Fall des Damokles

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*Verdammt!*, fluchte ich gedanklich. Ich hatte einen Verdächtigen verfolgt und nun war ich hier, mitten auf dem Platz. Einer von den Blauen stand mit gezogenem Säbel vor mir und lächelte zufrieden. Eigentlich hatte ich ja keine Zeit für sowas, aber der Typ würde mich erst vorbeilassen, wenn er K.O. war. Glücklicherweise hatte ich nicht versprochen, mich aus dem Kampf zwischen Scepter 4 und Homra herauszuhalten, sonst würde ich jetzt mein Versprechen brechen und so ein Mensch war ich nicht.
Ich spannte meine Muskeln an und ließ Flammen um meine Hände erscheinen, bevor ich Schwung nahm und auf meinem Skateboard auf meinen Feind zu fuhr. Meinem ersten Schlag wich er gekonnt aus, sodass ich einfach an ihm vorbeifuhr. Dann wirbelte er zu mir um und versuchte mich mit seinem Säbel zu erwischen, was ihm jedoch nicht gelang, denn ich war zu flink für ihn. Ich duckte mich und machte eine scharfe 180 Grad Kurve, weshalb ich nur knapp zwei Sekunden später wieder auf dem Weg zu ihm war. Dieses Mal würde ich einen Treffer landen! Doch auf einmal ging er in die Hocke und stellte mir ein Bein. Ich konnte nicht mehr schnell genug reagieren und schon flog ich zusammen mit meinem Skateboard durch die Luft.
In diesem Moment wurde mir klar, dass ich noch zu wenig Erfahrung zum Kämpfen hatte. Die anderen besaßen ihre Kräfte bereits viel länger und konnten deswegen dementsprechend auch um Welten besser kämpfen als ich. Aber ich gab noch nicht auf!
Der Blaue holte mit seinem Säbel nach mir aus. Schnell drehte ich mich in der Luft und wich so seinem Schlag nur um ein paar Millimeter aus. Ein paar Haare von mir mussten dann leider doch dran glauben. Der Schlag hatte wirklich gesessen. Hätte er mich damit getroffen, wäre ich jetzt wohl außer Gefecht. Zum Glück hatte ich immer genug Glück, um solchen brenzligen Situationen gerade noch zu entkommen.
Mich traf der Schlag zwar nicht, aber dafür bekam etwas anderes seine Kraft zu spüren: Mein Skateboard knallte mit voller Kraft auf den Boden und zerbrach genau in der Mitte in zwei Teile. Wie betäubt stand ich zuerst da. *Mein Skateboard ist zerbrochen...*, machte ich mir in Gedanken klar. *Es ist kaputt...*
Wut stieg in mir auf. Das war mein Geburtstagsgeschenk gewesen! Ich ballte meine Hände zu Fäusten und ging auf den Blauen zu, allerdings ohne meine Kräfte einzusetzen. "Du Mistkerl, du hast es zerstört!", rief ich laut. Der war mit der Situation anscheinend so überfordert, denn er rührte sich nicht. Ich nahm alle meine Kraft zusammen und schlug ihn mit meiner Faust auf Maul.
Das gab ihm den Rest und er fiel bewusstlus zu Boden. "Weichei.", schnaubte ich verächtlich und schaute auf meinen Gegner herab, während ich meine schmerzende Hand schüttelte, denn sein Schädel war überaus hart gewesen. "Das hast du nun davon!" Nach diesen Worten wandte ich mich von ihm ab und meinem kaputten Skateboard zu. Die Wut, die sich in mir angestaut hatte, wandelte sich in Traurigkeit. Ich sank auf die Knie und nahm beide Teile in die Hände. Es war kaputt und man konnte es auch nicht mehr reperieren. Moment... wenn ich Wunden bei Menschen heilen konnte, musste das folglich doch auch bei kaputten Dingen funktionieren. Ohne den Kampf um mich herum zu beachten, legte ich die Teile so nebeneinander, dass sie sich an der zerbrochenen Stelle berührten. Anschließend legte ich meine Hände genau auf diese Stelle und setzte meine Heilkräfte ein. Wie immer wurden meine Hände warm. Als ich sie dann vorsichtig wieder von der Oberfläche meines Skateboards entfernte, staunte ich nicht schlecht, denn es sah wieder wie neu aus. Das war wohl die wahre Form meine Kräfte. Sie beschränkten sich nicht nur auf Heilung von Verletzungen, sondern konnten auch Gegenstände reperieren. Moment... wenn ich Gegenstände reperieren konnte, dann bezog sich das bestimmt auch auf *das*.
Ich sprang auf und wollte gerade zu Izumo rennen, um ihm meine neue Erkenntnis mitzuteilen.
"Amy!"
Beim Klang dieser Stimme wirbelte ich herum. "Shiro!"
Bei ihm waren Neko und Kuroh, die neben ihm stoppten. "Wir müssen diesen Kampf sofort beenden."
"Sagt das mal den Blauen." Ich zuckte mit den Schultern. "Die haben uns schließlich angegriffen."
"Und ihr habt diese Insel belagert und die Schüler bedroht.", kommentierte der schwarze Hund meine Aussage.
"Stimmt auch wieder.", gab ich widerwillig zu und verschränkte meine Arme.
"Hört auf.", meinte Shiro. "Das ist sehr wichtig: Wir müssen alle Leute von der Insel evakuieren. Nur so können wir den farblosen König schnappen."
"Warte, was?" Jetzt war ich verwirrt. "Ich dachte, du wärst der farblose König."
Shiro schüttelte den Kopf. "In Wirklichkeit bin ich der silberne König. Der farblose König besitzt die Fähigkeit, in die Körper anderer einzudringen. Er hat sich in meinen Körper eingenistet, allerdings war meine Kraft zu groß, weshalb mein Geist in seinem alten Körper, also diesem hier, gelandet ist."
"Im Klartext: Dein aktueller Körper hat versucht Anna, Tatara und mich umzubringen, deine Seele aber nicht."
"Korrekt."
"Das ist verwirrend, doch durch diese Erklärung ergibt einiges Sinn."
"Ich weiß, aber wir haben jetzt keine Zeit für genaueres.", sagte Shiro. "Kuroh, du übernimmst die beiden Clans. Sorg dafür, dass sie aufhören zu kämpfen." Der schwarze Hund nickte und rannte davon. "Amy, kannst du uns bitte zu eurer Nummer Zwei in Homra bringen? Die beiden Könige sind ja grad irgendwie zu beschäftigt, um uns zuhören zu können."
Ich hob meinen Arm und deutete auf das Direktorat. "Dort ist er."
"In Ordnung. Dann holen wir nur noch die Vertreterin der Blauen."
Ohne dass ich noch irgendwas sagen konnte, nahm Shiro mich und Neko am Arm und sprang. Das war aber keineswegs ein normaler Sprung. Wir flogen durch die Luft. Damit war mir klar, dass Shirl die Wahrheit gesagt hatte: Der silberne König herrschte über die Luft.
Etwa drei Minuten später landeten wir kurz, um Awashima einzusammeln. Der Blick von den Blauen war unbezahlbar! Die zweite bei Scepter 4 wehrte sich zwar, hatte jedoch keine Chance gegen Shiros Griff. Danach flogen wir in Richtung Direktorat.
Auch wenn ich eigentlich wusste, dass mir nichts schlimmes passieren würde, schrie ich lauthals. "Shiro, ich weiß ja nicht, ob dir das aufgefallen ist, aber das Fenster ist zu!!"
Genau nachdem ich meinen Satz beendet hatte, öffnete es sich wie von Zauberhand und fünf Sekunden später landeten wir alle mit einem Rumps auf einem Haufen auf dem Boden.
"Aua...", meinte Shiro und hielt sich mit einer Hand den Kopf. "Hey, entschuldigt die Störung."
Izumo war so verdutzt über diese Situation, dass ihm sogar seine Zigarette aus dem Mund fiel. Neko machte ihrem Namen alle Ehre, indem sie Awashima wie eine Katze anfauchte, während die wie wild mit ihrem Säbel herumwirbelte. Daraufhin holte Izumo sein Feuerzeug heraus, was wie jeder wusste seine Waffe war.
"Warte...", setzte ich an.
"Keine Feinde.", unterbrach mich Anna. "Diese Leute sind keine Feinde."
Als ich sie sah, umarmte ich sie erst einmal freudestrahlend. "Ein Glück, es geht dir gut!"
"Ja...", antwortete sie leise und erwiderte meine Umarmung.
"Nun, es ist so:", sagze Shiro. "Wir müssen was mit euch besprechen." Nur eine Sekunde später begann ein Telefon zu klingeln. Wie angewurzelt standen wir alle da, bis Shiro mit einem Lächeln im Gesicht erneut das Wort ergriff. "Es kann sein... tut mir echt leid... ich glaube dieser Anruf ist für mich. Könnte mal einer von euch ran gehen?"
Izumo holte sein Handy heraus. "Ja?" Alle starrten zu ihm.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung war laut und deutlich zu hören. "Ich spreche mit Mikoto Suohs Staatschef Izumo Kusanagi, richtig?"
"Ähm, ja."
"Bei dir sollte ein dümmlich grinsender Junge sein. Den will ich sprechen."
"Äh, ja." Shiro lächelte breit. "Wer ist denn am Apperat?"
"Daikaku Kokujouji, der goldene König." Ich musste schlucken, als ich das hörte. Der goldene König, der zweit stärkste aller Könige. Was er wohl von Shiro wollte? Naja, eigentlich konnte ich es mich schon denken. Shiro war der tot geglaubte silberne König.
Izumo übergab ihm das Telefon, bevor er sich an mich wandte. "Könntest du mir mal erklären, was hier eigentlich los ist?" Also begann ich zu erklären, während Shiro telefonierte.
"Noch mal zum Mitschreiben:", meinte Awashima. "Der farblose König hat euer Clanmitglied fast umgebracht, ist auf das Luftschiff des silbernen Königs geflohen, wo er schließlich mit diesem die Körper getauscht hat. Anschließend hat er den silbernen König in seinem alten Körper rausgeschmissen, woraufhin der hier auf der Schulinsel gelandet ist." Ich nickte nach jedem Satz. "So ist dieses ganze Schlamassel also entstanden."
Ich wandte mich zurück an Shiro, der sein Telefonat inzwischen beendet hatte und nun Neko umarmte. "Wir müssen die Schüler von hier evakuieren.", sagte er schließlich. "Dann kann der farblose König nicht fliehen. Helft ihr mir?"
Izumo nickte. "Aber was ist, wenn der farblose König von einem der Schüler Besitz ergreift und uns so doch entkommt?"
Shiro schüttelte den Kopf. "Er hat es nur auf die Könige abgesehen. Aus diesem Grund hat er den roten und den blauen König hier versammelt. Deshalb müssen wir alle Schüler von der Insel bringen, denn die Gefahr geht nicht nur von dem farblosen König aus." Nach diesen Worten blickte er aus dem Fenster.
Plötzlich ertönte ein wahnsinniges, lautes Lachen. "Ich lasse euch nicht entkommen. Ihr könnt nicht fliehen." Sofort hielt ich mir mit beiden Händen meine Ohren zu. "Ihr gehört alle mir!"
"Ist das der farblose König?", fragte Awashima.
Ich nickte. "Diese Stimme werde ich nie im Leben vergessen."
"Kannst du für mich eine Illusion erschaffen?" Neko nickte nur, woraufhin sich der silberne König wieder an uns wandte. "Ihr solltet eure Clans wieder unter Kontrolle bringen und sie bei der Evakuierung helfen lassen. Anschließend solltet auch ihr von hier verschwinden."
Izumo und Awashima nickten zustimmend. Während Neko die von Shiro gewünschte Illusion erschuf, begannen der rote und der blaue Clan die Insel zu evakuieren. Übring blieben nur Izumo, Anna, Awashima, Neko, Shiro und ich.
"Könnt ihr sie bitte mitnehmen? Tut ihr das für mich?", fragte Shiro, nachdem Neko durch die Überbeansprungung ihrer Strain Kräfte bewusstlos geworden war. Ich hätte ihr ja gerne mit meinen Heilkräften geholfen, aber ich würde bei meinem Vorhaben sicher alle Kraft brauchen, die mir zur Verfügung stand.
"Natürlich."
"Ich danke euch vielmals." Er machte einen Schritt zum geöffneten Fenster. "Ich kann nichts versprechen, aber ich werde mein bestes geben."
Zum ersten Mal seit einer Weile ergiff ich das Wort: "Was ist mit Mikoto? Wir können ihn doch nicht alleine hier lassen..."
Izumo seufzte, als ob er so etwas von mir schon erwartet hatte. "Amy, das ist jetzt eine Sache unter Königen. Wenn du hier bleibst, läufst du Gefahr auch eine Marionette des farblosen Königs zu werden. Außerdem könnte es jede Sekunde zum Fall des Damokles kommen." Damit hatte er ausgesprochen, was wir alle schon lange wussten, aber nie gewagt hatten zu sagen. Anna zuckte bei diesen Worten zusammen, doch auch ihr war dies längst klar gewesen.
