Rette uns!

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Nachdem die Blauen außer Sichtweite waren, wandte ich mich an Yata: "Sollte ich das nicht lieber heilen?" Ich zeige auf seine Wunde.
Er schüttelte den Kopf. "Dafür sind deine Kräfte viel zu schade."
"Aber..." Die Wunde sah ziemlich tief aus. Ich legte meine Hand auf seine rechte Schulter und begann, sie zu heilen.
Yata schaute über die Schulter zu mir nach hinten. "Du hast es doch getan." Allerdings war sein Blick nicht wütend, wie ich es erwartet hatte, sondern anders. Eher gleichgültig. Aber dann lächelte er. "Danke." Er sah wieder nach vorne. "Lasst uns noch eine letzte Person befragen." Dann rannte er los.
Rikio und ich folgten ihm seufzend. Als wir ihn endlich eingeholt hatten, war bereits mit der Befragung fertig. "Können wir jetzt endlich gehen?"
Yata nickte enttäuscht und erzählte uns auf dem Weg zur Bahn, was er herausgefunden hat: "Nichts. Niemand hat diesen Typen auch nur gesehen.", meinte er enttäuscht. "Wahrscheinlich war er nur zu Besuch hier. Wir wissen also nicht mehr als vorher."
*Ich schon.*, dachte ich mir und stieg in die Bahn ein. Wir mussten alle drei stehen, weil sie so überfüllt war. Ich wusste jetzt, dass Shiro es nicht gewesen sein konnte. Der Nachteil daran war nur: Wir mussten wieder von ganz vorne beginnen.
Fünf Minuten später war die Fahrt zu Ende und wir stiegen aus. "Hey, Amy, wie wäre es mit einem Wettrennen zur Bar?" Yata zeigte auf mein Skateboard.
"Immer gerne.", sagte ich. "Wo genau ist das Ziel?"
"Die Tür. Wer die als erstes berührt, hat gewonnen."
"In Ordnung. Aber ich warne dich schon mal vor: Du wirst verlieren."
"Ganz im Gegenteil: Ich werde gewinnen."
"Das glaubst aber auch nur du." Ich lächelte siegessicher. "Auf die Plätze.... Fertig...Los!" Ich fuhr mit Schwung los. Heute waren viele Menschen unterwegs, doch das störte mich keineswegs. Inzwischen konnte ich nämlich sehr gut fahren. Kontrolliert steuerte ich durch die Menschenmassen, dicht gefolgt von Yata. In einer Kurve überholte er mich und winkte mir lächelnd zu. *Na, warte!* Ich bog in eine Seitengasse ein. In diesem Stadtteil war ich aufgewachsen, deshalb kannte ich mich hier bestens aus. Ich besaß also heimvorteil. Ich schoss mit hoher Geschwindigkeit durch die Gassen des Stadtteils, bog immer wieder in einer scharfen Kurve ab, bis schließlich am Ende einer kleineren Einbahnstraße die Bar in Sicht kam. Ich begann zu lächeln. Wenn ich richtig geschätzt hatte, müsste ich etwa zehn Sekunden vor Yata dort ankommen. Kurz vor Ende der Straße entdeckte ich eine kleine Rampe, die wohl auch irgendwer zum Skateboard fahren aufgebaut hatte. Ich nahm noch einmal viel Schwung und fuhr auf ihr nach oben. Ich sprang hoch, nahm mein Skateboard in die Hand und landete sicher auf der obersten Stufe vor der Bar. Nur ein paar Meter vor der Tür kam Yata zum stehen. "Du bist gemein!", meckerte er und verschränkte die Arme.
"Nein, du bist einfach ein schlechter Verlierer." Ich öffnete die Tür und betrat die Bar.
"Amy, ich dachte, du wolltest zur Schulinsel.", meinte Anna überrascht.
"Da war ich auch."
Nun kam auch Yata herein. "Und es hat nichts gebracht." Er setzte sich genervt auf das Sofa. "Aber wir waren anscheinend auf der richtigen Spur. Die Blauen waren auch dort."
"Lass mich raten:" Izumo stellte uns beiden jeweils ein Glas Wasser hin. "Du hast mal wieder mit ihnen angelegt, oder Yata?"
"Was heißt hier *mal wieder*?"
"Genau das, was ich gesagt habe."
"Es tut mir leid.", entschuldigte ich mich. "Ich hatte ihn nicht mehr aufhalten können."
"Aber Amy!" Yata war aufgesprungen. "Der Affe hat dich beleidigt."
"Es ist also Fushimi gewesen, wer sonst?", seufzte Izumo und ging zurück zur Theke.
Da fiel mir etwas auf... "Yata, hast du auch dieses dumme Gefühl, etwas vergessen zu haben?"
Er nickte. "Aber das bilden wir uns sicher nur ein."
"Okay." Ich wandte mich zurück an Izumo. "Könnten wir kurz unter vier Augen sprechen?" Ich wusste nicht, was ich anderes tun sollte. Shiro war unschuldig und wenn ein Mitglied von Homra ihn sah würde es wieder eine Verwechslung geben. Deswegen musste jemand etwas unternehmen. Und da Mikoto gerade nicht hier war, wandte ich mich eben an die Nummer zwei von Homra.
Er blinzelte zuerst ein paar mal überrascht. "Klar." Wir gingen in den Nebenraum, in dem auch das Klavier stand. "Also, was gibt es?"
Ich schluckte. Wie sollte ich das jetzt erklären? "I-ich...", begann ich stotternd. "...habe eine Vermutung."
"Und welche?"
"Es geht um den farblosen König. Ich bin ihm heute begegnet und ich glaube nicht, dass er versucht hat, Tatara umzubringen." Hoffentlich glaubte er mir das! "Der Junge heißt Yashiro Isana und er war komplett anders als der, dem ich damals nach der Ermordung des grauen Königs gegenüber gestanden habe. Außerdem hat er ein Alibi. Deshalb vermute ich, dass er einen Doppelgänger hat."
"Ich vertraue deinem Urteil.", antwortete Izumo nachdenklich. "Bist du dir wirklich sicher?"
Ich nickte. "Isana Yashiro ist zwar der farblose König, aber ist nicht derjenige, den wir suchen. Wahrscheinlich wollte ihm jemand etwas in die Schuhe schieben. Er ist jetzt mit dem schwarzen Hund auf der Suche nach dem wahren Täter. Sie haben mir versichert, mich anzurufen, sobald sie etwas neues herausgefunden haben."
"Das ist gut.", lobte mich Izumo.
"Also glaubst du mir?"
"Natürlich.", meinte er. "Ich habe schon bei unserer letzten Begegnung mit ihm gemerkt, dass du nachdenklich warst."
"Ja, ich hatte damals schon den Verdacht, dass etwas nicht stimmte. Nur habe ich befürchtet, dass ihr mir nicht glaubt."
"Doch, ich glaube dir. Die Frage ist jetzt nur, wie wir weitermachen.", überlegte er. "Aber mach dir keine Sorgen. Das schaffen wir."
Wie erleichtert ich darüber war. "Wie sollen wir es den anderen erklären?"
"Das, lass mal meine Sorge sein."
Wir verließen das Nebenzimmer wieder, als im gleichen Moment Rikio die Bar betrat. "Amy, Yata, ihr habt mich einfach an der Haltestelle zurückgelassen..."
Ich neigte lächelnd den Kopf. "Jetzt wissen wir, was wir vergessen haben." Plötzlich sprang Anna auf und rannte zum Fenster. "Was ist los?", fragte ich sie.
Sie zeigte nach draußen. "Da ist ein Schwert des Damokles."
Meine Pupillen weiteten sich. Tatsächlich. Das war das des blauen Königs. Es schwebte über dem städtischen Fußballstadion. Im nächsten Moment klingelte mein Handy. "Ja?"
"Amy, bist du da?" Der farblose König...
"Ja."
"Bitte, wir brauchen deine Hilfe.", rief Shiro. "Scepter 4 ist hinter uns her."
"Das ist nichts neues." Schließlich wollten auch sie denjenigen fangen, der versucht hatte, Tatara umzubringen. Oder besser gesagt: Sie waren noch der Meinung, dass Tatara tot war. Nur die Mitglieder von Homra wussten die Wahrheit.
"Du verstehst nicht. Wenn sie uns schnappen, können wir nicht mehr herausfinden, wer der wahre Täter ist."
Wo er Recht hatte, hatte er Recht. "Wo seid ihr?" Die Frage hätte ich mir auch sparen können.
"Im Fußballstadion.", kam die Antwort. Hätte ich mir auch denken können.
"In Ordnung. Ich bin gleich da." Ich legte auf und bemerkte, dass mich alle anstarrten. "Izumo, *du weißt schon wer* wird gerade von den Blauen verfolgt. Wenn sie ihn fassen, bekommen wir keine Informationen mehr."
Er nickte. "Na los. Geh und rette ihn."
"Danke." Ich stürmte aus der Bar und fuhr auf dem Skateboard los. Das Stadion war glücklicherweise nicht weit von hier. Ich war sogar so schnell, dass ich den ganzen Weg in fünf Minuten schaffte. Dumm war nur, dass alle Eingänge von Blauen bewacht wurden. Irgendwie musste ich da durch. Offensichtlich kam ich nicht darum herum, meine Kräfte einzusetzen. Ich schlich mich zu einem der Hintereingänge. Bingo! Hier standen nur zwei Wachen. Ich streckte meine Hand aus und eine Säule aus Flammen erschien ein paar Meter von ihnen entfernt. Natürlich rannten sie da sofort hin. Bis sie merkten, dass es eine Ablenkung war, war ich schon durch die Tür hindurch geschlüpft. Geschafft!
Ich stellte mich wieder auf mein Skateboard. Von irgendwo her kam ein Knall. Ein Kampf. Ich stoppte an einer Abzweigung. Wohin jetzt? Draußen kannte ich mich aus, weil ich oft spazieren ging, aber hier drinnen bin ich vorher noch nie gewesen.
"Amy!" Von dem Weg gerade aus von mir kamen Shiro und Neko angerannt. "Ein Glück. Bitte, du musst Kuroh helfen."
"Warum?"
"Er kämpft gerade alleine mit dem blauen König."
Das war ja ein Himmelfahrtskommando. Ich konnte nur schlecht einschätzen wie stark ein König war. Schließlich hatte ich noch keinem in einem Kampf gegenüber gestanden. Aber nach den Erzählungen der anderen hatte ein normales Clanmitglied keine Chance gegen einen König. "Hör mal zu: Du bist hier der farblose König. Und nur ein König kann gegen einen König ankommen. Da kann ich auch nichts machen."
"Aber..."
"Wenn jemand den schwarzen Hund retten kann, dann du.", erklärte ich ihm klar und deutlich. "Ich kann dir nur notfalls etwas Zeit verschaffen, mehr nicht."
"Na gut. Dann tu das."
Ich nickte. "Du hast fünf Minuten."
"In Ordnung."
"Weißt du, wo es zur Tribüne geht?" Er zeigte auf den Gang von mir aus rechts. "Danke." Ich fuhr los. Hoffentlich funktionierte das jetzt, sonst waren wir in großen Schwierigkeiten. Am Ende des Ganges ging es eine Treppe hoch. Oben angekommen stand ich hinter der obersten Reihe der Tribüne. Von hier aus konnte ich das komplette Stadion überblicken.
Für den schwarzen Hund stand es echt schlecht. Der blaue König hatte ihn zu Boden gerissen. Ich musste also schnell handeln.
Ich sprang mit meinem Skateboard auf das Geländer der Treppe und rutschte nach unten. Der blaue König war so mit Kuroh beschäftigt, dass er mich gar nicht bemerkte. Am Ende des Geländer sprang ich hoch und flog dadurch weit oben über den Rasen. Ich streckte meinen Arm aus und schleuderte dem blauen König eine Flamme entgegen. Der bemerkte meinen Angriff noch rechtzeitig und wich aus.
Ich landete sicher auf dem Rasen genau vor Kuroh.
"Dich kenne ich doch.", meinte Munakata, während er seine Brille zurecht rückte. "Bist du nicht die Kleine, die uns mal aus Versehen fast in die Luft gejagt hätte?" Ich antwortete ihm nicht, weshalb er einfach weiter sprach. "Warum hilft Homra dem schwarzen Hund und somit auch dem farblosen König, der ein Mitglied eures Clans auf dem Gewissen hat?"

Okay, dieses Kapitel hat doch etwas länger gedauert als erwartet, aber ich hoffe, das ist nicht so schlimm.

Eure Lina 

K-Project - Die wahre GeschichteWhere stories live. Discover now