Hilfe 🥺

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Es dauerte eine Ewigkeit bis Izzi mit Toni erschien. Tom führte sie ins Schlafzimmer und ich hatte mich zwischenzeitlich auf das Bett gelegt und hielt ihn fest. Die Krämpfe wurden immer schlimmer und er klagte über extreme Übelkeit.

Zuerst prüfte Izzi seinen Blutdruck und stellte ihm ein paar Fragen. Wie viel er trank und wie schlimm seine Schmerzen waren. Harry versuchte ihr zu antworten, aber manchmal hatte ich das Gefühl, er driftete ab. Sie sagte Toni, er solle ein Glas Wasser holen und packte eine Schachtel Tabletten aus. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Zeug war, ich hoffte nur inständig, dass es ihm half. Erst jetzt bemerkte ich, dass Chris auch hier war. Unsere Blicke trafen sich kurz und er lächelte mir etwas unbeholfen zu. Was sollte man auch sonst in dieser Situation tun?

Wir blieben alle bei Harry, bis er sich langsam beruhigte und die Schmerzen wohl weniger wurden. Mir liefen die Tränen übers Gesicht und ich zog ihn wieder in meine Arme. Das war alles, was ich gerade machen konnte. Irgendwann döste er ein. Chris und Tom saßen auf dem Boden und Izzi und Toni auf dem Bett. Wir unterhielten uns leise. Ich war nicht gewillt den Raum zu verlassen, aber das schlug auch keiner meiner Freunde vor.

Leise bedankte ich mich hundert Mal bei Izzi, dass sie ihm geholfen hatte. Toni sah mich unsicher an und klopfte mir auf die Schulter.
„Das wird schon wieder. Aber wie geht es jetzt weiter?" fragte er.
„Morgen Abend fliegen wir nach New York. Er hat schon einen Platz in der Entzugsklinik. Scheiße." Ich rieb mir über das Gesicht und merkte, dass ich immer noch weinte.

„Ich lasse dir genug Tabletten da, damit er den morgigen Tag und den Flug übersteht. Aber er muss wirklich in ärztliche Obhut." erinnerte mich Izzi nochmal.

„Ich wusste nicht, wie schlimm es um ihn steht. Wir haben uns erst gestern wieder gesehen." sagte ich leise.

„Du hättest ihn ins Krankenhaus bringen müssen." bemerkte sie noch am Rande.
„Ich weiß." sagte ich und fühlte mich schuldig.

„Komm, mach ihm keine Vorwürfe. Harry hatte bestimmt Angst vor Repressalien. Ich meine..." verteidigte mich Toni.

„Ja, ich weiß, wer er ist. Ich lebe ja nicht hinter dem Mond." entgegnete Izzi.

„Ich habe Angst um ihn. Verdammt, ich mache alles falsch... Wenn ihm etwas passiert, ist es meine Schuld." Ich drückte mein Gesicht in seine Haare und schloss die Augen.

„Nein, Louis, es war richtig, dass du uns angerufen hast. Nur ohne Hilfe wird er es nicht schaffen. Bei der Menge, die er bisher getrunken hat, ist es ein Wunder, dass es ihm nicht noch schlechter geht. Und außerdem reagiert jeder Körper anders. Meistens erreicht das Entzugssyndrom seine stärkste Ausprägung am zweiten Tag. Er wird sich morgen wahrscheinlich noch schlechter fühlen als heute. Achte also bitte darauf, dass er diese Tabletten nimmt. Sie werden ihm helfen, aber man darf sie grundsätzlich nicht ohne ärztliche Überwachung einnehmen." Ich nickte ihr zu.
„Das sind ja tolle Aussichten." sagte ich und schniefte.

Wir redeten noch fast zwei Stunden, bis plötzlich ein völlig zerstört aussehender Harry langsam wieder die Augen öffnete. Ich streichelte seine Wange, denn er sollte wissen, dass ich für ihn da war. Egal was passiert.

„Wie geht's dir?" Diese Worte konnte ich mir auf ein Shirt drucken lassen, so oft wie ich ihn das immer fragte.

„Schon besser." antwortete er. Er kuschelte sich an mich und murmelte ein „Es tut mir leid."

„Schon gut." sagte ich, aber es war gar nichts gut. Ich fühlte mich immer noch, als würde ich in ein bodenloses Loch fallen. Diese Angst, die ich vor ein paar Stunden verspürte, kam mir nur zu bekannt vor und das war etwas, dass ich nie wieder fühlen wollte. Jemanden zu verlieren, den ich von Herzen liebte.

Keiner sagte mehr ein Wort. Es war mucksmäuschenstill im Zimmer. Harry hatte die Anwesenheit der anderen noch nicht bemerkt.

„Lou, du hast mir schon wieder mein Leben gerettet." sagte Harry auf einmal, immer noch sein Gesicht dabei in meiner Halsbeuge vergraben.
„Wann war denn das erste Mal?" fragte ich.
„An dem Tag, an dem du buchstäblich in mein Leben gestolpert bist."
Er hob den Kopf und gab mir einen Kuss.
„Oh Gott, ich glaub, ich muss weinen." sagte Tom und Harry zuckte zusammen und sah sich um.

Sein Blick glitt von einem zum anderen und dann erkannte er Izzi.
„Ich danke dir. Wie war nochmal dein Name?" fragte er.
„Izzi." sagte sie und lächelte ihn an.
„Ich bin dir was schuldig." Sie winkte ab und grinste.
Dann würde ich die Leute mal vorstellen. Ich befand mich noch nie in einer schrägeren Situation, als in dieser hier.

„Der nette Kerl neben Tom ist Chris und Izzis, na ja, sagen wir nicht bessere Hälfte, aber eben die Andere, ist Toni."
„Freut mich euch kennenzulernen. Auf eine weniger kompromittierende Art und Weise wäre es mir lieber gewesen, aber das können wir jetzt wohl nicht mehr ändern." erwiderte Harry.

„Wer will einen Kaffee?" fragte Tom und stand vom Boden auf.
Alle bejahten und ich sah auf die Uhr.
„Scheiße, Grace." sagte ich laut.
„Musstest du sie schon abholen?" fragte Chris.
„Nein, aber was soll ich mit ihr machen, wenn ich die nächsten zwei Tage nicht da bin?" ich schlug mir an den Kopf. Ich war wirklich dämlich.

„Hey, Honey, ich schaffe das auch allein. Bleib einfach hier. Es ist sowieso viel zu stressig. Du hast schon genug für mich getan." Er sah mich liebevoll an und lächelte etwas. Gott, er sah so zerbrechlich aus, wie er hier lag. Nur noch ein Schatten seiner selbst.

„Nein, nein, ich... kommt nicht in Frage." Ich nahm seine Hand und hielt sie fest.
„Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert. Nicht nochmal." Er zog mich in seine Arme und drückte mich an sich.
„Es ist okay, Lou. Wirklich."

„Jetzt werde doch nicht gleich panisch. Grace kann gern zu mir kommen. Ich rede mit meiner Ex und wir tauschen ein paar Tage, damit Rose auch da ist. Denkst du wirklich, ich lass dich hängen?" sagte Tom und ich machte mich von Harry los und kletterte etwas ungelenk aus dem Bett und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Danke, du bist der Beste."
„Na, aber doch nicht vor deinem Freund." sagte Tom gespielt entrüstet und jetzt mussten alle lachen. Auch Harry lächelte ein wenig.

Tom und ich gingen in Gracies Zimmer und ich rief bei meiner Mum an und erfand mal wieder mal eine haarsträubende Geschichte von einem Mandanten am anderen Ende von Deutschland, zu dem ich dringend reisen musste. Tom würde dann gleich Grace abholen und sie blieb bis Dienstag Abend bei ihm. Max würde ebenfalls bei Tom unterkommen und nein, er war nicht krank, sondern hatte wohl nur etwas Falsches gegessen. Das schlechte Gewissen machte sich durch ein unangenehmes Ziehen in meiner Magengegend bemerkbar.

Mein bester Freund sah mich an und schüttelte nur den Kopf.
„Jetzt guck nicht so. Ich fühle mich schon schrecklich genug." sagte ich.
„Denkst du nicht, sie hätte es verstanden?"
„Sicher, aber es ging heute alles so schnell und ich wollte einfach nur Grace hier wegbringen. Meine Mum hätte sich dann Sorgen gemacht und zu viele Fragen gestellt. Gott, ich weiß doch selbst nicht, wie das hier am Ende alles ausgeht." Ich fuhr mir durch meine Haare und seufzte laut.
„Ich denke, Harry wird seine Versprechen halten und wieder gesund werden."
„Woher willst du das so genau wissen?" fragte ich etwas verwirrt. Wahrscheinlich hatte er im Kaffeesatz gelesen oder seine magische Glaskugel befragt.
„Weil er dich liebt. Du bist das Wichtigste für ihn und ich denke nicht, dass er das Risiko noch einmal eingehen will dich zu verlieren." Mir klappte der Mund auf.
„Hat er dir das gesagt?"
„Wir hatten viel Zeit zum Reden." entgegnete er nur.

Nach dieser Offenbarung packten wir ein paar Sachen für Grace zusammen und dann verabschiedete ich meine, oder jetzt wahrscheinlich auch unsere Freunde, aus meiner Wohnung.

Nun waren wir wieder allein. Das brachte mir nur keine Erleichterung. Ich hatte fürchterliche Angst davor, dass sein Zustand sich rapide verschlechtern könnte. Aber Izzi hatte mir noch beim Gehen angeboten, mich jederzeit zu melden und das würde ich auch tun.

Ob Harry den nächsten Tag irgendwie übersteht?

Who we love - Larry StylinsonNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