xXx Kapitel 26 xXx

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Der andere junge Mann riss mich aus meinen Gedanken.

„Wie wäre es mit einem Spiel?", fragte er, während ich überrascht in seine kühlen, grauen Augen schaute.

„Was für ein Spiel?", fragte ich neugierig.

Er holte drei kleine, dunkle Becher hervor und eine goldene Perle.

„Wenn du es schaffst, zu erraten unter welchem Becher sich die Perle befindet, spendiere ich dir dein nächstes Getränk."

Sein Angebot kam genau richtig. Langsam hatte ich wieder Durst bekommen und ich hatte keine Ahnung wo sich Sam herum trieb, denn er war der einzige von uns, der Geld hatte.

„Dann fang an", ich stellte mich der Aufgabe.

Die Perle verschwand unter dem mittleren Becher und dann ging alles ziemlich schnell. Ich war selbst überrascht, wie flink seine Hände waren.

„Falls du falsch wählst, schenkst du mir einen Tanz."

Ich starrte ihn verblüfft an, das hätte er früher erwähnen sollen. Ich hatte keine Lust, nochmals mit einem Typen zu tanzen, der mir nichts bedeutete.

Die drei Becher standen nun in einer Reihe. Herausfordernd hatte er seinen Blick auf mich gerichtet, seine Hände lagen ineinander verschränkt auf dem Tisch. Dummerweise hatte ich nicht die geringste Ahnung, unter welchem Becher sich die Perle befand. Langsam legte ich meine Fingerspitzen an seine Hände, so dass sich unsere Haut leicht berührte.

Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, das war gut für mich. Ich dachte an die Perle und auf einmal sah ich, wie er zum rechten Becher schaute und ihn anhob. Natürlich tat er dies nicht wirklich, es waren bloss seine Gedanken.

„Er ist in diesem", ich zeigte auf den Becher und kippte ihn um. In der Tat lag darunter die goldene Perle verborgen. Enttäuschung machte sich auf dem Gesicht des Typen breit. Er erhob sich, um an die Bar zu gehen.

Ich beobachtete die Perle, die er zurück gelassen hatte und zuckte zusammen, als jemand meine rechte Schulter berührte. Erschrocken fuhr ich herum, nur um festzustellen, dass es Sam war.

„Gefällt sie dir?", fragte er, seinen Blick ebenfalls auf die Perle gerichtet, „Wenn wir zurück in Nordstadt sind, kann ich dir Hunderte von denen kaufen."
Ich stutzte, irgendetwas war anders an Sam. Ich schaute in seine Augen, sie waren grün. Ein gutes Zeichen, das mich etwas beruhigte.

„Wenn wir uns schon über Nordstadt unterhalten, weisst du, wie es dort inzwischen aussieht?"

Sam packte mich am Arm und zerrte mich auf die Beine. Ich stand nur wenige Zentimeter von ihm entfernt.

„Nein, das weiss ich nicht. Im Moment ist es mir auch ziemlich egal", er nahm meine Hand und führte mich hinüber zur Bühne.

„Wie wäre es mit einem Tanz? Unser Erster war alles andere als romantisch."

Bevor ich antworten konnte, legte Sam seine Arme um mich und zog mich enger an sich. Natürlich war es noch vor wenigen Augenblicken mein Wunsch gewesen mit ihm zu tanzen. Aber nicht mit einem Sam, der so seltsam drauf war. Wahrscheinlich hatte er zu viel Wodka getrunken, schliesslich hatte ich nicht mitbekommen, was er in der Zwischenzeit noch alles mit dem anderen Typen getrunken hatte. Im normalen Zustand hätte er mich nicht einfach so zu einem Tanz aufgefordert.

Trotz des anfänglichen Widerstandes begann ich den Tanz mit Sam von Sekunde zu Sekunde mehr zu geniessen. Ich legte meinen Kopf sanft gegen seine Schulter und liess mich von ihm führen. So schön dieser Augenblick auch war, so schnell ging er vorüber.

Als ich meine Augen öffnete stand ich mitten in einem unterirdischen Gang. Die Wände bestanden aus grauem Beton, dessen Anblick mich erschaudern liess. Die einzige Lichtquelle, war eine grell leuchtende Lampe an der Decke.

Sam kam den Weg entlang gelaufen. Ein Sam, den ich kaum wieder erkannte. Es war derjenige Sam, den ich von früher kannte. Der Junge, der immer gut gelaunt war und sich mit allen verstand. Doch etwas machte ihn nervös, während er den Gang entlang eilte.

Er verschwand durch eine Tür. Als ich ihm hinterher rannte und den Raum betrat, der genauso karg war wie der Gang, sah ich den König vor mit stehen.

„Da bist du ja endlich", antwortete der König mit angespannter Stimme. Sein einst blondes Haar wurde bereits damals von Silber ähnlichem Grau durchzogen. Um ehrlich zu sein, sah er damals kaum jünger aus als heute.

„Tut mir leid, ich hatte etwas Wichtiges zu erledigen", entschuldigte sich Sam. Ihm war anzusehen, dass er sich in seiner Haut nicht wohl fühlte. Anscheinend rief der König nur selten Leute zu sich und wenn, dann nicht um mit ihnen über das schöne Wetter zu plaudern.

Der König bat Sam zu sich, sodass sie sich direkt gegenüber standen.

„Du triffst dich mit meiner Tochter", begann der König das Gespräch. Es war keine Frage, eher eine Feststellung.

Sam legte seine Stirn in Falten, Furcht breitete sich in ihm aus.

„Ja, manchmal..."

Sam wurde vom König unterbrochen, der ihn mit seinem eisernen Blick durchlöcherte, „Mir ist da etwas ganz anderes zu Ohren gekommen."

Die Hand des Königs ballte sich zu einer Faust. Sam versuchte seinem Blick Stand zu halten, richtete ihn schlussendlich aber doch zu Boden. Er war eindeutig noch nicht der selbstsichere und furchtlose Sam, der er heute war.

„Du weisst, dass sie mein ein uns alles ist. Wir beide sind die letzten Hinterbliebenen unserer Familie, die letzten denen es zusteht diese Stadt zu regieren. Ich lasse nicht zu, dass sie sich mit jemandem wie dir einlässt, einem gewöhnlichen Herumtreiber aus dem Fussvolk!", Wut zeichnete sich im Gesicht des Königs ab.

„Versprich mir, dass du sie in Ruhe lässt!"

Sam nickte, „Ich werde sie in Ruhe lassen..."

Sam schien zu wissen, dass es mit diesen paar Worten nicht getan war. So einfach würde der König ihn nicht davon kommen lassen.

„Dann wäre das geklärt", ein dunkles Grinsen erschien auf seinem Gesicht, „Jetzt da du aber schon mal hier bist, hätte ich einen anderen Auftrag für dich. Ich möchte, dass du mein persönlicher Diener wirst."

Sam schaute den König überrascht an. Er wusste, dass er nur die Wahl zwischen zustimmen oder dem Tod hatte.

„Natürlich."

„Du wirst für mich Aufträge erledigen, von denen andere nichts wissen dürfen. Du wirst für mich hinaus in die Dörfer ziehen und meinen Willen durchsetzen. Damit ich weiss, dass du mich nicht erneut hintergehst, muss ich dich zu meinem Sklaven machen."

Erschrocken starrte ich Sam an. Sein Gesicht war leichenblass. Er schien mit der Situation genauso überfordert zu sein, wie ich es war.

„Komm", der König streckte seine rechte Hand aus, Sam griff instinktiv danach.

Kaum hatten sich ihre Hände berührt, schoss eine pechschwarze Flüssigkeit aus der Hand des Königs und hüllte sich um Sam. Sams Schreie hallten durch den leeren Raum. Der Schmerz liess ihn auf seine Knie sinken. Es war schrecklich, als Zuschauer da zu stehen, ohne ihm zu Hilfe eilen zu können.

Zu Glück verschwand die zähe Flüssigkeit nur Augenblicke später, als wäre sie nie da gewesen. Panisch richtete ich meinen Blick auf Sam, seine Augen leuchteten rot. Langsam verbeugte er sich vor dem König.

„Ich werde alles tun, was du von mir verlangst."
Der König grinste selbstzufrieden. Ohne ein weiteres Wort an Sam zu richten, verliess er den Raum. Seine Arbeit war erledigt.

Kaum war er weg richtete Sam sich wieder auf. Das leuchtende Rot war aus seinen Augen verschwunden. Verwirrt schaute er sich im Raum um.

Eissplitter - Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt