/3/ Verlorenes Versteck

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Robins Atem ging flach und keuchend. Er spürte kalten Schweiß im Nacken und an den Händen. Das Herz pochte ihm in der Brust und seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er saß mal wieder gewaltig in der Klemme. Aber gut, eigentlich war das weder etwas Ungewöhnliches noch etwas Unausweichliches. Und wenn man gerade den Hyänen, wie er die Handlanger des Königs nannte, entwischt war, konnte das schon etwas nervenaufreibend sein. Besonders wenn diese noch ganz in der Nähe umherstreiften und ihn suchten. Irgendwie musste er es schaffen aus dieser Gasse zu entkommen und zum Unterschlupf zurück zu gelangen.

Er sah sich um. Seine Sicht war beschränkt, da er hinter einem großen Müllcontainer hockte. Häuser reihten sich nebeneinander auf, die vor einigen Jahren bestimmt sehr modern gewirkt hatten. Doch jetzt waren die Wände grau und die Fenster vergittert. Er glaubte nicht, dass irgendwer in diesen Häusern herauskommen und ihm helfen würde. Wahrscheinlich wusste noch nicht einmal jemand, dass er da war. Aber das war egal – Robin brauchte keine Hilfe. Er war mit vielen verzwickten Situationen fertig geworden.

Leise kramte Robin aus seiner Jackentasche einen kleinen Beutel mit Credits hervor und platzierte ihn unter dem Müllcontainer. Irgendwer würde den finden und sich hoffentlich daran erfreuen. Robin hatte schon sooft Geld irgendwo versteckt, er wusste, dass das nicht lange an einem Ort blieb. Er als Dieb brauchte es nicht. Er konnte sich sein Essen stehlen.

Ja, sein Leben war nicht leicht. Aber wessen Leben war das schon in dieser Zeit? Außerdem liebte er den Nervenkitzel. Nichts gab es, was ihn mehr in Fahrt brauchte als ein aufregender Raubzug. Und er würde es niemals mit seinem Gewissen vereinbaren können, wenn er nichts gegen die Hyänen unternahm. Er wollte den Menschen helfen, die sich ebenfalls versteckten und um ihr Leben fürchten mussten. Und er wollte den Hyänen gehörig den Arsch versohlen. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er auch aus Selbstinteresse handelte. Damit war er immer noch bescheidener als der König. Scar terrorisierte das Reich, wie kein anderer König vor ihm. Während sein älterer Bruder Mufasa das genaue Gegenteil zu ihm gewesen war – gerecht und weise – beutete Scar seine Volk aus und hinterließ überall nur Verwüstung und Leid. Natürlich war Mufasa kein perfekter König gewesen und Scar war auch nicht durch und durch schlecht. Doch wenn man die beiden miteinander verglich, lagen Welten dazwischen. Scar hätte nie König werden dürfen. Und Robin hasste dieses Monster ganz besonders. Dieser Möchtegern-König war dafür verantwortlich, dass Robins Vater tot war. Und jetzt würde der Dieb es ihm solange heim zahlen, bis auf dem Thron Eventyrs ein neuer König saß.

Ganz in der Nähe hörte er Schritte und aufgebrachte Stimmen. Robin zog den Bauch ein und hielt mit klopfendem Herzen die Luft an. Er spürte das kalte Gemäuer der Wand an seinem Rücken und den eisigen Boden unter seinem Hintern. Er war mal wieder unvorsichtig gewesen und jetzt zahlte er dafür den Preis.

Robin erinnerte sich an seinen letzten Raubzug zurück. Er und seine Freunde hatten 1000 Credits aus der Bank Talroos erbeuten können. Das war eine Menge Geld und sein Verschwinden hatte Gouverneur Nottingham nicht erfreut. Überall in Talroo waren die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden. Und Robin wusste, dass er mittlerweile die volle Aufmerksamkeit Nottinghams auf sich gelenkt hatte. Zu oft hatte er den Gouverneur mit Diebstählen und getricksten Hinterhalten geärgert. Wenn er mal erwischt würde, das wusste er, würde man ihn sofort töten. Doch ihm war es das wert, wenn er Scar und Nottingham dafür das Leben ein klein wenig zur Hölle machen konnte. Diese Schweine verdienten kein Mitleid. Außerdem amüsierte ihn Tatsache, dass er mit dem erbeuteten Geld sein eigenes Kopfgeld zehnmal zurückzahlen könnte. Vielleicht ließen sich ja die Hyänen, die da ganz in der Nähe umherstreiften, mit Geld bestechen. Vielleicht war es auch nur dazu gut, um es ihnen an ihre dicken Schädel zu werfen.

Warum genau war er heute noch mal raus gegangen? Weil er einen Streit mit Little John gehabt hatte. John hatte ihn als leichtsinnig und heldenmütig bezeichnet. Mittlerweile war Robin der Meinung, dass sein Freund recht hatte. Wenn er so weiter machte, stolperte er von einer Gefahr in die nächste. Er musste bei der nächstbesten Gelegenheit von hier verschwinden, sonst endete er noch als Hyänenfutter.

SEELENBRAND // eine disney fanfictionWhere stories live. Discover now