See

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„Was war denn mit dem los?", fragt Maurice gehetzt als sie aus dem Kerker laufen. „Er ist schlecht gelaunt. Auch ihn betrifft das Gesetz."
„Aber... kann es sein, dass er die ganze Zeit schlecht drauf ist?"
„So ziemlich, ja.", sagt sie als sie die große Halle erreichen.
„Warum wolltest du eigentlich unbedingt zu ihm?"
„Vielleicht weil er die ersten Stunden des Tages unterrichtet, schon mal daran gedacht?", erwidert sie genervt.
„Trotzdem. Eine Ablenkung war das jetzt nicht unbedingt."
„Wenn du meinst."
„Sind die anderen Lehrer auch so?", fragt er weiter. Mittlerweile schlagen die beiden den Weg zum Gryffindor- Turm ein. Was sollen sie auch anderes tun? Den Unterricht von Snape will sich keiner mehr antun, der Professor selbst ebenfalls nicht. In den nächsten Doppelstunden haben sie Verwandlung bei McGonagall. Vielleicht wird es dort besser. Aber bei dem Gedanken daran, wie hibbelig und traurig sie in der großen Halle war, würde es Hermine nur noch weiter runter ziehen.
Was ein verfluchter Tag!
Maurice scheint auf eine Antwort von Hermine zu warten. Als sie nicht antwortet wiederholt er seine Frage: „Hey, Hermine. Alles gut bei dir? Ich habe gefragt, ob die anderen Professoren wie Snape sind?"
Hermine hingegen seufzt und macht vor ihm kehrt, sodass er fast in sie läuft.
„Nein, sie sind nicht so. Lass uns was anderes machen, ich glaube das mit dem Unterricht war eine schlechte Idee."
Maurice nickt langsam. „Das halte ich auch für besser. Bisher mag ich die Lehrer, die ich kennengelernt habe nicht."
„Maurice, den einzigen, den du kennen gelernt hast, ist Snape! Und den kann kaum einer leiden!", entgegnet sie genervt und geht weiter. Nach draußen zum See, den sie am Vortag ihrem neuen Freund gezeigt hat. Sie braucht Ruhe und muss nachdenken und das scheint der perfekte Ort dafür zu sein. Den Anblick auf die anderen, niedergeschlagenen Schüler kann sie nicht mehr ertragen. Hermine muss hier raus, sofort.
„Aber er hat mich doch wirklich auf dem Kicker!", beteuert Maurice.
„Das hatte er auf Harry, Ron und mich auch und am Ende hat sich herausgestellt, dass er uns mehr als einmal das Leben gerettet hat."
„Ach, will er damit auch mein Leben retten oder was? Wie denn? Damals befandet ihr euch im Krieg.", keucht er nun hinter ihr. Als sie den Raum verlassen habeen, hat er die Bücher von beiden auf den Arm genommen, die ihn nun am Laufen hindern.
„Das sind wir jetzt auch. Gegen das Ministerium."
„Wir können aber nichts dagegen tun!", sagt er und Hermine muss zugeben, dass sie ihm zustimmt. Er hat recht, was sollen sie schon dagegen tun können? Sie können nicht wie bei Voldemort gegen sie kämpfen. Sie müssen es wenn dann anders tun.
WIE, ist ihr allerdings nicht klar.
Sie schweigt und atmet erleichtert aus beim Ausgang. Die Sonnenstrahlen fallen auf sie herab und sie genießt es einen Augenblick lang.
„Ich muss nachdenken.", sagt sie schließlich und läuft weiter, Maurice bringt keinen Ton mehr heraus.

Als sie am See ankommen sieht Hermine sich den ruhigen, schülerlosen Ort an. Ja, das ist jetzt genau das Richtige. Sie lässt sich am Ufer nieder und blickt auf die blaue Farbe des Sees.
Neben ihr ertönt ein Plumpsen und Maurice geriet wieder in ihr Blickfeld. Anstatt das Wasser anzuschauen, bleibt sein Blick in ihren Augen hängen.
Dann legt er sich langsam zurück ins Gras und verschränkt die Arme hinter dem Kopf um sich ein Kissen zu machen. Erst möchte sie sich auch zurücklehnen, sich von der Sonne bescheinen lassen und nicht mehr daran denken. Doch beim Blick auf die harte Wiese, aus der ab und zu Erde zu sehen ist, überlegt sie es sich anders und zieht ihre Beine zu sich. Eng von sich selbst umschlungen sitzt sie nun dort.
Einige schweigende Minuten vergehen. Hermine schließt die Augen, versucht ihre Gedanken zu ordnen. Als sie sie wieder öffnet sieht sie wieder den See vor sich. Mit einem kleinen Lächeln denkt sie an die Zeit beim Trimagischen Tunier, als sie sich dort unten befand und Victor sie befreite.
Der Gedanke an Victor muntert sie auf.
Eigentlich schade, dass er bereits eine Freundin hat. Er wird sich sicherlich schon beim Ministerium gemeldet haben. Schließlich lebt er nun auch in England, nah an der Grenze. Sie hat ihm damals noch ein paar mal geschrieben und er ihr, doch sie haben sich nicht mehr gesehen und irgendwann hörte das Schreiben auf.
Sein Gesicht taucht vor ihrem inneren Auge auf. Szenen, als er mit ihr tanzte.
Ja, sie vermisst ihn. Vielleicht ist sie sogar ein wenig eifersüchtig auf Victors Freundin. Milena, heißt sie. Victor hatte ihr mal von ihr berichtet. Sie war seine beste Freundin und nun ist sie seine feste Freundin, bald seine Ehefrau.
Schade, dass Hermine es nicht sein kann. Sie hat wirklich etwas für ihn empfunden. Jahre später hat sie es mit dem Gedanken an eine junge Liebe mit 14 abgetan und wollte ihn somit vergessen. Es ist ihr recht gut gelungen, doch nun kommt er immer mehr zurück in ihr Bewusstsein.
Sie seufzt. Er wäre eventuell noch infrage gekommen. Freundlich, aufrichtig und ehrlich. Wird sie jemals wieder so jemanden finden? Ihr tatsächlicher Mann wird wohl nicht so sein...
Denn sie kennt niemanden außer Victor und Harry, die genauso sind. Und Harry ist eindeutig ihr Bruder. Sie kann sich nicht vorstellen, mit ihm... diese Sachen zu machen.
Eine Ehe würde ihre Freundschaft vermutlich nur zerstören.
Bei Ron sieht es da nicht anders aus. Mit dem Unterschied, dass er nicht aufrichtig und ernst ist. Er ist zwar ehrlich, aber das auf eine ganz andere Art. Sie mag ihn, ja. Sie mag auch seine Art, wenn er sich aufregt, seinen schlechten Geschmack, seine Faulheit und Dummheit. Aber sie könnte niemals mit ihm zusammen sein. Da müsste sie schon arg verzweifelt sein...
Er wird ihre letzte Wahl sein.
Das wären dann eigentlich schon alle potenziellen Ehemänner für sie. McLaggen, der sie auf dem Ball von Slughorn nicht mehr in Ruhe lassen konnte und sich ihr aufgedrängt hat, schließt sie von Anfang an aus. Sie befand sich damals auf der Flucht vor ihm, fühlte sich nicht wohl bei ihm. Außerdem ist sie damals nur mit ihm dorthin gegangen, damit sie Ron eins auswischen konnte. Damals dachte sie, dass es tatsächlich Liebe zwischen ihr und Ronald ist. Doch dem ist nicht so.
Sie denkt weiter nach. Welche Jungen fand sie in ihrer Schullaufbahn denn noch... anziehend. Etliche Gesichter tauchen vor ihr auf. Die meisten aus ihrer Jahrgangsstufe. Ja, sogar Draco! Draco der Ekel...
Egal wer ihn bekommt, sie tut Hermine schon jetzt leid.
Auch Neville, ja sogar Neville taucht vor ihr auf. Er ist zwar am Ende der Schlacht ein Held gewesen, da er Nagini tötete, doch sie würde bei ihm verrückt werden. Genauso wie bei Ron, nur noch schlimmer. Neville ist so... ungeschickt und unbegabt was vieles angeht. Nett, ja, aber sie braucht jemanden, mit dem sie sich auf einer Wellenlänge befindet. Jemanden, mit dem sie diskutieren kann und auf dem gleichen Niveau wie sie ist. Sie will damit nicht sagen, dass Neville dumm ist. Aber er ist einfach nicht so, wie sie sich ihren zukünftigen Mann vorstellt. Genauso wenig wie die anderen, die sie aufgezählt hat.
Hermine kaut auf ihrer Lippe. In was für eine Zwickmühle ist sie da nur geraten? Gibt es denn keinen Mann, der zu ihr passen könnte?
Vor ihr meint sie einen Schatten zu sehen, etwas dunkles. Eine Gestalt mit blassem Gesicht. Zuerst dreht sie sich um, um danach zu sehen. Als sie nichts erkennt meint sie, es sei nur Einbildung gewesen.
Aber wenn das der Fall ist, was sie stark vermutet, was will ihr ihr Unterbewusstsein dann damit sagen?
Sie schüttelt den Kopf, wirft das Bild der dunklen Person beiseite und wiegt weitere Möglichkeiten ab.
Schließlich stellt sie fest, dass es keine weiteren Möglichkeiten gibt.
Es gibt niemanden, den sie wollen würde. Und es gibt vermutlich auch niemanden, der sie haben wollen würde.
Warum muss das nur immer so kompliziert sein? Drei Tage... Wie soll sie sich nach drei Tagen sicher sein? Wenn sie doch noch nicht einmal eine Vorstellung von jemandem hat? Sie wird in den nächsten Tagen die Augen offen halten, in der Hoffnung jemanden zu erkennen, den sie bisher übersehen hat.
Denn wenn sie keinen finden würde, dann müsste sie die Entscheidung dem Ministerium überlassen. Immerhin würden die ihr jemanden suchen, der zu ihr passt. Zumindest soll das der Zauber versprechen.
Vielleicht wird es nicht so schlimm werden, wie sie es sich vorstellt. Es gibt so viele Zauberer im Land, von denen sie noch nicht einmal gehört hat. Wer weiß, vielleicht gibt es doch jemanden darunter, der zu ihr passt und so ist wie sie?
Es könnte sogar die bessere Entscheidung sein diese Wahl dem Ministerium zu überlassen. Was bringt es schließlich unter größtem Zeitdruck den Bestmöglichen zu suchen und dann doch den Erstbesten zu nehmen? Was, wenn sie sich für jemanden entscheidet und es später bitter bereut?
Beim Ministerium wäre sie sicherlich auch nicht happy, aber sie würde sich dann sicher keine Vorwürfe machen. Außerdem passt diese Person dann wahrscheinlich recht gut zu ihr. Etwas, dass sie nach drei Tagen nicht feststellen könnte. Wenn sie ihre Entscheidung abgeben würde... wäre es dann besser für sie?
Sie weiß es nicht.
Und wenn nicht, bereut sie es dann hinterher sich nicht selbst jemanden ausgesucht zu haben?

Aber was wäre, wenn die Person, die ihr zugeteilt wird, jemand anderes bekommt? Schließlich kann zu ihm jemand anderes mehr passen als zu ihr. Nur weil diese Person dann am meisten zu ihr passt, heißt das schließlich noch lange nicht, dass es umgekehrt auch so ist.
Was ist also, wenn sie niemanden bekommt?
Dann hätte sie insgesamt ein Jahr Zeit um sich zu entscheiden und aus den Restlichen einen auszuwählen. Sie hätte viel mehr Zeit und könnte die Personen viel eher kennenlernen als nach drei Tagen.
Hermine überlegt weiter und kommt zu dem Entschluss zu warten und zu hoffen, dass es bei der zugeteilten Person vom Ministerium keine Übereinstimmung gibt. Damit sie dann ein Jahr Zeit hat um sich selbst zu entscheiden.
Ja, so wird sie es machen. Warten und hoffen. Etwas anderes bleibt ihr nicht übrig.
Außer vielleicht die Augen offen zu halten...man weiß ja nie.

„Hermine?", reißt sie die hohe Stimme im sorgenvollen Ton aus ihren Gedanken. Langsam neigt sie den Kopf zur Seite und sieht ihn fragend an. Maurice hat sich mittlerweile aufgesetzt und sein Blick ist genauso sorgenvoll wie sich seine Stimme anhört.
„Ich habe dich etwas gefragt.", sagt er nun enttäuscht, so als wäre es ihm wirklich wichtig gewesen. Er senkt den Kopf zu der Wiese hin und wagt nicht mehr ihr in die Augen zu schauen.
Sanft zieht sie ihn am Arm ein wenig hoch, sodass er sie nun doch anblickt.
„Ich habe nicht zugehört, tut mir leid. Würdest du deine Worte bitte nochmal wiederholen?", fragt sie ruhig. Die Gedanken haben sie abreagieren lassen, auch wenn es keine schönen gewesen sind.
Maurice schluchzt leise, bevor er zu sprechen ansetzt. Diesmal mit zitternder Stimme:
„Ist es nicht möglich, dass wir... also ähm...", er unterbricht sich, streicht sich eine Locke aus dem Gesicht und wirkt dabei irgendwie, auf eine ganz verdrehte Art, süß.
„Also, ich ähmm... was ist, wenn wir... heiraten würden...", fragt er und seine Stimme wird dabei immer leiser, sodass Hermine sich nach vorne lehnen muss, um etwas zu verstehen.
Doch als sie es hört werden ihre Augen groß. Er hat wohl auch an das Gesetz gedacht.
Maurice.
Als er gestern beim Fest zu ihr kam, sie anlächelte und sogar gesagt hat, sie sähe freundlich aus... Dass er sie die ganzen letzten Tagen begleitet hat, bei dem Gespräch mit Snape gehorcht hat und sogar wegen ihr in dessen Unterricht gegangen ist...
Warum ist ihr das nicht aufgefallen?
‚Vielleicht weil du ihn erst seit zwei Tagen kennst, du Dummkopf!', meldet sich eine Stimme in ihr zu Wort.
Hermine atmet tief durch.
Hat dieser Junge, dieser Junge, den sie erst seit zwei Tagen kennt, ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht?
Ist er denn vollkommen übergeschnappt?!?
Klar, die Zeit drängt. Aber Maurice ist ihr bei ihren Gedanken überhaupt nicht in den Sinn gekommen! Und er wird es auch nicht.

Hermine schaut ihn starr an, kann den Blick nicht von ihm wenden, geschweige denn sich bewegen. Sie sitzt einfach nur da, angespannt und überrascht.
Maurice sitzt vor ihr, scheint auf eine richtige Reaktion zu warten. Doch ihr Stillbleiben scheint ihm eine Art Bestätigung zu geben, denn er fasst erneut allen Mut zusammen. Er streckt sich zu ihr hoch, kommt näher zu ihr.
Sie ahnt schon was er vorhat, kann sich dennoch nicht rühren,
Sein Atem lässt ihr die Nackenhaare aufstellen und eine Gänsehaut geht durch sie. Er scheint das als positive Reaktion einzuordnen, denn er macht weiter mit seinem Vorhaben. Hermine jedoch fühlt sich unwohl, möchte weg von hier.
Doch als sie gerade wieder einen klaren Gedanken fassen will und sich von ihm lösen möchte, ist es schon zu spät.
Warme Lippen prallen sanft auf ihre. Es ist zart, aber es gefällt ihr nicht. Maurice legt den Kopf schief und möchte sich abstützen um eine bequemere Position zu haben.
In den Sekunden kommt Hermine wieder zu sich und Panik breitet sich in ihr aus. Vorsichtig, um ihn nicht zu verletzen, und bestimmt neigt sie ihren Kopf nach hinten. Die Lippen lösen sich voneinander, doch Maurice möchte mit ihr gehen und lehnt sich ebenfalls ein Stück zurück. Damit lässt er Hermine keine andere Wahl und sie dreht den Kopf.
Als er das merkt verharrt er kurz an der Stelle, ehe er sich enttäuscht und mit hängendem Blick zurückzieht. Er geht zurück und Hermine bringt mehr Abstand zwischen ihnen. Damit möchte sie ihn nicht verletzen, doch das hat sie sowieso schon mit ihrer Abweisung.
Nervös sieht sie ihn an, möchte seinen Kopf heben um in seine Augen zu sehen. Sie überlegt es sich kurz davor anders und senkt ebenfalls den Kopf.

„Maurice, ich, das...", sie unterbricht sich mit ebenso zitternder Stimme wie er davor. „Du bist muggelgeboren und ich bin muggelgeboren... das... kann nicht funktionieren. Wir werden bald verheiratet sein. Mit anderen Partnern. Es geht nicht, es wäre nicht möglich...", sucht sie verzweifelt nach Worten und legt ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter.
Sie blickt wieder auf den See, sucht nach einer besseren Begründung. Sie kann ihm ja auch nicht einfach so ins Gesicht sagen, dass sie nichts für ihn empfindet.
Hermine erstarrt plötzlich wieder, als sie den Blick von der Ferne lösen will. Im Wasser erkennt sie eine Spiegelung von jemandem, den sie erst vor kurzer Zeit gesehen hat.
Instinktiv möchte sie die Hand von Maurice's Schulter nehmen. Das bemerkt nun auch die Person hinter ihr und weiß, dass ihre Deckung aufgeflogen ist.
Die Gestalt bleibt ruhig, setzt nun jedoch zum Sprechen an:
„In der Tat würde eine Beziehung zwischen Ihnen nicht funktionieren und darf nicht sein.", sagt sie mit harter, kalter Stimme, sodass Maurice vor Schreck zusammenzuckt.




Hey, ich dachte mir einfach mal: Ich fühl mich gut, *Boom in your Gesicht mit dem Kapi* - okay, ich bin vielleicht ein wenig übermotiviert heute... Lasst doch bitte ein Feedback oder sowas da.

LG Nele

Sevmine - Die Zeit danach ist auch nicht besser... oder doch?Where stories live. Discover now