Ich nahm einen tiefen Atemzug. Es stimmte zwar, dass der farblose König auch meinen Körper übernehmen könnte und auch der Fall des Damokles könnte mich ohne Zweifel umbringen, aber... "Ich weigere mich, Mikoto einfach hier zurückzulassen!", rief ich mit angespannten Muskeln. "Mag sein, dass der farblose König gefährlich war, doch ich habe jetzt bereits zwei Begenungen mit ihm überlebt."
"Mit Glück.", fügte Izumo hinzu. "Amy, ich glaube, du verstehst den Ernst der Lage nicht."
"Doch, das tue ich.", korregierte ich ihn. "Ihr könnt gerne gehen, aber ich werde bei Mikoto holen. Denn ich will, dass wir wieder alle zusammen in der Bar sitzen und Spaß haben! Deswegen werde ich nicht zulassen, dass er heute stirbt und ich werde mich auch von niemanden aufhalten lassen."
"Versprichst du es...?", fragte Anna und schaute mich mit einem hoffnungsvollen Blick an. "Bringst du Mikoto wieder zu uns zurück?"
"Versprochen.", sagte ich mit entschlossener Stimme.
"Wenn das Damokles fällt und du noch hier bist, wirst du sterben.", versuchte mich Izumo weiter zu überzeugen, mit ihnen zu kommen, was jedoch nicht funktionierte, denn ich war weiterhin fest entschlossen mein Vorhaben in die Tat umzusetzten.
"Ich bin die einzige, die es schaffen kann, weil ich Heilkräfte besitze."
"Die können dir auch nicht mehr helfen, wenn du erst einmal tot bist!"
"Du verstehst es nicht.", sagte ich und schaute ihm tief in die Augen. "Meine Kraft als Strain ist nicht nur, dass ich Wunden heilen lassen kann, sondern es ist mir damit auch möglich Gegenstände zu reperieren."
"Du willst doch nicht etwa..."
Ich nickte. "Genau das." Ich holte tief Luft und blickte im Raum umher. "Ich werde versuchen das Schwert des Damokles zu reperieren."
Izumo klatschte sich mit der Hand auf die Stirn. "Amy, nein. Das kann nicht dein Ernst sein. Ein Himmelfahrtskommando ist das, mehr nicht."
"Izumo, bitte!", bettelte ich. "Hier geht es um Mikotos Leben. Lass es mich wenigstens versuchen! Als ich dir damals gesagt habe, dass Shiro nicht der jenige ist, den mir suchen, hast du mir auch geglaubt. Also bitte ich dich, vertrau mir jetzt auch bei dieser Sache."
"Bist du dir sicher, dass du das schaffen kannst?", fragte Shiro.
"Hundertprozentig."
"Ich glaube, es könnte wirklich funktionieren."
Izumo schüttelte fassungslos den Kopf. "Amy, du weißt schon, dass die anderen mich umbringen, wenn dir was passiert?"
Irgendwie war ich glücklich über diese Aussage. Also nicht darüber, dass sie Izumo umbringen würden, sondern dass ich ihnen anscheinend in der kurzen Zeit wichtig geworden war. "Keine Angst, Mikoto und ich werden heil zurückkehren."
"Dann lass uns gehen." Shiro reichte mir seine Hand. "Der farblose König dürfte nicht weit von eurem König entfernt sein."
Ich nickte und nahm seine Hand. "Den Rest überlasse ich euch.", sagte ich zu den anderen.
"Viel Glück.", meinte Shiro und sprang mit mir aus dem Fenster.
Ehrlich: Ganz egal, wie oft wir das jetzt machten, an das Gefliege würde ich mich wohl nie gewöhnen. Shiro landete mit mir sampft auf dem schneebedecken Boden beim schwarzen Hund.
"Hast du deinen Teil erledigt?", fragte Shiro.
Kuroh nickte. "Ich hatte zwar ein paar Schwierigkeiten, aber alles hat geklappt. Inzwischen haben sich auch die letzten auf den Weg gemacht, um die Insel zu verlassen.", erstattete er Bereicht. "Aber was soll sie hier?" Er deutete mit dem Finger auf mich.
"ICH hole unseren König.", antwortete ich.
"Ist eine lange Geschichte.", erklärte Shiro. "Nur leider haben wir dafür jetzt keine Zeit. Gehen wir!"
Und ja, wir flogen schon wieder, aber das war es mir wert. So waren wir viel schneller. Wir landeten schließlich auf einer größeren Lichtung in dem Wäldchen auf der Insel, die mich irgendwie an eine Tempelanlage erinnerte. Nicht weit von uns entfernt stand ein Mädchen mit einer Schuluniform, das lachte und natürlich erkannte ich diese Lache sofort: Der farblose König.
"Könntest du bitte aufhören, Kukuri solche Grimassen schneiden zu lassen?" Diese Frage ließ mich vermuten, dass Shiro das Mädchen von irgendwoher kannte.
"Shiro..." Auf einmal klang das Mädchen normal, dass heißt ohne Wahnsinn in der Stimme. Einen Moment lang glaubte ich, dass der farblose König aus ihr raus geflohen war. Dies änderte sich allerdings, als sie eine Pistole zückte und auf uns schoss, was wie ein Deja-vu für mich war. Doch dieses Mal kam die Kugel nicht einmal in meine Reichweite, weil sich vor uns ein fast durchsichtiger Schild bildete, der sie abwehrte. Das war also die Macht des ersten, des silbernen Königs.
In diesem kurzen Augenblick sprang das Mädchen über uns rüber und landete am Fuß einer Treppe wieder am Boden, wo sie sich dann suchend umschaute.
"Das bringt nichts.", sagte Kuroh. "Wir haben alle, die auf der Insel waren, evakuiert. Die einzigen, die noch hier sind, sind wir. Es gibt niemanden mehr, von dem du einfach Besitz ergreifen könntest."
Der farblose König schnaubte verächtlich, bevor er seine Tasche öffnete. Ein blendendes Licht stahlte daraus, sodass ich meine Augen schließen musste. Als das Licht schwächer wurde, war Kukuri, nein, der farblose König, gerade dabei zu fliehen, aber Kuroh hatte ihn schell eingeholt. Er zog sein Schwert und richtete es auf ihn.
Das Mädchen wirbelte zu Shiro herum und auf einmal kam ein weißes Etwas aus ihrem Auge, was mich irgendwie an einen Fuchs erinnerte. Er flog direkt in Shiros Auge.
"Shiro!", rief ich leicht in Panik. Wenn ich richtig lag, brachte der farblose König genau so die Personen unter seine Kontrolle.
"Reingefallen." Shiro lächelte, was wirklich erleichternd war. "Wir haben alles auf eine Karte gesetzt und es hat funktioniert."
"Du bringst es immer wieder fertig, viel zu gefährliche Dinge zu tun.", knurrte Kuroh.
"Lass es sein, ich werde mir deine Predigt nachher anhören.", sagte Shiro. "Bring Kukuri jetzt an einen sicheren Ort."
"Und was wirst du tun?" Shiro lächelte nur und schaute zu den Schwertern des Damokles des roten und des blauen Königs. "Bist du verrückt geworden? Da wirst du niemals unversehrt davonkommen."
"Keine Sorge, ich bin doch der unsterbliche König. Also los, geh."
"Aber..."
"Geh jetzt!", drängte Shiro. "Jeder der hier kein König ist, steht uns jetzt einfach nur im Weg."
"Was ist..."
"Sie ist auf eigene Gefahr hier, weil niemand sie davon abbringen konnte. Spätestens in ein paar Minuten wird sie die Lage verstehen und auch von hier verschwinden."
Zuerst schaute Kuroh nur wortlos zu Boden, bever er sich umdrehte und davon rannte. Danach kam Shiro zurück zu mir und ich verschränkte meine Arme. "Dir ist schon klar, dass mich nichts dazu bringt ohne Mikoto hier weg zu gehen?"
"Jaja. Ich hab das nur gesagt, dass er weg geht. Es soll schließlich nicht noch jemand verletzt werden." Er schloss für einen Moment die Augen. "Ich glaube, ich werde ihn nicht mehr lange unterdrücken können, schließlich ist er der farblose König."
"Was meinst du damit?"
"Folge mir einfach."
Shiro ging in Richtung der beiden Schwerter des Damokles los und ich folgte ihm. Umso näher wir den beiden kämpfenden Königen kamen, umso mehr Macht spürte ich in der Luft. In einer Sache hatte Shiro Recht gehabt: Normale Clanmitglieder konnten hier wirklich nichts mehr ausrichten. Glücklicherweise war ich nicht ganz normal. Wir stiegen eine weitere Treppe hinauf, an deren Ende wir stehen blieben. Keine zehm Meter von uns entfernt kämpften Munakata und Mikoto gegeneinander ohne uns bemerkt zu haben.
"Amy, ich vertraue auf dich."
"Was...?" Ich verstand nicht ganz, was er damit sagen wollte.
"Du hast doch gemeint, dass du ein Damokles reperieren kannst und wir dir vertrauen sollen.", wiederholte er meine Worte von vorhin. "Ich vertraue darauf, dass du das schaffst, also gib dein Bestes."
"Warte!"
Noch bevor ich irgendetwas tun konnte, war Shiro zwischen die beiden Könige gesprungen. "Ich bin der, den du suchst, roter König, Mikoto Suoh."
War er denn verrückt geworden?! Wir hatten doch bis jetzt keine Zeit gehabt, Mikoto von den Geschehnissen zu erzählen!
"Mach schon!", rief Shiro. "Nur ein König kann einen König töten. Aber wenn du koch weiter zögerst, wird das nächste Clanmitglied nicht so ungeschoren davonkommen." War das etwa Shiros Plan? Wollte er etwa zusammen mit dem farblosen König sterben? Moment! Wenn Mikoto ihn tötete, was geschah dann mit dem Schwert des Damokles? Deswegen hatte Shiro diese Worte zu mir gesagt. Aber ich konnte doch nicht zulassen, dass Shiro einfach getötet wurde! Es musste noch einen anderen Weg geben.
Ohne weiter darüber nachzudenken rannte ich los. "Mikoto! Du darfst ihn nicht umbringen!" Ich kam erst wieder zwischen den beiden zum stehen.
"Amy..." Mikoto war sichtlich überrascht mich an diesem Ort zu sehen. "Du weißt doch, was er getan hat."
"Ja... äh nein... ach lange Geschichte." Ich breitete schützend meine Arme aus. "Fakt ist: Du darfst ihn nicht töten."
"An deiner Stelle würde ich auf sie hören.", mischte sich Munakata ein. "Wenn du ihn tötest, wird dein Damokles fallen."
Oh nein... Stand es wirklich schon so schlimm? Selbst wenn ich es theoretisch schaffen würde, das Damokles zu reperieren, nahm das bestimmt einige Zeit in Anspruch. Bei einem Fall des Damokles konnte ich nichts mehr tun. Folglich: Wenn Mikoto Shiro tötete, war es auch um ihn geschehen. So weit durfte ich es nicht kommen lassen!
"Mikoto, du darfst jetzt nicht so einfach sterben." Schon jetzt schossen mir die Tränen in die Augen. "Dein Clan braucht dich doch. Wir alle brauchen dich. Ohne dich wird es in der Bar viel zu langweilig."
"Amy, ich muss das tun. Wie du gesagt hast, meine Flammen beschützen euch. Und jetzt werden sie euch vor ihm schützen, bevor er noch jemanden angreift."
"Du verstehst nicht..." Verzweiflung machte sich in mir breit. Ich hatte keine Zeit, um ihm die ganze Geschichte zu erzählen. "Hör zu: Ich habe es versprochen. Ich habe versprochen, dich heil zurück zu bringen.", stellte ich klar. "Noch nie in meinem Leben habe ich eines meiner Versprechen gebrochen. Erinnerst du dich noch an unsere erste Begegnung? Ich habe doch gesagt, dass ich nicht noch einmal etwas stehlen werde und ich habe es auch nicht getan."
"Das ist auch gut so."
"Darum geht es nicht. Ich habe immer mein Wort gehalten und das werde ich heute auch."
"Tut mir leid." Er legte eine Hand auf meine Schulter und schritt an mir vorbei. "Aber das hier ist das einzige Mal, dass du dein Versprechen nicht halten kannst."
Keine Minute später begann das Schwert des Damokles zu fallen.

Endlich fertig! Für dieses Kapitel habe ich mit Abstand am längsten gebraucht und es sind stolze 3.486 Wörter geworden. Damit ist es mein bisher längstes Kapitel. Seit heute Morgen um 10 Uhr habe ich fast ununterbrochen daran gearbeitet (dabei hatte ich letzte Woche schon einen kleinen Teil davon geschrieben). Auf jeden Fall bin ich mit diesem Kapitel echt zufrieden.

Was die Story angeht, hab ich, wie ihr vielleicht gemerkt habt, ein paar Szenen weggelassen, aber auch ein paar neue hinzugefügt.
Letztendlich ist es trotz Amys Bemühungen zum Fall des Damokles gekommen. Was wohl als nächstes passiert?

Eure Lina

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