SEELENBRAND // eine disney fanfiction

/73/ Das zerbrochene Königreich

Arielle fühlte sich ausgelaugt und erschöpft. Tief in Gedanken versunken hockte sie auf dem ebenen Boden des Thronsaals und starrte vor sich hin. Sie wusste nicht, was sie empfinden sollte. Der Kampf war fürs Erste beendet, und es schien so, als hätten sie tatsächlich gewonnen – doch mit einem furchtbaren Preis.

Sie hatte mit angesehen, wie Robins Körper in den Saal gebracht worden war. Wie eine junge Frau namens Cinderella seine Augen geschlossen und vorsichtig eine Decke über ihm ausgebreitet hatte. Das hatte Arielle einen riesigen Kloß im Hals beschert, und sie wusste, dass dieses Bild nun auf ewig in ihrem Gedächtnis eingebrannt war. Sie wurde es nicht wieder los. Schlussendlich hatte sie realisiert, dass er wirklich tot war. Dass er nicht zurück kommen würde. Die Tränen auf ihren Wangen spürte sie kaum mehr, so viel hatte sie schon geweint.

Die Stimmung im Saal war – zumindest zum Teil – ähnlich, wie Arielle sich fühlte. Angespannt, erschöpft, traurig, aber auch erleichtert. Energie und Bewegung erfüllte das Schloss und waren das erste Anzeichen für einen Wandel im Königreich. Eine große Gruppe an Bediensteten des Palastes hatte sich ihnen angeschlossen. Viele hatten überraschend schnell akzeptiert, dass Scar nun nicht mehr auf dem Thron sitzen würde. An Simbas Identität als Mufasas Sohn wurde kaum gezweifelt. Dafür sah er seinem Vater vermutlich zu ähnlich. Aber dennoch, es gab nach wie vor eine große Gruppe an Hyänen, die in Oronia und ganz Eventyr umher geisterten, und ganz sicher nicht glücklich mit dem Machtwechsel war. Und genauso gab es genügend Menschen, die nicht in Scars Dienst gestanden hatten, und sich dennoch über seine Absetzung nicht freuen würden. Arielle machte sich Sorgen deswegen. Sie fürchtete sich vor einem Angriff oder einem Aufstand. Sie fürchtete sich um Simbas Leben.

Simba schien weniger besorgt darum. Er hatte allerdings auch alle Hände voll zu tun. Gerade beobachtete Arielle ihn dabei, wie er durch den Saal schritt und sich dabei angeregt mit drei ehemaligen Offizieren aus Scars Reihen unterhielt. Die zwei Männer und eine Frau waren ohne zu zögern auf Simbas Seite gewechselt, als Scar fest genommen worden war. Jetzt mussten sie dabei helfen, die Armee und das Reich nicht ins Chaos stürzen zu lassen. Arielle wusste, dass das eine schwere Aufgabe war und dass Simba sich mit allen Kräften bemühte, dies zu bewältigen.

Die drei Offiziere wandten sich mit einem Nicken ab und der junge König konnte für einen Moment durchatmen. Als sein Blick durch den Saal glitt, blieb er an Arielle hängen. Sie schaffte ein leichtes Lächeln und er kam kurzerhand auf sie zu.

„Hey", machte er und ließ sich neben ihr auf den Boden sinken. Arielle drehte den Kopf zu ihm und lächelte ihn traurig an.

„Hey", antwortete sie leise.

„Wie geht's dir?", fragte Simba mit einem besorgten Blick und Arielle seufzte leise.

„Besser als dir, fürchte ich", erwiderte sie, und musterte seinen linken Arm, der vorerst nur notdürftig mit einer Bandage umwickelt worden war. Die große Last an Aufgaben und Verpflichtungen, die Simba nun zu tragen hatte, war sicher noch unangenehmer. „Ich bin froh, dass wir unsere Mission beendet haben. Aber..." Arielle stockte und sprach nicht weiter. Sie hatte Angst, sofort wieder in Tränen auszubrechen, wenn sie die Worte aussprach. Simba wusste genau, was sie meinte.

„Ich vermisse ihn auch", wisperte er niedergeschlagen vor sich hin. Seine Finger umgriffen Arielles Hand und hielten sie ganz fest. Für einen Moment schloss Arielle tiefdurchatmend die Augen und versuchte die aufkeimende Welle aus Tränen zurück zu drängen.

„Ist die Frau gefunden worden, die für seinen Tod verantwortlich ist?", fragte sie leise, als eine Weile Stille zwischen ihnen geherrscht hatte.

Simba stieß ein zitterndes Seufzen aus. „Nein.", murmelte er mit belegter Stimme. „Ihr Name ist Zira, wie wir heraus gefunden haben. Aber sie ist nicht aufzufinden. Es ist gut möglich, dass sie sich nicht mehr im Palast aufhält."