Briefe

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„Und schon ist er wieder weg.", sage ich nachdenklich.
„Severus wie er leibt und lebt. Nun, ich muss mich auch noch beeilen. Ich habe einen wichtigen Termin, den ich nicht verpassen darf."
„In Ordnung. Bis bald Minerva."
„Bis bald Hermine, pass auf dich auf."
Hermine nickt und schon ist ihre Freundin verschwunden. Um was für einen Termin es sich wohl handelt?



Am nächsten Morgen streckt sie sich in ihrem roten Himmelbett, schlüpft unter die Dusche und zieht sich ihre Schulkleidung an. Heute ist der erste Schultag. Nach über einem Jahr. Es wird alles wieder normal werden, wenn man nach dieser Zeit noch von 'normal' reden kann.
Sie freut sich. Ja, Hermine möchte endlich wieder Unterricht haben. Es wird eine Abwechslung sein. Außerdem ist das letzte mal lange her gewesen... selbst Zaubertränke vermisst sie.
Das obwohl sie in diesem Unterricht keine Unterstützung von Harry und Ron bekommen wird. Dafür aber von jemand anderem...

Deshalb steht sie nun auch im Aufenthaltsraum um ihn auf dem Weg zum Speisesaal zu begleiten. Schließlich kennt er sich noch nicht so gut aus und würde eventuell den Weg nicht finden und sich verirren, wie es in den ersten Tagen auf Hogwarts auch bei ihr war. Zudem hat sie sonst niemanden mit dem sie frühstücken könnte. Außer Ginny natürlich und ihre Liebhaber. Bei den Gedanken an die Briefe, die sie unweigerlich an diesem Tag bekommen wird, dreht sich ihr der Magen um. Sie kann es einfach nicht mehr sehen und öffnet sie für gewöhnlich gar nicht erst. Es ist nicht so, als würde sie sie verbrennen wie die Briefe von früher nach Kimmkorn's unverschämten Berichten.
Hermine behält sie. Nicht alle, aber viele. Sie sollen ihr als Aufmunterung dienen, falls es ihr mal schlecht geht.
Natürlich bekommt sie manchmal auch negative Nachrichten, doch für diese ist der Kamin im Gryffindor-Turm doch gemacht, oder?

Als endlich immer mehr junge Gryffindors aus dem Jungenschlafsaal kommen, reckt sie den Hals um ihn zu entdecken.
Er sieht sie zuerst und kommt strahlend auf sie zu. „Morgen."
„Morgen."
„Sollen wir gehen?"
Hermine nickt und zusammen verlassen sie den Aufenthaltsraum um pünktlich zum Essen zu erscheinen. „Hast du dich eigentlich gut eingefunden?", fragt sie schließlich.
„Ja, ach. Es ist schon in Ordnung hier. Die Jungen in meinem Zimmer sind auch korrekt."
„Das freut mich."
„Ich habe auch schon mit Dean Thomas Freundschaft geschlossen."
Hermines Mundwinkel schießen nach oben. „Das freut mich. Dean ist wirklich nett. Wie ich hält er es für besser das Jahr zu wiederholen, zumal er letztes Jahr nicht da war."
„Hmm, stimmt."
„Hätte ich ihm gar nicht zugetraut. So viel Vernunft.", sagt sie als sie die große Halle betreten. Diese sieht aus wie immer, wie Hermine enttäuscht feststellen muss.
Erst überlegt sie sich an den neuen Tisch zu setzen, doch Maurice zieht sie mit sich zu dem Platz, an dem sie am Vortag saßen. Er lässt Hermine den Vortritt und schwingt dann selbst die Beine über die Bank.

06:54 Uhr. Sie haben noch etwa fünf Minuten Zeit. Während dem Warten wandert Hermines Blick nach oben zum Lehrertisch. Dort sticht ihr Minerva ins Auge, die ungeduldig hin und her rutscht. Ihr Blick ist auf die Schülerschar gerichtet, gleitet ungewöhnlich schnell über alle. Sie wirkt nervös, anders als gestern Abend.
Als sie dann auch noch die Hände verschränkt und auf den Tisch legt ist sich Hermine sicher: Irgendetwas stimmt nicht.
Sonst benimmt sich ihre Direktoren doch auch nicht so... seltsam.
Sie überlegt zu ihr zu gehen, zu fragen was denn los sein. Stattdessen folgt sie Minervas Blicken, die unbemerkt immer wieder nach oben gleiten. Doch dann bemerkt Minerva Hermines Beobachtung und schaut schnell auf ihren leeren Teller.

Was ist nur los mit ihr? Wenn McGonagell einem Blick eines Schülers ausweicht, dann muss wirklich etwas geschehen sein.
Könnte es mit dem Treffen zu tun haben, von dem sie erzählt hat? Bei näherer Betrachtung kann Hermine tiefe Augenringe bei ihr erkennen, ebenfalls untypisch. Sie muss eine schlaflose Nacht gehabt haben.

Als Maurice sie plötzlich leicht an der Schulter berührt zuckt sie instinktiv zusammen.
„Oh, entschuldige, ich wollte nicht..."
„Alles gut. Ich war nur in Gedanken versunken.", erklärt Hermine und entspannt sich wieder. Ihre Beine verschränkt sie dennoch unter dem Tisch und kaut wie so oft ihre Lippe wund.
Maurice nickt und fährt dann mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht fort: „Was war eigentlich? Du hast nicht einmal bemerkt wie sich die Tische mit Speisen gefüllt haben und hast einfach nur geradeaus geschaut."
„Tatsächlich?", fragt sie nervös. Und erst da sieht sie das angerichtete Mahl vor ihr. „Oh."
„Du warst wohl zieeemlich tief in Gedanken.", zieht er sie spielerisch auf.
Hermine verdreht daraufhin nur die Augen und nimmt sich ein Brötchen. Den Gedanken an die Nervosität und an das Unbehagen ihrer Schulleiteren verwirft sie vorübergehend.

Nachdem sie ein Brötchen mit Marmelade und Kürbissaft zu sich genommen hat, blickt sie nochmal an die Decke.
Die Eulenpost sollte eigentlich schon längst da sein...
Schließlich ist sie bereits fertig und sonst lassen die Eulen doch auch nicht so lange auf sich warten...
Doch dann, als sie die Augen gerade wieder von der Stelle nehmen will, passiert etwas.
Ungewöhnlich viele Eulen fliegen durch die Menge über die Köpfe hinweg. Überrascht zieht sie den Kopf ein, als eine mit Flugproblemen bei ihrem Tischnachbar landet.
Maurice schaut sie fragend an als er den Brief vom Bein löst. Er scheint keine Post erwartet zu haben.
Anders als Hermine. Es würde sie wundern, wenn sie keine bekäme.

Endlich landet auch eine Eule vor ihr mit einem ganzen Stapel an Briefen. Sie seufzt, gibt der Eule für ihre Dienste einen Eulenkeks und diese fliegt wieder davon. Hermine beachtet die Briefe ansonsten nicht weiter und steckt sie einfach in die Tasche für später.
„Willst du deine denn nicht lesen?", fragt Maurice überrascht.
„Doch, aber später. Du glaubst nicht wie viele Briefe ich in letzter Zeit bekomme..."
„Haha, also ich freue mich immer über Briefe.", lacht er und fährt sich mit der Hand durch die blonden Locken und verstrubbelt sie.
Hermine kann sich ein Lachen nicht verkneifen und greift dann erneut in ihre Tasche und holt den umbundenen Stapel wieder hervor. „Du kannst sie haben, wenn du möchtest."
Maurice's Augen strahlen. „Aber es sind deine Briefe."
„Ach, langsam reicht es mir."
„Hmm, okay. Wenn du meinst." Er greift zögernd danach und zieht sie zu sich heran. Er dreht die Briefe in seinen Fingern und möchte daraufhin seinen eigenen Brief als erstes öffnen, als er innehält. Seinen Brief hält er hoch, direkt an den obersten von Hermines Stapel.
Sie hingegen beachtet ihn nicht weiter und betrachtet die vielen Eulen, die im Begriff sind die große Halle zu verlassen.

„Hermine!"
„Was ist denn?", fragt sie genervt als sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm zuwendet.
„Wir haben ähnliche Briefe. Vom Ministerium!"
Hermine zuckt mit den Schultern. „Und, was soll seltsam daran sein? Ist nicht das erste Mal."
„Ja, für dich. Aber für viele ist es das erste Mal!", ruft er aus.
Hermine dreht sich daraufhin um und bemerkt auch auf vielen anderen Plätzen einen Brief mit dem Siegel des Ministeriums. Sie sieht neugierige Blicke der anderen auf den jeweiligen Briefen und schaut nun auf ihren eigenen. Mit feuchten Händen löst sie den Einzelnen vom Band und betrachtet den Umschlag.

Da bemerkt sie ein Schnauben vom Lehrertisch und sieht eine dunkle Gestalt hinter sich vorbeihuschen. Der dunkle Zaubertrankprofessor reißt die schwere Tür auf und eilt hindurch. Hinter ihm fällt sie laut ins Schloss und unangenehmes Schweigen herrscht nun. Was ist nur in ihn gefahren?
Hermine erinnert sich an den Brief, den er in seinen Händen gehalten hatte. Andere Schüler scheinen das auch bemerkt zu haben, denn sie beginnen nun auch ihre Briefe zu öffnen. Die jüngeren Schüler hingegen versuchen aufzustehen und sich hinter die Älteren zu stellen, um einen Blick auf das Geschriebene darin erhaschen zu können.
Mit ungutem Gefühl öffnet nun auch Hermine ihren Brief, streicht sich eine dicke, braune Strähne aus dem Gesicht, ehe sie zu lesen beginnt.

Sevmine - Die Zeit danach ist auch nicht besser... oder doch?Where stories live. Discover now