xXx Kapitel 13 xXx

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Tage vergingen und aus ihnen wurden Wochen. Bastian war zu seiner ersten Tour aufgebrochen seit ich bei ihm arbeitete. Nun war ich alleine für die Hunde zuständig, die er zurück gelassen hatte. Da ich mich inzwischen an diese Arbeit gewöhnt hatte, fiel mir der Umgang mit den Hunden leicht. Ich hatte alles bestens im Griff. Nur eines durfte ich nicht, Bastian hatte es mir verboten mit dem Schlitten zu fahren, wenn er nicht da war. Dabei hatte ich es inzwischen ziemlich gut im Griff. Trotzdem verstand ich seine Entscheidung. Er war für mich und die Hunde verantwortlich. Ich könnte mich beim Schlitten fahren verletzen oder einer der Hunde könnte sich aus dem Gespann befreien und abhauen. Beides hätte fatale Konsequenzen für Bastian.

Eines Abends ging ich zurück in Sams Wohnung und verbrachte dort den Abend. Mir wurde klar, dass ich Finja bereits viel zu lange nicht mehr gesehen hatte und entschloss mich, dies bald wieder zu ändern. Sam erlaubte es mir zwar nicht die sicheren Gebäude zu verlassen, doch Finja durfte mich jederzeit besuchen.

Es wurde spät und Sam war noch immer nicht nach Hause gekommen. Als ich müde wurde, zog ich meinen Schlafanzug an und ging ins Bad, um mich bettfertig zu machen. Ich putzte mir gerade die Zähne, als ich ein fürchterlich lautes Krachen vernahm. Es klang, als sei etwas Schweres gegen die Fensterscheibe gekracht. Ich zuckte zusammen, legte die Zahnbürste zur Seite und spülte schnell meinen Mund aus. Was auch immer da draussen war, es jagte mir Angst ein. Trotz dem mulmigen Gefühl, das meinen Körper durchfuhr, war meine Neugier grösser als die Angst. Schnell eilte ich aus dem Bad hinaus ins Wohnzimmer.

Die Balkontür stand offen, ein eiskalter Luftzug wehte mir entgegen. Erst jetzt fiel mein Blick auf eine schemenhafte Gestalt nur wenige Meter von der Tür entfernt. Sie sass zusammengekauert mitten auf dem Boden.

Eiskalte Angst überflutete mich. Wer oder was war das?

Langsam hob die Gestalt seinen Kopf und für den Bruchteil einer Sekunde starrten mich zwei glühend rote Augen an. Augenblicklich stolperte ich einen Schritt zurück und presste mich gegen die Wand, die verhinderte, dass ich noch weiter zurück weichen konnte. Erst als ich nochmals genauer hinsah, stellte ich fest, dass die Augen grün waren. Dabei war ich mir sicher gewesen, dass sie eben noch rot leuchteten. Sie hatten genau dasselbe grün, wie ich es von Sams Augen kannte. In diesem Moment wurde mir klar, dass die Gestalt auf dem Boden Sam war. Er gab ein leises Wimmern von sich als ich auf ihn zu stürmte. Als ich die Balkontür erreicht hatte, fiel mir das ganze Blut auf, das den Boden hinter ihm bedeckte. Der Schnee, den es unter den überdeckten Balkon geweht hatte, war ebenfalls rot.

Wie um alles in der Welt war Sam auf den Balkon gekommen? Und noch wichtiger, wer hatte ihm das angetan? War derjenige hier? Hier auf dem Balkon oder irgendwo in der Wohnung?

Ich zog die Balkontür zu und beugte mich zu Sam hinunter. Das Shirt das er trug war blutgetränkt. Ich entschloss mich dazu, es ihm auszuziehen. Ein Blick auf seinen blutverschmierten Körper darunter zeigte mir, dass sein ganzer Oberkörper mit tiefen Kratzern übersät war.

Ich eilte ins Bad und feuchtete ein Tuch mit Wasser an und suchte nach Wundsalbe und Verbandszeug. Zurück bei Sam säuberte ich so gut es ging seine Wunden und putzte anschliessend das Blut von seinem Körper. Ich warnte ihn vor, als ich seine Wunden desinfizieren wollte. Das schien ihn aber kaum zu interessieren. Wahrscheinlich hatte er ohnehin schon genug Schmerzen, da machte es keinen Unterschied mehr. Jedenfalls liess er sich kaum etwas anmerken, als ich die Salbe grosszügig über seinem Rücken verteilte und schliesslich seinen ganzen Oberkörper einband.

„Komm, ich bringe dich ins Krankenhaus", etwas Panisches lag in meiner Stimme.

Zwar waren seine Wunden fürs Erste versorgt, aber einige davon sahen aus, als müssten sie genäht werden. Ganz zu schweigen davon, glaubte ich kaum, dass mein improvisierter Verband ausreichen würde.

Sam schüttelte entschieden den Kopf. Mit letzter Kraft griff er nach meinem Arm.

„Nein... Mara, bitte bring mich ins Bett...", sein Griff um meinen Arm lockerte sich und er sackte wieder zu Boden.

„Das geht nicht...", versuchte ich ihm klar zu machen.

Sam schaute mich erneut an, selbst diese einfache Geste schien ihm unendlich grosse Schmerzen zu bereiten, „Bitte..."

Ich konnte ihm seine Bitte nicht ausschlagen. Also half ich ihm auf die Beine und führte ihn durchs Wohnzimmer in sein Schlafzimmer. Vorsichtig legte ich Sam in sein Bett und liess mich neben ihn auf die Matratze fallen.

Sam schloss seine Augen. Bereits wenige Minuten später schien er tief und fest zu schlafen. Er war am Ende seiner Kräfte und bereits jetzt bereute ich es, ihn nicht ins Krankenhaus gebracht zu haben. Was würde ich tun, wenn er hier und jetzt starb? Ich würde mir dies niemals verzeihen.

Tränen liefen über mein Gesicht. Obwohl ich anfangs überhaupt nicht von Sam begeistert war, hatte ich mich inzwischen so sehr an ihn gewöhnt, dass ich mir ein Leben ohne ihn kaum noch vorstellen konnte. War dies die Vorstufe davon jemanden zu lieben? Vielleicht? Ich wusste es nicht.

Jedenfalls konnte ich ihn jetzt nicht alleine lassen. Falls er Hilfe benötigte, wollte ich bei ihm sein. Deshalb entschied ich mich dazu, neben ihm im Bett zu bleiben. Die eine Hand hatte ich auf Sams Brust gelegt, um sicherzugehen, dass er noch atmete. Ich hätte nicht gedacht, in dieser Situation schlafen zu können, doch irgendwann wurde ich von der Müdigkeit überfallen und ich schlief ein.

Eissplitter - Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt