xXx Kapitel 11 xXx

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Wir suchten uns einen Weg durch die Menge, als jemand auf Sam zukam. Eine junge Frau, vielleicht ein paar Jahre älter als ich. Sie hatte platinblondes Haar und sah unendlich hübsch aus, geradezu makellos. Ihr eisblaues Glitzerkleid passte perfekt zu ihren Augen, ich fühlte mich neben ihr wie ein kleines, hässliches Entlein.

„Sam, schön dich zu sehen", sie stürmte auf Sam zu, warf ihren linken Arm um ihn und gab ihm zur Begrüssung einen Kuss auf die Wange.

Ich hatte mich hinter Sam versteckt, warf ihr aber einen kritischen Blick zu. Nicht dass ich eifersüchtig gewesen wäre, mich nahm es bloss wunder, wie sie zu Sam stand. Jedenfalls schien sie ihn zu mögen. Doch weshalb hätte er mich heiraten sollen, wenn er sie bekommen hätte?

„Helena", Sam klang weitaus weniger erfreut.

Der Klang des Namens rief in meinem Kopf irgendetwas wach. Ich kam einfach nicht drauf, was es war. Irgendwoher kannte ich diesen Namen aber woher bloss?

„Wie geht es dir? Gefällt die deine neue Wohnung? Ich hoffe dir fehlt es an nichts, ansonsten kannst du es mir ruhig sagen", sie zwinkerte ihm mit ihren geradezu perfekten Augen zu.

Ich kniff meine Augen zusammen, während ich sie begutachtete. Wenn ich zwinkerte, sah es aus, als wäre ich eine Verrückte. Warum war sie so perfekt, warum fühlte ich mich neben ihr so schlecht? Wer war sie überhaupt? Mir war klar, dass ich es eigentlich wissen sollte, nur dass es mir im Moment nicht einfallen wollte.

„Helena, lass gut sein", Sam stiess sie sanft von sich weg, „Mir geht es bestens. Ich brauche deine Hilfe nicht."

Helena schaute ihn entgeistert an, sie schien sich nicht daran gewöhnt zu sein eine Abfuhr zu kassieren. Weshalb auch, bei ihrem Aussehen war dies wohl äusserst selten der Fall. Sam musste verrückt sein oder dumm oder ganz einfach blind.

Sam griff nach meiner Hand und zog mich hinter sich hervor. Jetzt war es noch schlimmer Helenas perfektes Aussehen zu ertragen, jetzt da ich die vollständige Dosis davon abbekam.

„Das ist Mara, wir haben vor gut einem Monat geheiratet, wie du sicherlich vernommen hast", Sam legte seinen Arm um mich und zog mich ganz nah an sich.

Mein Herz hämmerte laut gegen meine Brust. Nicht wegen Sams Berührung, viel eher wegen Helenas geradezu vernichtenden Blick der mich traf. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich auf der Stelle tot umgefallen.

„Das ist übrigens Helena", stellte Sam sie mir vor.

Ich musste meinen Blick von Helena abwenden, da ich ihren Zorn nicht mehr ertrug. Falls ich bisher noch keine Feinde hatte, jetzt hatte ich eine.

„Prinzessin Helena, wenn ich bitten darf", verbesserte sie ihn mit hochnäsiger Stimme, hob das Kinn an und stolzierte davon.

Jetzt war mir klar, woher mir der Name bekannt vorkam. Jeder kannte die Namen der Königsfamilie, aber da ich sie bisher nie zu Gesicht bekommen hatte, fehlte mir der Zusammenhang. Ich fühlte mich so dumm, natürlich gehörte sie zur Königsfamilie. Ihr makelloses Aussehen hatte sie von ihrer Mutter geerbt, die vor vielen Jahren gestorben war.

Ich starrte Sam entgeistert an, der mich immer noch in seinem Arm hielt.

„Musste das sein?", fragte ich ihn empört.

Er schaute mich mit ernster Miene an, „Was meinst du? Hätte ich unsere Heirat vor ihr verschweigen sollen? Glaub mir, irgendwann hätte sie es ohnehin herausgefunden, wenn sie es nicht schon längst wusste."

„Woher kennst du sie überhaupt?", fuhr ich ihn genervt an. Ich wusste dass mein Ton unpassend war, doch ich stand immer noch unter Schock. Helenas Blick würde ich niemals vergessen.

Sam schüttelte den Kopf, als wollte er nicht daran erinnert werden, griff nach meinem Arm und führte mich quer durch den Raum.

„Warum heiratest du mich, wenn du sie hättest haben können? Jeder normale Mann würde morden, um so eine Frau abzukriegen", ich gab nicht auf. Sam war mir eine Antwort schuldig.

Unverwandt blieb er stehen und drehte sich zu mir um.

„Sie ist meine Exfreundin und glaubt mir, ich habe meine Gründe, weshalb sie nicht mehr meine Freundin ist", auf Sams Stirn zeichnete sich eine Zornesfalte ab. Mir wurde klar, dass dieses Thema beendet war. Ich folgte ihm weiter durch die Menge und fühlte mich dabei wie ein Häufchen Elend. Er hatte mich also ausgewählt, weil es mit der Prinzessin aus unerfindlichen Gründen nicht geklappt hatte. Ich musste zugeben, dass ich ein wenig enttäuscht war.

Bereits kurze Zeit später hatte ich mich wieder gefasst. Was hatte ich anderes erwartet? Dass Sam mich aus Liebe geheiratet hatte? Schliesslich liebte ich ihn genauso wenig, wie er mich. So spielte ich den restlichen Abend seine nette Ehefrau und war froh, als wir endlich auf dem Weg zurück in unser Appartement waren. Gerade als wir vor der Wohnungstür standen, klingelte etwas in Sams Hosentasche. Er zog ein kleines, schwarzes Gerät hervor.

Er schaute mich entschuldigend an, „Ich muss weg, ein Notfall..."

Mit diesen Worten drehte er sich um und eilte zum Fahrstuhl zurück. Noch immer trug er den Anzug, ich vermutete, dass es irgendetwas mit seiner Arbeit zu tun hatte.

So sass ich nun alleine auf dem Sofa, vor mir immer noch Helenas hasserfüllten Blick und starrte über die Dächer der Stadt. Als es mir in der Wohnung zu warm wurde, schnappte ich meinen Mantel und eine Decke und machte es mir auf dem Balkon gemütlich. Die frische Luft tat gut und liess mich wieder etwas klarer denken.

Jemand berührte meine Schulter. Mir wurde klar, dass ich auf dem Balkon eingenickt war. Erst jetzt wurde ich mir der Kälte bewusst, ich zitterte bereits am ganzen Körper. Ich schaute auf und erkannte Sam, der vor mir kniete.

„Komm rein, bevor du dich noch erkältest", meinte er und zog mich auf die Beine.

Für eine Sekunde huschte ein schmerzverzerrter Ausdruck über sein Gesicht, dann war er wieder weg, als hätte ich ihn mir nur eingebildet.

„Alles in Ordnung?", fragte ich ihn verwirrt. Noch immer war ich etwas schlaftrunken.

„Ja, alles bestens", antwortete er überzeugend und führte mich hinein ins warme Wohnzimmer. Erneut zuckte er kaum merklich zusammen. Ich legte meine Stirn in Falten. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.

„Alles bestens...", versicherte er mir erneut, „Leg dich schlafen."

Während ich Sams Hand fest umschlossen hielt, musterte ich ihn skeptisch. Als er sich zu einem Lächeln durchrang, entschied ich mich dazu, dass es ihm nicht so schlecht gehen konnte und liess ihn im Bad verschwinden. Ich legte mich auf das Sofa und schlief bereits tief und fest, als er wieder aus dem Bad heraus kam.

Eissplitter - Kalt wie SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt