Wut

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Seine Küsse an meinem Hals wurden immer intensiver und ich hatte den Verdacht, dass ich einen Knutschfleck bekam. Instinktiv griff ich in seine Haare und drückte ihn noch näher an mich.

Es war ein Fehler. Ein riesengroßer beschissener, nicht wieder rückgängig zu machender Fehler.

„Harry, hör auf." hauchte ich. Aber wie konnte sich etwas Falsches nur so gut anfühlen?

Er unterbrach sein Tun und stützte sich auf seinen Ellenbogen und als ich die Augen öffnete, war er genau über mir. In seinen Augen brannte ein Verlangen, welches mich ganz aus dem Konzept brachte. Ich wollte etwas sagen, aber vergeblich. Vollkommen verloren, starrte ich ihn an. Und dann ging alles ganz schnell und er presste seine Lippen auf meine. Ich schnappte kurz nach Luft und er nutzte den Überraschungsmoment und seine Zunge glitt in meinen Mund. Seine Lippen waren der Himmel und die Hölle zugleich und einmal gekostet, konnte man nie wieder darauf verzichten.

Am Anfang erwiderte ich den Kuss, aber irgendwann schaltete sich mein blödes Hirn ein und zeigte mir Bilder, wie er mich in New York, mitten auf der Treppe seines Hauses hatte stehen lassen. Wie er mich monatelang belogen und hingehalten hatte, um mich am Ende einfach wegzuwerfen. Bei diesen Erinnerungen stiegen mir die Tränen in die Augen und ich konnte das hier einfach nicht tun. Es war zu viel. Der Schmerz bohrte sich in mein Herz, wie ein verrosteter Speer.

„Stopp, Harry." Er ließ meine Lippen frei, aber attackierte nun wieder meinen Hals. Ich packte ihn an der Schulter und schob ihn von mir weg.

„Ich habe gesagt, du sollst aufhören!" Er blickte mich verwirrt an. Unser beider Atem ging eindeutig zu schnell und ich wand mich unter ihm hervor und setzte mich auf. Ich rieb mir über mein Gesicht und fuhr dann mit meinen Händen in meine Haare.

„Was denkst du, tust du hier?" fragte ich ihn und war selbst überrascht über die Lautstärke meiner Stimme.
„Ich dachte..." fing er an, aber ich unterbrach ihn.
„Du dachtest was? Das wir eine schnelle Nummer schieben, weil du dich gerade danach fühlst und dann verschwindest du wieder?"
„Nein, Lou."

„So sieht es aber aus. Du rufst mich mitten in der Nacht an und bist sturzbetrunken, als ich hier auftauche. Was soll das verdammt nochmal? Warum bin ich hier? Sag es mir. Ich bin so ein Vollidiot." Ich schüttelte den Kopf und lachte bitter. Aber ich hatte es nicht anders verdient. Was dachte ich denn, würde mich hier erwarten?

„Ich musste dich einfach anrufen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe, ohne dich zu sein." gestand er mir und setzte sich ebenfalls auf. Er lehnte sich neben mich an das Rückenteil des Bettes. „Es tut mir alles so leid."

„Was genau?" Ich drehte meinen Kopf und zog die Augenbrauen nach oben. „Das du mich über Wochen im Dunkeln gelassen hast, hinsichtlich deines Alkoholkonsums? Das du, immer wenn ich angerufen habe und du dich dazu herabgelassen hast, mal an dein scheiß Telefon zu gehen, mir erzählt hast, es ist alles okay und ich überreagiere? Oder, dass du geheiratet hast aus heiterem Himmel... oder nein, das Beste, mich mitten in Manhattan wie Müll entsorgt hast? Was davon tut dir denn leid?" schrie ich ihn an. Der Ärger und der Frust, welcher sich über die Monate angestaut hatten, brachen nun aus mir heraus. Ich hatte bisher ja nie die Chance gehabt, mit ihm darüber zu reden. Aber jetzt war er hier und auch, wenn mir sein Blick verriet, dass ich ihn gerade sehr verletzte, musste ich diesen Gefühlen Luft machen, denn sie fraßen mich langsam auf.

„Alles davon." Ich wartete darauf, dass er weiter sprach, aber er blieb stumm wie ein Fisch.

„Schön zu wissen, dass ich dir noch nicht einmal so viel wert bin, dass ich eine Erklärung verdient habe." Ich wollte aus dem Bett steigen, aber der feste Griff um meinen Arm hinderte mich daran.

Who we love - Larry StylinsonWhere stories live. Discover now