Dave's Bar

218 45 32
                                    

September

Der Monat verlief anders als geplant. Harry und ich hatten kaum Zeit zu telefonieren und wenn, war es meistens am frühen Morgen. An manchen Tagen schrieben wir uns auch nur Nachrichten. Es war wirklich frustrierend und am liebsten würde ich heute im Bett bleiben. Es war erst ein Monat vergangen und es lagen noch zweieinhalb vor mir. Selbst meine blöde Arbeit, konnte mich nicht mehr auf andere Gedanken bringen. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich gedankenverloren auf meinen Bildschirm starrte und an ihn dachte. Tom zog mich ständig damit auf und ich fand das nicht lustig.

„Lass uns heute Abend ausgehen. Grace kann doch bei deiner Mutter übernachten und wir machen mal wieder einen drauf."

„Wir machen einen drauf? Verwendet man den Ausdruck überhaupt noch?" fragte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Wir gehen in Dave's Bar und du versuchst mal nicht so auszusehen, als würdest du jeden Moment in Tränen ausbrechen." sagte er und lachte.

„Tu ich doch gar nicht." konterte ich. „Ah ja." bemerkte er lediglich und verschwand wieder hinter seinem Schreibtisch.

⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎⁎

Tom holte mich ab und auf dem Weg zur Bar, brachten wir Grace bei meiner Mum vorbei. Wir wurden herzlich begrüßt und bekamen sofort ein Bier hingestellt. Am Anfang war ich noch etwas steif, aber dann lockerte mich der Alkohol auf. Das Bier wurde irgendwann durch Whiskey ersetzt und ich war schnell betrunken. In der Bar trafen wir auf ein paar alte Freunde und die Stimmung wurde immer besser. Ich hatte eine Menge Spaß und fühlte mich gut. Plötzlich klingelte mein Handy und ich sah nur das es Harry war und nahm den Anruf an.

„Hi, Lou." sagte er lächelnd.
„Heeeyyyy...Harrreeeeehhhh..." entgegnete ich und grinste in das Telefon.
„Wo bist du?" fragte er.
„Ich?"
„Ja du." sagte er und sah mich belustigt an.
„Tom und ich sind bei Dave. Wir machen einen drauf, weißt du." Das ich schon lallte, bekam ich erst mit als er mich fragte, ob ich betrunken sei.
„Nöööö, vielleicht ein bisschen." antwortete ich und nahm einen Schluck aus meinem Whiskeyglas. Harry verzog angewidert das Gesicht. Ich versuchte meinen Blick auf ihn zu fixieren, doch er verschwamm irgendwie immer.
„Tom, guck mal, hier ist Haarreehhhh..." rief ich durch die Bar und schwenkte das Handy durch den Raum. Er kam angestolpert und hielt sich an mir fest, sodass ich Mühe hatte uns aufrecht zu halten. Wir fingen beide an mit lachen und ich hielt Tom mein Handy vors Gesicht.

„Sag Hallo."
„Haaallllooooohhooo." sagte er übertrieben und ich stieß ihn in die Seite. „Hey, das ist doch gar niemand dran." stellte er mit Kennerblick fest.
„Ach nein?" Hatte ich mir das nur eingebildet? Wer weiß. Ich versuchte ihm eine Nachricht zu schreiben, gab aber relativ schnell auf, da ich die Buchstaben nicht richtig erkennen konnte. Ich war echt im Eimer.
Ein paar Stunden später brachte uns ein Taxi nach Hause und ich fiel komatös ins Bett.

××××××××××××××××××××

Erst am Mittag kam ich wieder zu mir und hatte unglaubliche Kopfschmerzen. Langsam schlurfte ich ins Bad und nahm eine Tablette. Ich kochte mir einen starken Kaffee und schrieb Tom, denn ich wollte wissen, wie es ihm ging. Da fiel mein Blick auf den Chat mit Harry und ich las die Nachricht, welche er mir gestern geschrieben hatte. Zu der Zeit waren wir in der Bar. Dann hatte ich den Anruf doch nicht herbei halluziniert. Ich scrollte nach oben und sah die Nachricht, welche ich getippt hatte. Sie war sehr kryptisch. Es ergab überhaupt keinen Sinn. Seine Antwort war kurz: Ruf mich an, wenn du nüchtern bist. Als ich den Chat verließ, sah ich, dass er versucht hatte mich noch mehrmals anzurufen. Oh oh.

Nach ein paar Schlucken heißen Kaffees rief ich ihn an. Es klingelte ein paar Mal und ich wollte schon auflegen, da ging er endlich ran.
„Guten Morgen, Louis." sagte er etwas unterkühlt.
„Hi." sagte ich.
„Und, hast du dich amüsiert?" fragte er und seine Augen verengten sich.
„Ja, schon. Es war ein lustiger Abend mit ein paar Freunden."
„Gut." war alles, was er sagte und sah mich durchdringend an.
„Gut?" ich zog die Augenbrauen hoch und wartete, aber er sagte nichts.
„Bist du sauer auf mich, weil ich aus war?" fragte ich.
„Nein." Er fuhr sich durch die Haare. „Ich... du warst betrunken, Lou. Und das nicht nur ein wenig. Du warst vollkommen hinüber. Dich so zu sehen, hat böse Erinnerungen geweckt." Er schüttelte den Kopf und ich sah den Schmerz in seinen Augen.
„Ich habe heute Nacht kein Auge zugetan, da ich mir Sorgen gemacht habe, ob dir in diesem Zustand eventuell etwas passiert ist, da ich dich nicht mehr erreicht habe."

Während er sprach, schloss ich die Augen und presste meine Kiefer fest aufeinander. Fuck. Ich hatte mir geschworen, in seiner Gegenwart nicht zu trinken und dann sah er mich in einer Bar total besoffen. Bei allem, was mit Sam passiert war, konnte ich seinen Standpunkt nur zu gut nachvollziehen. Außerdem war er Alkoholiker. Gott, ich konnte manchmal echt ein Vollidiot sein.

„Harry, es tut mir wirklich leid. Es war gedankenlos von mir." sagte ich zerknirscht.
„Es ist okay. Es ist nur... ich hatte Angst um dich." sagte er leise.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
„Lou, dir geht es gut und ich habe einfach übertrieben. Ich... es tut mir leid." sagte er.
„Nein, dir muss nichts leid tun. Ich wollte dich nicht erschrecken." antwortete ich.

Er lächelte mich liebevoll an und in diesem Moment verfluchte ich das Universum mal wieder, dass es mir eine neue Liebe schenkte, aber hunderte von Kilometern entfernt.

„Ich würde dich jetzt so gern küssen. Du bist gerade so wunderschön." sagte ich, denn ich wollte nicht mehr darüber reden, wie blöd ich manchmal sein konnte.
„Meine Haare sind eine Katastrophe." antwortete er.
„Niemals." sagte ich und musste lachen, als er versuchte seine Frisur irgendwie zurecht zu schieben. „Ich liebe dich, so wie du bist."

„Scheiße, du fehlst mir wie verrückt. Ich versuche ein paar Termine zu verschieben und zu dir zu kommen, bevor ich nach Kanada fliege. Noch viel länger halte ich es ohne dich nicht aus."

Ich spürte wieder dieses wahnsinnige Kribbeln im Bauch und gleichzeitig tat mein Herz weh. Das war echt eine blöde Kombination.

„Wirklich?" fragte ich und konnte mich kaum zurückhalten, nicht wie Grace auf und ab zu hüpfen.

„Ich kann dir nichts versprechen." Ich nickte und meine Euphorie flachte wieder etwas ab.

„Hast du noch etwas Zeit? Ich würde gern..." er leckte sich über die Lippen und ich verschüttete prompt meinen Kaffee über der Theke. Ich trocknete mich schnell ab und lief gerade die Treppe hinauf zu meinem Schlafzimmer, als meine Mutter und Grace das Haus betraten. Das durfte doch nicht wahr sein? Fünf Minuten später... länger hätte ich heute definitiv nicht gebraucht.

„Lou?" hörte ich Harry.

„Hey, Gracie, hallo Mama." entschuldigend blickte ich in die Kamera. Harry biss sich auf die Lippe und ich wurde schier verrückt, aber ich konnte keinen Telefonsex haben, wenn meine Familie quasi vor der Tür stand.

„Ich bin gleich bei euch." sagte ich und ging mich anziehen.
„Können wir das später nachholen?" fragte er und die Hitze stieg mir in den Kopf.
„Auf jeden Fall. Ruf mich einfach an, wenn Grace im Bett ist."
„Das mach ich...„
„Louis?" rief meine Mum.
„Ja, ich komm gleich." Harry grinste frech "Später vielleicht..." Ich warf ihm noch einen Kuss zu, bevor ich auflegte.

××××××××××××××××××××××××

Am Abend versuchte ich ihn zu erreichen, aber es ging immer nur die Mailbox ran. Nach einer Stunde schrieb ich ihm eine Nachricht und er teilte mir mit, dass er in einer Besprechung mit Paul saß, die wohl noch etwas dauern könnte. Ich hasste Fernbeziehungen. Warum nochmal fand ich das damals eine gute Idee? Ich kam mir vor wie auf Entzug. Harry war meine Droge und ich verzweifelte bald daran, ihn nicht bei mir zu haben. Oh Gott, hatte ich jetzt wirklich diesen Vergleich gezogen? Ich hoffte inständig, dass mir das blöde Zeug, was mir manchmal in meinem Kopf herumspukte, nicht laut aussprechen würde, und schon gar nicht vor ihm.

Aber meine Hoffnung hing nun daran, dass er gesagt hatte, er würde versuchen zu mir zu kommen, bevor der Filmdreh losging. Das würde bedeuten, dass ich ihn bald in meine Arme nehmen und endlich wieder küssen konnte. Ich versöhnte mich mit dem Universum und gab ihm allerdings ganz klar zu verstehen, dass es mir meinen Freund herschicken sollte, sonst würden wir große Probleme miteinander bekommen. Jetzt hielt ich tatsächlich schon Zwiesprache mit dem Universum. Konnte es noch schlimmer werden?

Who we love - Larry StylinsonWhere stories live. Discover now