xXx Kapitel 12 xXx

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Tags darauf schien es Sam wieder gut zu gehen. Ich redete mir ein, dass ich mir sein schmerzverzerrtes Gesicht nur eingebildet hatte. Wen man müde war, soll sowas schon mal vorkommen.

Nach dem Morgenessen machte ich mich auf den Weg zu Bastian. Er erwartete mich bereits bei den Hunden und war gerade dabei die Futterschalen zu füllen.

„Wie war dein restlicher Abend?", fragte er mich neugierig.

Ich zuckte mit den Schultern, „Er hätte durchaus besser laufen können."

Dies hatte vor allem mit Helena zu tun, die mir nach wie vor nicht aus dem Kopf ging. Es wäre ein leichtes für sie, mich von der Bildfläche verschwinden zu lassen.

„Ich bin auch kein grosser Fan von diesen Anlässen. Aber was will man, wenn man eingeladen ist und nicht erscheint, wirft das bloss ein schlechtes Licht auf dich", wir verteilten die Futternäpfe in die verschiedenen Zwinger und dann folgte ich Bastian in die Abstellkammer.

Mein Blick fiel auf einen grossen Rucksack, der vor der Wand stand und randvoll gepackt schien.

„Musst du raus?", fragte ich ihn überrascht.

„Nein, der ist für den Fall, dass es irgendwann einen Notfall geben sollte und ich auf der Stelle raus muss. Alles Überlebensnotwendige ist dort drin, ausser dem Zelt. Das habe ich dann aber schnell auf den Schlitten geladen", erklärte mir Bastian, während er zu den Hundeschlitten ging.

„Musst du oft unvorhergesehen raus?", nahm es mich wunder, während ich mich genauer umsah. Jedes Zuggeschirr war mit dem Namen des jeweiligen Hundes beschriftet.

„Selten... Aber es ist immer gut, für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein", zusammen trugen wir einen der Schlitten hinaus in den Flur.

„Was machen wir damit?", fragte ich überrascht, immerhin hatte Bastian eben erst gesagt, dass er nicht raus musste.

„Dir beibringen, wie man mit so etwas fährt", erklärte mir Bastian, er hatte ein breites Grinsen im Gesicht, „Heute haben wir einfach mal ein wenig Spass."

„Ich glaube nicht, dass dies Sams Vorstellungen entspricht, die er von meiner Arbeit hier hat", damit hätte ich nicht gerechnet, ich dachte ich wäre lediglich für die Drecksarbeit zuständig.

„Er muss nichts davon erfahren", in Bastians Blick lag etwas verschwörerisches, „Du musst ja nicht gleich aus der Stadt raus. Eine kleine Runde auf der Wiese draussen sollte genügen."

„Was ist eigentlich mit meinem Vorgänger passiert?", fragte ich neugierig, da mir dieser Gedanken bereits öfters durch den Kopf gegeistert war. Wenn sie jemanden für diesen Job suchten, musste es doch jemanden geben, der vor mir diese Arbeit erledigt hatte.

Bastian schaute mich geistesabwesend an, „Er ist tot."

Entsetzten breitete sich in meinem Gesicht aus, „Was ist mit ihm passiert?"

„Ich weiss es nicht genau. Ich glaube er wurde angegriffen. Keine Ahnung von wem. Jedenfalls nicht von einem Tier. Die Hunde kamen mit dem Schlitten zurück, doch von ihm fehlte jede Spur. Tags darauf habe ich ihn gefunden. Er sah nicht gerade gut aus. Sein Körper war von der Kälte vereist", Bastian schüttelte traurig den Kopf, als wollte er diesen Gedanken möglichst schnell wieder aus seinem Gedächtnis verbannen.

„Braucht ihr keinen zweiten Schlittenhundeführer?", fragte ich interessier, mir war klar, dass ich für diese Aufgabe nicht in Frage kam.

„Im Moment nicht. Erst müssen wir jemanden finden, der sich für diese Arbeit eignet und bis dahin muss ich alle Fahrten alleine meistern."

Draussen zeigte Bastian mir alles, was man wissen musste, um ein eigenes Schlittenhundegespann zu führen. Schlussendlich durfte ich selbst auf den Schlitten stehen und eine kleine Runde drehen. Es war sehr gewöhnungsbedürftig, aber es gefiel mir. Das Geräusch der hechelnden Hunde vor mir, die Kufen des Schlittens, die durch den Schnee glitten und der leicht rieselnde Schnee. Alles wirkte so harmonisch. Jetzt verstand ich Bastians Leidenschaft. Mit den Hunden raus zu gehen hatte etwas Beruhigendes an sich.

Eissplitter - Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt