Unsterblichkeit

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Völlig durchnässt öffnete ich die Tür zur Bar. Natürlich hatte es jetzt noch in Strömen regnen müssen. "Hallo...", flüsterte ich. Außer Anna und Izumo war niemand mehr hier.
Anna sprang von ihrem Stuhl und verschwand im Nebenzimmer. Kurz darauf kam sie mit einem Handtuch wieder, das sie mir gab. Ich bedankte mich und trocknete zuerst meine Haare.
"Du hast dasselbe wie ich geahnt.", sagte Anna. "Ich bin mir auch sicher, dass der, der versucht hat, uns beide und Tatara umzubringen, ein anderer ist als der, dem wir gestern begegnet sind."
"Dir ist es also auch aufgefallen?" Sie nickte. Ein Glück. Ich hatte schon gedacht, ich wäre die einzige.
"Und? Wie ist es gelaufen?", fragte Izumo neugierig.
"Wir konnten entkommen."
"Das gibt bestimmt morgen wieder Ärger mit den Blauen."
Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe ihnen klar gemacht, dass Homra mit dieser Aktion nichts zu tun hatte, sondern dass ich auf eigene Faust gekommen bin."
"Das ist eine edle Handlung gewesen, aber du solltest wissen, dass wir immer hinter dir stehen."
"Genau.", stimmte Anna ihm zu.
Ich nickte. Ja, natürlich wusste ich das. "Wir haben übrigens etwas herausgefunden." Ich erzählte ihnen die ganze Sache mit Neko, die Shiro's Erinnerungen manipuliert hatte und davon, dass Shiro sich jetzt wieder an etwas wichtiges erinnerte: Den silbernen König.
"Glaubst du, er hat etwas mit der Sache zu tun?"
"Auf jeden Fall könnte er Informationen über den wahren Täter haben.", überlegte ich. "Wie dem auch sei: Shiro hat mir versichert, dass sie sich darum kümmern werden. Er schreibt mir dann übers Handy, sobald sie etwas neues herausgefunden haben."
Izumo setze sich neben uns auf einen Stuhl. "Wenn es wirklich wahr ist, dass der silberne König darin verwickelt ist..."
"Was dann?"
"Dann haben wir eindeutig ein Problem.", seufzte er. "Der erste König ist der mächtigste alle Könige und zusätzlich der Mann, der am längsten den Rang eines Königs besitzt." Man merkte es Izumo an, dass er Respekt vor ihm hatte.
"Aber man könnte ihn doch besiegen, oder?", fragte ich unsicher.
"Besiegen, ja.", meinte er. "Du solltest vielleicht noch etwas über ihn wissen: Er wird auch *der unsterbliche König* genannt."
"Unsterblich...", wiederholte ich. "Wie geht denn das?"
"Das weiß nur er selbst."
Jetzt stand für mich fest: Der silberne König war ein furchteregender Gegner.
Ich setzte mich auf das Sofa und schloss die Augen. Wenn ich so über die Geschehnisse der letzten paar Stunden nachdachte, wurde mir klar, dass das ein echtes Himmelfahrtskommando gewesen war. Naja, eigentlich hatte ich es schon vorher gewusst. Aber es wäre fatal gewesen, wenn der blaue den farblosen König geschnappt hätte. Ich hatte also das richtige getan. Diese ganze Anstrengung war es wert gewesen: Nun wussten wir, dass der silberne König etwas mit der Sache zu tun hatte. Doch um den würde ich mich morgen kümmern.
Der Kampf mit Munakata war echt anstrengend gewesen. Schlafen war das einzige, was ich jetzt noch wollte. Schließlich war es auch schon spät und ich hatte die letzten Nächte sowieso nicht viel geschlafen.
Als ich die Augen wieder öffnete wurde die Bar von hellem Licht durchflutet. Außerdem saß ich nicht mehr auf dem Sofa, sondern lag darauf. Und ich war mit einer Decke zugedeckt worden. Ich war doch nicht etwa eingeschlafen?! Erschrocken richtete ich mich auf.
"Guten Morgen, Amy!", begrüßte mich Izumo, der gerade alle Tische abwischte. "Gut geschlafen?"
"Wieso hast du mich nicht geweckt?"
"Warum sollte ich?"
"Weil ich nach Hause gemusst hätte?"
Izumo lachte. "Das ist nicht so schlimm. Dort willst du doch sowieso nicht hin." Ich senkte meinen Blick. Ja, das stimmte eigentlich. Dort wurde ich eh nur wie Dreck behandelt. "Amy, ich muss dir etwas sagen." Er schaute mir direkt in die Augen. "Es ist in Ordnung, wenn du uns nicht von dieser Sache erzählen willst. Wir alle respektieren das und warten, bis du dafür bereit bist."
"Danke.", war das einzige, was ich herausbrachte. Ich lächelte und sprang auf. "Wie dem auch sei: Kann ich dir helfen?"
Izumo schüttelte nur wortlos den Kopf. "Ach übrigens." Er ging zu einem  kleinen Radio, das gerade auf der Theke stand. "Bingo." Er drehte an einem kleinen Rädchen, sodass die Lautstärke erhöht wurde. "Das solltest du dir anhören."
*"Gestern Nacht ist aus bis jetzt unbekannten Gründen ein Luftschiff abgestürzt. Laut Augenzeugen soll es eine Explosion an Bord gegeben haben. Glücklicherweise war Scepter 4 zu Folge nur eine Person an Bord, deren Zustand bis jetzt nicht öffentlich bekannt gegeben wurde. Die Polizei hat bereits begonnen, in dem Fall zu ermitteln. Die Ursache der Explosion ist weiterhin unklar. Nun zum Wetter...."* Danach machte Izumo den Radio wieder leise.
Ich musste schlucken. "War das etwa *dieses* Luftschiff?"
Izumo nickte. "Scepter 4 hat in der Nacht versucht, das Luftschiff zum Landen zu bringen. Dabei ist es passiert. Heute Morgen hat sich dann zusätzlich noch herausgestellt, dass drei Leute einen Hubschrauber von Scepter 4 geklaut haben."
Das waren doch nicht etwa.... Wütend holte ich mein Handy heraus und schrieb eine Nachricht an Shiro: *Was habt ihr angestellt?!* "Gibt es sonst noch Informationen?", fragte ich Izumo danach.
Er nickte. "Man fand den Körper des silbernen Königs. Anscheinend hat er es nicht überlebt. Aber etwas macht mich stutzig. Der unsterbliche König, der stärkste und älteste von ihnen, stirbt, einfach so." Stimmt. Da war eindeutig etwas faul. "Auf jeden Fall war der goldene König stocksauer auf die Blauen, weil sie ohne seine Einverständnis gehandelt haben."
"Hat der denn so viel Macht über sie?"
"Ja. Während sich der silberne König aus den Angelegenheiten der anderen heraus hält, sorgt der goldene dafür, dass hier kein Chaos ausbricht. Nicht einmal Munakata und Mikoto zusammen würde gegen ihn ankommen. Seine Stärke ist fast mit der des silbernen Königs gleichzusetzen. Sie haben auch ihre Herrschaftsbereiche aufgeteilt. Der goldene ist dafür zuständig, was am Boden passiert und der silberne..."
"Lass mich raten: Er herrscht über die Luft."
"Richtig."
"Nur mal so, woher hast du eigentlich immer so schnell so viele Informationen?"
Izumo lächelte und flüsterte mir etwas ins Ohr: "Das ist ein Geheimnis." Echt super Antwort. 

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