xXx Kapitel 40 xXx

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Ein grünes Licht blinkte auf. Schnell stieß Kian die Tür auf, bevor sie es sich doch noch anders überlegte. Dahinter erstreckte sich ein weiterer Gang, der sich kaum von den anderen Gängen hier unten unterschied.

Als wir die Tür hinter uns gelassen hatten, wollte Nils von Helena wissen, „Welches war das richtige Wort?"

„Ein Spitzname, der mein Vater immer zu meiner Mutter gesagt hatte, wenn wir alleine waren", Helena lächelte wehmütig, da sie an die Zeit zurück dachte, als ihre Mutter noch lebte und ihr Vater noch nicht zu dem eiskalten Menschen geworden war, der er jetzt war.

Gedankenverloren folgte den anderen und fragte mich, wo der Gang uns hinführen würde. Vielleicht zu einer geheimen Schatzkammer? Würden wir dort wirklich auf die Eisblume treffen, oder hatte ich mir die Begegnung mit Sam bloß eingebildet?

Nach einer gefühlten Ewigkeit, erreichten wir einen großen, runden Raum, dessen Wände und Decke aus blankem Beton bestanden. Von hier aus führten mehrere Gänge weg, weshalb wir stehen blieben, um zu besprechen, wie wir weiter vorgehen sollten.

Gerade wollte ich den Vorschlag machen, dass wir uns aufteilen sollten, als ein seltsames Geräusch erklang. Es klang wie das Rauschen eines Mikrophons, nur dass ich nirgends im Raum eines erblickte.

„Sieh mal einer an, wen wir da haben", zischte eine Stimme durch den Raum, ohne aus einer bestimmten Richtung zu kommen.

Helenas Augen öffneten sich panisch. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass diese verzerrte Stimme jener des Königs verräterisch ähnlich war.

Wir waren aufgeflogen, er hatte unser Plan durchschaut.

„Was habt ihr mit meiner armen Helena gemacht", es klang beinahe wie ein Schrei, als würde sich ein Gespenst in diesem Raum aufhalten und ohrenbetäubende Geräusche von sich geben. Die Stimme hallte von den kahlen Betonwänden wieder und verstärkte diesen unheimlichen Effekt zusätzlich.

„Zwei abtrünnige Soldaten und eine Mörderin!"

Ich zuckte zusammen. Er wusste, dass ich Sam ermordet hatte? Woher?
„Ja, damit habe ich dich gemeint Mara! Du hast einen meiner treusten Diener gnadenlos ermordet!"

Mailins entsetzter Blick streifte mich. Ihr Blick flehte mich förmlich an, dass ich ihr versichern solle, dass dies eine Lüge war. Aber ich konnte es nicht. Stattdessen senkte ich meinen Blick und wünschte mir, ich wäre alleine.

Als ich wenig später wieder aufschaute, waren alle verschwunden. Ich befand mich nicht mehr im runden Raum, sondern in einem schmalen Gang, dessen Wände mit dunklem Stein gemauert waren.

„Lasst uns ein Spiel spielen", erklang die Stimme des Königs aus dem Nichts, „Das Leben im Palast ist langweilig, ich kann ein wenig Unterhaltung gebrauchen, also lasst das Spiel beginnen!"

Ich spürte, dass jede Menge Magie im Spiel war. Erst jetzt fiel es mir wie Schatten von den Augen, natürlich besaß der König Magie. Wie hätte er Sam sonst mit einem Fluch belegen sollen? Warum hatte ich nie an dieses Detail gedacht?

Aber dies bedeutete doch, dass auch Helena Magie besaß. Magie von der sie bisher nichts wusste? War sie unsere Chance, den König zu besiegen, angenommen sie schaffte es wirklich, sich ihrem Vater in den Weg zu stellen?

Panisch irrte ich durch das Labyrinth aus Gängen, einer so düster wie der andere. Von irgendwo her vernahm ich ein leises Poltern, war jemand von den anderen in der Nähe? Oder bildete ich es mir bloß ein? Ich setzte meinen Weg fort und hoffte, dass der König noch keine Soldaten auf uns gehetzt hatte oder schlimmeres.

Vor einem Raum, dessen Boden mit Wasser geflutet war, blieb ich stehen. Dutzende Säulen ragten weit in die Höhe, bis sie eine Art Kuppe bildeten. Neugierig stieg ich die Stufen hinunter und spürte, wie das kalte Wasser an meinen Beinen empor stieg. Als ich die letzte Stufe erreicht hatte, stand mir das Wasser beinahe bis zu meinen Knien. Langsam lief ich durch das Wasser, auf die Mitte des Raumes zu, wo sich ein rundes Podest befand. Gerade als ich es erreicht hatte, hörte ich Schritte hinter mir hallen. Panisch drehte ich mich um, nur um festzustellen, dass es Helena war, die mich genauso erstaunt ansah.

„Was ist hier los?", fragte sie mich verwirrt.

Ich antwortete ihr mit einer genauso ratlosen Miene, schließlich waren wir im Palast, das hier war Helenas Reich, nicht meines.

Ohne lange zu überlegen tat sie es mir gleich und stieg die Treppe hinunter. Mit schnellen Schritten kam sie auf mich zu gestürmt, Cara war nicht bei ihr, was mich zusätzlich beunruhigte.

„Ist alles in Ordnung?", fragte ich die ungewöhnlich blass wirkende Helena.

„Ja", ich glaubte ihr nicht. Ihre Stimme klang zu hoch, zu sehr darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.

„Was ist geschehen?", hakte ich deshalb nach.

Helenas Augen glitzerten, als sich Tränen in ihnen sammelten.

„Ist es wegen deines Vaters?"

Entschieden schüttelte Helena den Kopf, „Nein. Lass uns nach diesem Etwas suchen, von dem du gesprochen hast!"

Die Eisblume, wie konnte ich sie vergessen? Deshalb waren wir hier, worauf warteten wir noch?

„Hast du irgendeine Ahnung, wie dieser Gegenstand aussieht?", fragte Helena, während sie auf das Podest kletterte und mich von oben herab betrachtete.

„Eine Blume", antwortete ich. Jetzt konnte ich endlich mit der Sprache raus rücken, wobei ich mich augenblicklich fragte, ob es nicht doch ein großer Fehler gewesen war, hier hin zu kommen.

Helena legte ihre Stirn in Falten, fragte allerdings nicht weiter nach. Kannte sie das Märchen der Eisblume? Oder fragte sie sich gerade, warum wir unser Leben für eine dämliche Blume aufs Spiel setzten?

Langsam drehte sich Helena im Kreis, als sie auf einmal erstarrte.

„Da hinten", sie deutete nach rechts.

Schnell wandte ich mich um und entdeckte ein türkisfarbenes Licht, dass sich leicht im Wasser spiegelte. Warum war mir das vorhin nicht aufgefallen? Vielleicht hatte ich mich zu sehr auf das Podest in der Mitte fixiert?

Helena sprang zurück ins Wasser und schnell eilten wir hinüber zu einem weiteren Durchgang. Das Wasser reichte mir inzwischen bis über die Knie.

Wie angewurzelt blieb ich stehen, „Verdammt, das Wasser steigt an!"

„Komm, dann müssen wir uns eben beeilen. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg", Helena hatte bereits einige Meter Vorsprung, weshalb ich ihr hinterher rannte, bis wir den Gang erreichten. Das türkisfarbene Licht war verschwunden und der bogenförmige Gang führte direkt in die Dunkelheit. Schnell kramte ich meine Taschenlampe hervor, denn bereits nach wenigen Metern machte der Gang einen Bogen und es wurde stockdunkel.

In der Ferne war ein lautes Rauschen zu hören, es klang, als würden wir direkt auf einen Wasserfall zulaufen. Einen Wasserfall hier unten?

Den nächsten Raum, den wir erreichten, war genauso rund, wie der vorherige. Jetzt wurde mir auch klar, warum das Wasser stetig anstieg. Aus einem dicken Rohr in der Wand prasselte Wasser einen Wasserfall gleich zu Boden. Dies verursachte das Rauschen, das wir bereits von weitem gehört hatten. Wenn wir uns nicht beeilten, würden wir noch ertrinken.

Der Raum wurde von Fackeln an den Wänden erhellt, die nur darauf warteten zu erlöschen, sobald das Wasser genug hoch stand. In der Mitte des Saales befand sich ein ebenfalls runder Tisch, der auf einem Stufenpodest stand. Darauf thronte eine dunkle Vase, in der eine eisblaue Blume steckte.

War das die Eisblume? Das türkisfarbene Licht, hatte es uns den richtigen Weg gewiesen? Oder war dies bloß eine weitere Täuschung des Königs, der uns versuchte in die Irre zu führen?

Falls wir wirklich unser Ziel erreicht hatten, wo war dann der König? Er würde uns bestimmt nicht einfach zuschauen, wie wir die Eisblume – sein größter Schatz – zerstörten.

Mir blieb nicht die Zeit hinüber zur Eisblume zu laufen, da erklang bereits die Stimme des Königs.

Eissplitter - Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt