an der Decke des Einkaufcenters fielen herunter und schmolzen durch die große Hitze. Nur Scepter 4 blieb verschont, da sich eine blaue Aura um sie gebildet hatte, die sie vor den Flammen schützte. Nun sprangen auch die restlichen Mitglieder von Homra über das Geländer zu ihrem König. Nur Anna und ich blieben noch oben stehen und beobachteten den Kampf. Doch irgendetwas störte mich. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus und ich sollte Recht behalten:
Mikoto warf einen Blick zu uns, woraufhin Anna meine Hand nahm. Ihrem Blick nach zu urteilen ahnte sie schon, was nun passierte. Dann verschwanden sie Flammen und Mikoto streckte beide Arme zum blauen König aus, der ein wenig irritiert schien. Mikoto lächelte hämisch. "Du wolltest mich doch gefangen nehmen, oder? Jetzt hast du die Chance dazu."
Alle starrten Mikoto nach diesen Worten an, aber niemand wagte es etwas zu sagen. Ich ging einen Schritt nach vorn, um einzugreifen, stoppte dann jedoch. Bestimmt tat Mikoto das nicht ohne Grund. Auch andere Mitglieder von Homra wollten etwas tun, aber Izumo hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
Zwei Stunden später saßen wir wieder in der Bar, nur ohne Mikoto. Er war tatsächlich freiwillig mit den Blauen mitgegangen. Was die wohl jetzt mit ihm gemacht haben? Stille herrschte in der ganzen Bar, bis Yata sie durchbrach. "Mann, wir hätten die Blauen doch haushoch besiegt.", knurrte er und verschränkte wütend Die Arme. "Ich hätte sie so fertig gemacht."
Izumo stellte das gerade abgetrocknete Glas hin. "Du verstehst es einfach nicht.", seufzte er. "Mikoto hat das für uns getan." Ich blickte ihn fragend an. "Scepter 4 hat mitbekommen, dass wir hinter dem farblosen König her sind."
"Ja, und?"
"Denkt doch mal nach: Sie würden niemals zulassen, dass wir ihn kriegen. Da Mikoto jetzt bei denen im Gefängnis sitzt, sind sie der Meinung, wir wären vorerst ausgeschaltet."
"Dann können wir sozusagen weiter nach dem farblosen König suchen ohne die Überwachung der Blauen.", führte ich seine Erklärung zu Ende. "Das ist genial." Izumo schob lächelnd seine Brille nach oben, als wäre er sehr stolz darauf. "War das etwa dein Plan?"
"Was denkst du denn? Ich bin schließlich Homra's Stratege."
Auch Yata schien es jetzt zu kapieren und lächelte. "Dann finden wir diesen blöden Typen. Umso schneller wir den haben, desto schneller kann Mikoto wieder bei den Blauen raus."
"Genau.", meinte Anna.
Yata holte sein Handy heraus. "Ich ruf gleich Rikio an. Wir machen uns gleich auf die Suche." Er stürmte aus der Bar.
Ich schaute zu Izumo. Irgendetwas störte mich noch an dieser Erklärung. Das war einfach nicht Mikoto's Art. Izumo bemerkte, dass ich noch skeptisch war. "Du hast Recht.", meinte er. "Das war nicht der einzige Grund für seine Entscheidung. Hast du schon Mal vom Fall des Damokles gehört?" Ich schüttelte den Kopf. "Natürlich. Woher auch? Wie du weißt hat jeder König ein Schwert des Damokles. Tja, wenn die Könige zu viel von ihrer Kraft einsetzen, kann es dazu kommen, dass das Schwert fällt. Wenn es den Boden erreicht, gibt es eine Explosion, die einen riesigen Krater verursacht. Es ist bis jetzt ein einziges Mal passiert und dabei sind hunderte Menschen gestorben."
Ein schrecklicher Gedanke kam mir. "Mikoto's Schwert.... ist das etwa ein Vorzeichen?" Das letzte Mal, als ich es gesehen hatte, hatte es ausgesehen, als ob es kurz vor dem auseinander fallen gewesen wäre. Izumo nickte. Mikoto wollte uns also nur alle beschützen. In diesem Gefängnis musste er seine Kraft nicht einsetzen. Und somit fiel sein Schwert nicht. "Und was passiert beim Fall des Damokles mit dem König?"
"Er stirbt." Anna zuckte bei diesen Worten zusammen.
"So weit wird es nicht kommen.", versuchte ich sie zu beruhigen. Sie klammerte sich an mich. "Du brauchst also keine Angst zu haben." Ich lächelte. Wir durften es einfach nicht so weit kommen lassen. "Was schlägst du vor, Izumo?"
"Im Moment können wir nichts tun, außer nach dem farblosen König zu suchen.", erklärte er. "Unser König hat echt nur Mist im Kopf.", fügte er noch schnell hinzu, woraufhin ich ihn fragend anschaute. "Er will uns alle nur beschützen, aber es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben."
Ich erinnerte mich an mein Gespräch mit Mikoto. *Mit deiner Kraft kannst du alle beschützen*, hatte ich gesagt. Dabei war diese Kraft das, wovor er uns beschützen wollte. Ich schloss die Augen und gab Izumo Recht: Es hätte doch auch andere Möglichkeiten gegeben.

Das ist echt eine Misere, in die Homra da geraten ist, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Leider hat dieses Kapitel ein bisschen länger gedauert, aber das war hoffentlich nicht allzu schlimm.

Eure Lina

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