/76/ So schwarz wie Ebenholz

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Mit wachen Augen bewegte Malefiz sich über den glatten Gang des Korridors; die Schritte so kontrolliert, dass sie keinerlei Laut auf den Fließen hinterließ. Ihre Ohren erfassten jedes Geräusch, das in ihrer Nähe erzeugt wurde. Ruhig drehte sie den Kopf in alle Richtungen, die Hand fest um ein kleines Messer an ihrem Gürtel gelegt.

Drei Tage hatte es sie gekostet, bis sie endlich ins Hochsicherheitsgefängnis Oronias eingebrochen war. Die gesamte Hauptstadt schien aktuell auf der Suche nach ihr und den anderen geflohenen Anhängern Scars zu sein – doch sie wettete, dass keiner damit rechnete, dass sie hier aufkreuzte. Auch wenn es sie drei Tage gekostet hatte, in das Gefängnis einzubrechen, war sie doch verhältnismäßig unproblematisch hinein gelangt. Und genauso würde sie auch wieder hinaus kommen.

Jedoch konnte sie nicht allein die Lorbeeren einheimsen. Ohne ihren geliebten Raben wäre sie noch lange nicht so weit gekommen. Der Robotervogel schwebte so geräuschlos wie möglich über ihr und wich ihr nicht von der Seite.

Es war ihr Glück, dass Simba erst seit ungefähr einer Woche an der Macht war. Der junge König hatte noch nicht die nötigen Kapazitäten, um das gesamte Gefängnis mit Wachen auszustatten. Es waren mehr, als Malefiz angenommen hatte, doch bis jetzt waren diese kein Problem für sie gewesen.

Links und rechts von ihr führten massive Zellentüren im regelmäßigen Abstand entlang. Sie alle waren mit einer kleinen Luke im oberen Bereich versehen, die man von außen aufklappen konnte. Malefiz sah sich ihre Umgebung mit fokussierter Miene an, während sie weiter schritt.

Ein Großteil der Leute, die unter Scars Herrschaft hier gefangen gehalten worden waren, hatte Simba kurzfristig befreien lassen, weshalb die meisten der Zellen verlassen waren. Jetzt saß nur noch eine geringe Anzahl an wichtigen Persönlichkeiten hier fest. Unter anderem Scar, wie sie in Erfahrung gebracht hatte.

Vorsichtig lehnte sie sich an eine Wand, als sie in der Ferne eine Wache ausmachte, die prüfend in den Gang hinein spähte. Für einen Moment hielt sie den Atem an und wartete mit klopfendem Herzen darauf, dass die Wache weiter ging – schließlich hörte sie, wie die hallenden Schritte der Wache leiser wurden und verschwanden.

Malefiz atmete langsam aus und entfernte sich letztlich geräuschlos von der Wand. Mit offenen Augen und wachen Ohren wagte sie sich vorwärts.

Ihr Rabe flog ein Stück vor und machte dann mit einem leisen Krächzen vor einer der Zellen halt. Flatternd flog er auf der Stelle und sah mit seinen rot leuchtenden Augen abwartend zu ihr runter.

Malefiz beschleunigte ihre Schritte, achtete aber darauf, dass sie weiterhin leise und konzentriert blieb. Als sie die Zellentür erreichte, die ihr Rabe markierte, blickte sie sich aufmerksam nach allen Seiten um, bevor sie sich dieser zu wandte. Vorsichtig zog sie die Klappe auf und lugte in die Zelle.

Es war ein kleiner, düsterer Raum, mit einem klapprigen Bettgestell und einem alten Waschbecken daneben. Ein winziges Fenster existierte, das jedoch vergittert war. Boden und Wände waren schmierig und ungepflegt. Als Malefiz die Klappe öffnete, und mit gerümpfter Nase den Raum betrachtete, drehte die Gestalt auf dem Bett verwundert den Kopf zu ihr. Scar sprang augenblicklich auf die Beine, als er Malefiz erkannte.

„Hallo, Eure Majestät", begrüßte Malefiz den König mit einem kleinen Schmunzeln, der sofort an die Tür heran trat. Er sah nicht gut aus. Abgesehen von seiner schrecklichen Kleidung, einer schrillroten Gefängnisuniform, hatte er tiefe Schatten im Gesicht. Er war unrasiert und seine Haare hingen ihm zerzaust über die Schultern.

„Malefiz", keuchte Scar mit Überraschung und Erleichterung in der Stimme. „Ich dachte, sie hätten dich auch gefasst."

Malefiz lächelte breiter. „So schnell fasst man mich nicht.", erwiderte sie mit einem Raunen und sah sich erneut vorsichtig nach allen Seiten um. Noch war sie allein im Gang, doch das konnte sich sehr schnell ändern.

SEELENBRAND // eine disney fanfictionWhere stories live. Discover now