/2/ Der Schulleiter

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In Elsas Kopf tobte ein Sturm von Gedanken. Obwohl sie nur durch einen Gang schritt, machte ihr die Anwesenheit anderer Menschen Angst. Sie klammerte ihre Hände um die Bücher, die sie in den Armen hielt und spürte das Prickeln in ihren Fingerspitzen, das ihr einen Schauder über den Rücken jagen ließ. Ein Glück sorgten ihre Handschuhe dafür, dass sie ihre Kräfte verstecken konnte. Elsa wüsste sonst nicht, wie sie sie jemals in sich einschließen könnte. So ein Missgeschick wie vorhin mit dem rothaarigen Jungen durfte nicht noch einmal passieren. Er hätte etwas von ihren Kräften spitz kriegen können, als sie mit ihm zusammen gestoßen war. Sie hatte sich so erschrocken, dass es fast schon an ein Wunder grenzte, dass er nicht auf der Stelle zu Eis erstarrt war.

Elsa war schon ihr ganzes Leben lang geübt darin ihre wahren Gefühle zu verstecken. Selbst ihre Schwester Anna, die sie doch am besten kannte, konnte Elsa nicht durchschauen, wenn sie sich in sich selbst zurück zog.

Aber Elsa wollte jetzt nicht an Anna denken. Sie mochte es sich zwar nicht eingestehen wollen, aber sie vermisste ihre Schwester unglaublich. Noch immer, auch wenn es jetzt schon zwei Monate her war, hatte sie Annas ängstliches Gesicht vor Augen, als Elsa durch einen Unfall ihre Kräfte gezeigt hatte. Diesen Ausdruck in ihrem Gesicht würde Elsa nie vergessen. Es erinnerte sie daran sich von allen fern zu halten und dass nie jemand sie so akzeptieren würde, wie sie war. Das hatten auch schon ihre Eltern nicht. Warum sollte es irgendjemand anderes tun?

„Elsa Arendelle?"

Elsa zuckte leicht zusammen, als sie ihren Namen hörte. Beinahe hätte sie schon wieder ihre Bücher fallen gelassen, schaffte es aber diese rechtzeitig an sich zu klammern. Mit einem zitternden Durchatmen drehte sie sich zu der Person um.

Vor ihr stand eine ältere Frau, die bestimmt 1,90m groß war. Ihr Gesicht wirkte hochnäsig und fast schon bösartig, die grauen Haare hatte sie sich elegant nach oben toupiert und ihr Körper steckte in einem altmodischen enganliegenden Kleid. In ihrer rechten Hand hielt sie einen Gehstock, der ihre aufrechte Gestalt nur untermauerte. Elsa hatte sofort Respekt vor dieser Frau. Schon ihr abwartender Blick, mit dem sie Elsa musterte, war angsteinflößend.

„Ich bin Professor Tremaine. Ein Wunder, dass wir uns nicht schon früher begegnet sind." Sogar ihre Stimme wirkte hexenartig!

Elsa musste schlucken.

Die Professorin musterte die Blonde mit stechendem Blick und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Schmunzeln.

„Der Schulleiter will Sie sprechen."

Elsas Herz setzte einen Moment lang aus. Eigentlich hatte sie geahnt, dass es bald dazu kommen würde. Als sie hier angekommen war, hatte sie ein netter aber strenger Professor mit dem Namen Baghira aufgenommen und gemeint, sie könnte erst einmal den Unterricht mit besuchen und ein Zimmer belegen, bis der Schulleiter mit ihr sprechen wollen würde. Und jetzt war es wohl so weit. Jetzt würde er alles über sie wissen wollen. Und wenn sie erst mal erzählt hatte, warum sie hier war, würde man ihr sicherlich nicht länger Obdach gewähren wollen...

Vielleicht sah man Elsa die Sorge im Gesicht an, denn Tremaines Schmunzeln wandelte sich zu einem Grinsen.

Lief denn heute wirklich alles schief...





Elsa war angst und bange als sie schließlich vor der Tür des Schulleiters stand. Sie hatte den direkten Kontakt zu Menschen immer vermeiden wollen, weil sie nicht wusste, was passieren konnte. Sie durfte nicht riskieren aufzufliegen oder sogar jemanden zu verletzten. Hoffentlich bemerkte er nichts von ihren magischen Fähigkeiten...

Bevor sie sich weiter darüber Gedanken machen konnte, schwang die Tür auf und eine kleine ältere Frau mit weißem Haar, genannt Professor Fairy Godmother, eine Lehrerin, die unter anderem auch Elsa unterrichtete und sehr nett, aber auch etwas schusselig war, bat Elsa mit einem freundlichen Lächeln herein. Mit angespannter Körperhaltung betrat Elsa das helle und geräumige Büro, das ganz anders aussah, als sie es sich vorgestellt hatte. Überrascht blieb sie mitten im Raum stehen. Das Büro hatte eine ungeheuer gemütliche Wirkung auf sie. Die Wände standen voll mit überfüllten Bücherregalen und der einzig freie Wandplatz war überdeckt von einer riesigen Karte Eventyrs. Allerlei Möbel und seltsame Gerätschaften standen herum, und der Boden war mit einem flauschigen Teppich ausgelegt. In der Mitte des Tisches stand ein Schreibtisch, in dessen Mitte ein digitales Pad blau leuchtete und auf dem eine kleine Lampe und aus irgendeinem Grund ein kleines Zuckerkännchen stand. Wenn Elsa dieses Büro mit zwei Worten beschreiben müsste, dann wäre es: geordnetes Chaos.

SEELENBRAND // eine disney fanfictionWhere stories live. Discover now