Ursprung des Armbands

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Kurz bevor die beiden das offizielle Büro des Tränkemeisters erreichen, dreht sich Ginny plötzlich um und verschwindet. Hinter sich lassend eine verdattere Hermine, die unschlüssig darüber scheint, was sie nun tun soll.
Obwohl, eigentlich ist sie sich nicht unschlüssig darüber. Sie möchte mit ihrem Zukünftigen reden. Sie kann ihn nicht zur Rede stellen, dazu versteht sie seine Handlung, einfach zu flüchten, selbst. Nein, das kann sie ihm nicht vorwerfen.
Aber dennoch müssen sie miteinander reden. Hermine weiß zwar nicht über was, aber es ist notwendig. Sei es auch nur, um sich über das Armband Sorgen zu machen. Oder über die Neugier der anderen.
Dabei wird es ihr sicher nicht besser gehen, wenn sie sich noch mehr Sorgen macht. Aber sie kann ihre Probleme nicht immer weiter aufschieben, muss darüber reden. Allen voran mit dem, der dafür verantwortlich ist. Gut, Severus ist dafür nicht verantwortlich, dennoch ist es befreiend mal für einen Moment die Schuld auf ihn zu schieben.
Hermine atmet tief durch, hebt die Hand, um an die Tür zu klopfen, doch sie hält inne. Ihre Hand öffnet sich wieder, Tränen bilden sich in ihren Augen.
Alles ist momentan alles scheiße in ihrem Leben. Und an allem ist dieses doofe Gesetz schuld. Sie wird dafür sorgen, dass die Leute, die das beschlossen haben, dafür büßen werden. Noch hat sie keinen Plan wie, aber sie wird darüber schon noch mit ihren Freunden sprechen.
Ihre Freunde.
Sie muss tatsächlich mal wieder mit ihnen reden. Insbesondere mit Molly.
Hermine seufzt.
Warum muss nur immer alles so verflixt kompliziert sein?
Erneut hebt sie die Hand, ballt sie wieder zur Faust und klopft schließlich gegen die Tür, die heute schon so oft schwungvoll geöffnet wurde.
Ein Klopfen -
Stille.
Sekunden des Wartens
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Tür diesmal sanft aufgemacht wird und ein schlecht gelaunter Severus Snape an dem Türrahmen lehnt. Mit verschränktem Armen funkelt er sie an. Als er realisiert, wer da vor ihm steht, werden seine Züge minimal sanfter und er öffnet die Tür weiter. Hermine lächelt ihm hoffnungsvoll entgegen und tretet ohne eine Einladung ein. Froh darüber, dass er da ist und sie sich nicht noch einmal vor seinen Privaträumen zusammenraffen muss, nur um schließlich doch zu entscheiden, zu gehen.
Aber jetzt ist sie hier. Und jetzt wird sie auch erst mal nicht gehen.
Snape schließt die Tür hinter sich und atmet tief durch ehe er sich zu ihr in den Sessel niederlässt. „Was ist?", knurrt er.
„Du sagtest in der großen Halle, dass du es vorziehst, uns zurückziehen.", beginnt Hermine mit nicht so fester Stimme wie sie eigentlich wollte. Der Blick auf Severus Gesichtszüge, die sich bei dem Gedanken leicht verdunkeln, versucht sie dabei zu ignorieren. Auch, wenn sie sich genauso fühlt, wie er aussieht.
„Ja und? Dir ging es anscheinend nicht anderes. Oder warum hattest du kein Hunger? Du hättest auch mitkommen können."
„Sicher, dass du das wirklich willst?", fragt Hermine skeptisch bei der Erinnerung daran, wie erbost er gewesen war und wie peinlich es gewesen wäre, ihm vor allen hinterherzurennen.
„Was willst du?"
„Mit dir reden. Morgen wird der Tagesprophet voll davon sein. Wir sollten vielleicht irgendetwas unternehmen. Denn ich habe wirklich keine Lust jeden Blick auf mir zu spüren."
„Man muss sich daran gewöhnen.", sagt er schulterzuckend.
„Haha, ja ist klar. Tu nicht so, als würde dich das nicht behagen. Weshalb bist du sonst gegangen?", entgegnet sie und sagt bei seinem warnenden Blick lieber nichts mehr. Es ist nicht von Vorteil Snape zu provozieren und das weiß sie.
„Außerdem können wir auch zu dem eigentlichen Grund meines Besuchs kommen."
„Und der wäre?"
„Das Armband."
„Ach ja.", sagt er und seine Miene verfinstert sich noch mehr. „Zeig es her."
Hermine überlegt kurz, schaut in sein Gesicht um nach einer Bestätigung zu suchen und holt es dann hervor. Zögerlich zieht sie es in der Hand und wiegt es einige Momente darin. Snape sieht sie nun fragend an und so hält sie ihre Hände ein Stück näher zu ihm. Er beugt sich vor, setzt zu sprechen an und kommt mit der Hand dem Schmuckstück immer näher. Aus einem Reflex heraus zieht sie ihre Hand wieder zurück und holt sich dafür ein Schmunzeln von Severus ein. „Keine Angst, ich werde nicht den Fehler machen wie Prof. Nolan." Mit seinen dunklen Augen sieht er sie dabei tief an und Hermine streckt ihm wieder die Hände entgegen.
„Ein schönes Schmuckstück.", sagt er nur ernst und blickt dann wieder auf. „Wo befindet sich die Initiale, von der Nolan mir erzählt hat?"
Wortlos dreht Hermine das Band und beobachtet dabei jeden Winkel seiner Gesichtszüge, um irgendetwas entdecken zu können. Doch da ist nichts. Auch nicht als er das ‚L' sieht und mit den Schultern zuckt. Sie meint wenige Sekunden lang einen Ausdruck von Erkennen in seinen Zügen zu sehen, aber sie ist sich nicht sicher, ob ihr Gehirn ihr nur einen Streich spielt. Außerdem ist es so schnell vorbei, sodass sie denkt, es sei nur Einbildung.
Snape gibt brummende Ausdrücke von sich und entfernt sich dann wieder. Einige Momente bleibt er dort stehen, rührt sich nicht und betrachtet Hermine und das Armband immer abwechselnd. Sie will gerade Fragen was mit ihm los sei, da setzt er sich in Bewegung und bedeutet ihr mit einer Handbewegung, sitzen zu bleiben und zu warten. Er selbst verlässt den Raum und geht anschließend durch die Verbindungstür in seinen Klassenraum, um dort vermutlich zum Vorratsschrank zu gehen.
Kurze Zeit später kommt er wieder mit einer silbernen Schüssel unter dem Arm und zwei Phiolen in der Hand, deren Inhalt Hermine nicht kennt. Die Eine ist in einem zarten Rot und eher dickflüssig. Zuerst denkt sie an einen speziellen Stärkungstrank, aber das kann nicht sein.
In der anderen Phiole befindet sich ein gelb- grünerlicher Trank, der sehr flüssig ist. Würde Hermine es nicht besser wissen, würde sie meinen, es sei flüssiger als Wasser.
Schweigend stellt er es vor ihr ab, nimmt den dickflüssigen Trank und gießt ihn hinein, nachdem er die Schüssel gereinigt hat. Danach schießt ein Schwall Wasser aus seinem Zauberstab und füllt die Wanne. Die Flüssigkeit behält trotz der Verdünnung die rote Farbe bei.
Nachdem Severus den Zauberstab mehrmals in bestimmte Richtungen gedreht hat, stoppt er.
„Was ist das?", fragt Hermine, die in bewundert beobachtet.
„Die kleine Miss-know-it-all weiß mal etwas nicht? Welch Überraschung.", gibt er sarkastisch zurück und Hermine verdreht die Augen. Typisch Snape, schnippisch wie immer.
„Nein, das weiß ich tatsächlich nicht.", gesteht sie und er zieht seine berühmte Augenbraue hoch und wird ein Stück sanfter. „Es handelt sich um schwarze Magie bei dem Armband. Dann sollte man dagegen ebenfalls dunkle Magie anwenden.", sagt er und bekommt dafür von Hermine einen heruntergeklappten Kiefer vor Erstaunen. Er schmunzelt leicht, amüsiert sich über ihre Reaktion.
„Und jetzt komm.", sagt er, während er den anderen Trank hinzugibt und sich das Ganze aus einen, für Hermine unerklärlichen Grund, dunkelgrün färbt.
„Bist du taub geworden?", schnauzt er sie wieder kalt an und Hermine zuckt zusammen. Fragend nimmt sie das Armband und tritt neben Severus, nur um ihn nochmals fragend anzublicken.
„Da du der rechtmäßige Besitzer bist, benötigen wir fünf Tropfen deines unschuldigen Blutes.", zischt er zur Erklärung und Hermine läuft ein Schauder den Rücken herunter.
Wie festgewurzelt starrt sie ihn an, er seufzt und nimmt ihre freie Hand in seine Warme. Ohne dass Hermine weiß wie ihr geschieht, zückt Snape bereits ein Messer und ritzt ihr erbarmungslos in die Handfläche. Vor Schmerz und Überraschung zieht sie sie zurück, doch Severus hält sie und drückt sie am Handgelenk zu sich. Während sie sich wieder beruhigt, streicht er sanft mit dem Daumen über den Handrücken und greift mit dem anderen nach einer Phiole um exakt fünf Tropfen des roten Blutes aufzusammeln. Anschließend zückt er seinen Zauberstab, hält ihn an die Wunde und verschließt sie. Wohlig atmet Hermine aus und blickt ihn an. Sein Daumen liegt immer noch auf ihrer Hand und sanft löst er sich schließlich von ihr. Immer noch perplex und unfähig, irgendetwas zu tun, starrt sie ihre Hand an und kann sie nicht mehr von der Stelle nehmen.
Severus, der das bemerkt, schiebt sie sachte aber bestimmt zur Seite und lässt ihr Blut in die Schüssel laufen. Als das letzte bisschen sich darin befindet, beginnt die Farbe sich erneut zu ändern und wird zu einem hellen grün, das an Gift erinnert. Nicht nur das verändert sich.
Plötzlich kann man durchsehen und hat das Gefühl, als würde man durch grün getöntes Glas schauen. Überrascht über die Veränderung gewinnt sie wieder die Kontrolle zurück und bewegt sich ein Stückchen weg von Severus, der immer noch leicht über sie gelehnt steht.
Er jedoch denkt gar nicht daran und fasst sie erneut am Handgelenk. „Tauche das Armband hinein und berühre zehn Sekunden lang damit die Flüssigkeit und ziehe dann die Hand wieder heraus und lass es dort liegen. Verstanden? Nicht früher und nicht später.", sagt er ruhig und Hermine nickt.
„Jetzt", befiehlt er und sie tut wie ihr geheißen. Das Schmuckstück fest umschlossen in der Hand, taucht sie es ein und verzieht augenblicklich das Gesicht. Der Schmerz, der durch ihren Körper zuckt, ist enorm. Der schwarzmagische Gegenstand in ihren Händen brennt sich nun selbst in sie hinein. Zumindest hat sie das Gefühl, obwohl es sich schlimmer als eine Verbrennung anfühlt. Sie will ihre Hand herausziehen, weil sie fürchtet so zu enden wie Nolan oder noch schlimmer. Gar nicht auszudenken.
Ruckartig will sie die Hand wegziehen und wird plötzlich aufgehalten. Severus' Hand liegt auf ihrem Arm oberhalb des Wasser und hält sie mit Gewalt unter Wasser. Hermine will das Schmuckstück loslassen, Tränen bilden sich in ihren Augen. Doch Severus' Blick sagt etwas anders und so schließt sie die Augen schmerzverzerrt. Sie wird den Anblick nicht ertragen können, wird ihr bewusst. Was passiert da nur in dieser seltsamen Flüssigkeit? Sie konnte keine Wunde an ihrer Hand entstehen sehen, dennoch tut es höllisch weh.
Als sie gerade den Mund aufmacht um zu schreien und sich noch mehr gegen die Kraft ihres Lehrers zu wehren, zieht er sie auch schon mit Schwung heraus und Hermine lässt im gleichen Augenblick das Armband los. Es entgleitet ihr, ebenso wie die Flüssigkeit.
Mit aufgerissenen Augen schaut sie auf ihre Hand, die immer noch vor Schmerz pocht und zuckt. Es wird milder, tut aber immer noch weh. Glücklicherweise ist sie ansonsten unbeschädigt, kein Zeichen darauf zu schließen, dass etwas nicht mit ihr stimmt. Außer des Schmerz natürlich.
Snape hat immer noch seine Hand an ihrem Arm und beruhigt sie damit. Er spürt, wie sie gleichmäßiger atmet und widmet sich selbst dem Gebräu vor ihm. Es beginnt zu zischen und zu brodeln, doch sonst passiert nichts weiter.
„Pscht.", haucht er und streicht ihr sanft die Arme entlang.

Sie stehen etwa zehn Minuten dort, bis der Inhalt der Schüssel vor ihnen Ruhe gibt und goldene Faden sich davon lösen und über es schweben. Fasziniert betrachten beide das Schauspiel, als die Fäden sich zusammenfügen und ein Name entsteht:

‚Lucius Malfoy'

Hermine starrt Severus erstaunt an und dieser nickt nur. So, als hätte er dieses Ergebnis schon erwartet. In ihrem Kopf hingegen rattert es und sie fürchtet fast, er könnte das hören. Was natürlich vollkommener Quatsch ist.
Aber in ihrem Kopf ist gerade generell nicht viel Brauchbares.
Lucius Malfoy.
Was zum...
Warum sollte er...
Hermine versteht gar nichts mehr und schaut Snape nur an. Dieser bemerkt den Blick und setzt zu einer Antwort an: „Es gibt nicht sonderlich viele Zauberer, die in der Lage sind so etwas zu... erschaffen. Bei dem ‚L' hatte ich schon die Vermutung, dass er dahinter stecken könnte."
„Aber... Warum?"
„Das weiß ich nicht. Vielleicht hat er dich bei der Einteilung des Ministeriums bekommen.", sagt er und grinst bei dem Gedanken, dass sein Freund die gleiche Frau abbekommen sollte.
„Aber warum sollte er mir so etwas schenken?"
„Er ist ein Gentleman. Zudem sehr besitzergreifend. Keine gute Kombination bei Männer wie ihm.", sagt er und sie bekommt erneut Gänsehaut. ‚Männer wie ihm'... Es beunruhigt sie.
„Oder es ist Rache...", äußert sie ihre Vermutung, doch er schüttelt nur den Kopf. „Das sieht ihm nicht ähnlich. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber er hat Voldemort gehasst. Voldemort hat sein Leben ebenso zerstört wie meins.", sagt er bitter und mit einer Zornesfalte bei dem Gedanken.
„Er wird sich nicht rächen wollen, dazu ist er viel zu froh über Riddel's Tod."
Hermine nickt langsam, als sie über seine Worte nachdenkt. Ja, die Malfoys waren am Ende doch nicht so treue Diener wie gedacht. Narzissa hat ihn verraten, als sie Harrys Tod fälschlicherweise bestätigte, ebenso wie Draco. Damit haben sie sich selbst die Haut gerettet, auch für ihren Ehemann Lucius. Ein Wunder, dass niemand von ihnen nach Azkaban musste. Dabei ist Hermine der Meinung, dass diese gute Tat alle anderen nicht wett machen kann. Am liebsten würde sie die Malfoys nie wieder sehen. Sollen sie doch in Azkaban verenden! Leider hat Malfoy Senior wohl viel Geld springen lassen für seine Freiheit und seine bedauerlicherweise sehr guten Kontakte spielen lassen.
Hermine war sauer, als sie davon erfuhr. So wütend, dass ihr der Selbstmord von Narzissa Malfoy einige Wochen danach vollkommen egal war.
Apropos Selbstmord. Das heißt ja, dass Lucius momentan ledig ist und die Sache mit dem Heiratsgesetz sogar Sinn ergibt. Was wenn er wirklich...
Hermine kann es sich gar nicht ausmalen. Sie und Malfoy...
Bei Merlin.
Das würde sie sicher nicht ertragen.
„Warum hat Connor nur die Briefe verbrannt...", murmelt sie bitter. „Dann wüssten wir es sicher, falls einer von ihm dabei war."
Severus nickt langsam. „Ich werde Connor dafür umbringen.", pflichtet er bei und Hermine hat dagegen ausnahmsweise nichts einzuwenden.
„Ich werde mich mit Lucius darüber unterhalten."
Mit schreckgeweiteten Augen starrt Hermine ihn an, kann kaum glauben was er da sagt.
„Wir sind so etwas wie... Freunde. Auch noch nach dem Krieg.", sagt er und Hermine nickt nur. Ja, sie hat Snape früher öfters mit Malfoy gesehen. Außerdem ist er der Patenonkel von Draco, somit müssen die beiden eigentlich ein gutes Verhältnis haben. Wenn man von einem ‚guten Verhältnis' in Verbindung mit Snape sprechen kann.
„Hältst du das für eine gute Idee?", fragt sie mit leiser Stimme und Severus nickt nur. „Ein Versuch ist es wert.", sagt er und beeindruckt damit Hermine. Er möchte wirklich mit Lucius Malfoy reden... wegen ihr. Das ist wirklich... nett von ihm.
„Snape und nett. Kann mich bitte jemand ins St. Mungos bringen?", sagt sie zu sich selbst und bemerkt gar nicht, dass sie es laut ausgesprochen hat. Als die Erkenntnis durchsickert schlägt sie die Hand vor den Mund und fängt sich nur den skeptischen Augenbraue-hochzieh-Blick ein.
„Ich denke, man sollte dich wirklich ins St. Mungos bringen. Die Krankenstation hat all die Jahre nicht viel genützt.", erwidert er sarkastisch mit einem hämischen Grinsen auf den Lippen.
„Tut mir leid...", beginnt Hermine, doch Snape hebt die Hand um ihr zu bedeuten, ruhig zu sein.
Mit einem leichten Kopfschütteln lässt er Hermine los und blickt weiter in die Schüssel, ignoriert ihren Kommentar weiter.
„Nimm das Armband heraus. Wir werden es mitnehmen, wenn wir zu ihm gehen."
„Wir?", fragt Hermine und ihr verlegenes Lächeln erstirbt augenblicklich.

Sevmine - Die Zeit danach ist auch nicht besser... oder doch?Where stories live. Discover now