Chapter 84

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Zuhause angekommen, schnappe ich mir alle unsere Taschen und gehe mit Mira langsam zur Tür.
Mit dem Aufzug fahren wir hoch in unsere Wohnung. Mira verfrachte ich auf den Balkon und bringe ihr erstmal noch ein Glas Wasser, bevor ich die Wäsche mache und versuche, etwas halbwegs geniessbares zum Essen zu kochen. Da wir jetzt nicht wirklich viel hier haben gibt es Nudeln und plörrige Sosse.
Zwischendurch gehe ich kurz zu Mira raus und setze mich neben sie.
"Schatz, mir geht es soweit wirklich gut" lächelt sie und streicht mir durch die Haare.
"Ich werd dich jetzt trotzdem gesundpflegen. Du musst dich noch schonen und wir haben jetzt eh Zwangspause."
"Ich liebe dich."
Vorsichtig lege ich meine Lippen auf ihre, löse mich aber recht schnell wieder, da drinnen immer noch Essen kocht.
"Essen müsste gleich fertig sein" lächle ich.
"Jetzt lieb ich dich noch mehr."
"Hey, du kennst meine Kochkünste. Gleich willst du zurück ins Krankenhaus" lache ich.
"Ich lass mich trotzdem lieber von dir schlecht bekochen."
"Dann bekoch ich dich für den Rest unseres Lebens schlecht."
"Danke" flüstert sie noch.
Ich hauche ihr einen sanften Kuss auf die Schläfen und gehe dann wieder in die Küche. Dort schütte ich die Nudeln ab und mache dann alles auf die Teller.
"Hier hätten wir auch schon das bestellte schlechte Essen" schmunzle ich und stelle es draussen auf den Tisch.
Mira setzt sich auf ihren Platz und lächelt mich dankbar an.
Wir essen ruhig unsere Teller leer und dann räume ich ab.

Die Tage vergehen alle gleich. Ich helfe Mira, wo ich kann, koche und wasche. Mira geht brav zur Nachversorgung und inzwischen wurden auch die Fäden gezogen. Man sieht die Narben jetzt nur noch ganz leicht. Wir arbeiten Mails ab und haben auch ein bisschen was für die Hochzeit gemacht. Die wird, wie geplant, stattfinden. Mira lasse ich aber nicht aus den Augen. Ich habe immer noch Angst, dass sie psychisch einen Schaden davongetragen hat. Aber sie verhält sich komplett normal. Es kann natürlich auch sein, dass sie nur so tut, weil es leichter ist. Ach man, sie lacht, sie redet, sie isst. Warum kann ich nicht einmal auch entspannen?
"Schatz, kann ich mal kurz mit dir reden?" steht Mira plötzlich im Türrahmen zum Bad, während ich vor dem Spiegel stehe und mich rasiere.
"Ich komme gleich. Wasch mich nur schnell ab" lächle ich und wasche den Schaum aus meinem Gesicht.
Auf dem Weg nach draussen ziehe ich mir noch schnell ein Shirt über, bevor ich mich zu Mira auf die Sonneninsel setze.
"Rede" fordert sie mich auf.
"Was?"
"Du sollst reden."
"Worüber?" lache ich leicht.
"Wincent, ich sehe, dass du gerade viel in dich hinein frisst. Bitte rede mit mir."
"Schatz, mir geht es gut. Du bist hier diejenige, die verletzt wurde."
"Und genau das ist es, was dich belastet. Mir geht es aber soweit gut. Ich hab jetzt eine Narbe mehr und die Hämatome sind auch verschwunden. Jetzt rede du bitte mit mir. Es macht dir sichtlich zu schaffen, dass so etwas genau dann passiert ist, wo auch du auf der Bühne standest. Es hat viele deiner Fans getroffen, aber soweit geht es ihnen gut."
"Das ist es doch gar nicht... Also doch, aber auch nein. Ach scheisse man!"
"Hey" spricht Mira mir ruhig zu und zieht mich in ihre Arme.
Sie lehnt sich weiter zurück und so liegen wir jetzt einfach da. Ich in ihrem Arm.
"Natürlich fühle ich mich schlecht, wegen den verletzten Fans, aber... verdammt, dir hätte noch schlimmeres passieren können. Wer weiss, wenn du na genug da dran gestanden hättest..."
"Wincent, so ist es aber nicht gekommen. Mir geht es sowohl physisch, als auch psychisch gut. Ich sag nicht, dass nicht hätte mehr passieren können, aber es ist nicht mehr passiert. Jeder, der da war, ist zuhause und bekommt psychische Betreuung. Es ist ein grosser Schreck gewesen. Somit hat wer auch immer geschafft, was er wollte. Wir wissen noch nicht, wer es war, aber das wird gerade ermittelt. Ab nächster Woche gehen die Festivals wieder los. Mit doppelt verstärkten Sicherheitsmassnahmen. Wir müssen auch weitermachen. Sonst hat derjenige nämlich alles geschafft."
"Wenn dir aber mehr passiert wäre... Ich hätte nicht gewusst, wie ich weitermachen soll. Ohne dich kann ich doch gar nicht mehr."
"Denk da doch gar nicht erst dran. Ich bin hier und es geht mir gut. Allen anderen wird es auch wieder gut gehen. Mich wirst du nicht los."
Ich kuschle mich fest an sie heran und geniesse ihr Kraulen an meinem Hinterkopf. Bei ihr muss ich einfach nicht den starken Mann machen. Na klar würde ich den immer für Mira machen. Wenn sie mich braucht, bin ich da, aber ich kann bei ihr einfach auch abschalten. Wahrscheinlich sogar noch besser, als vor nun fast zwei Jahren.
"Ich wollte heute wieder mit Sport anfangen. Kommst du mit?"
"Wohin denn?"
"In den Park, hier um die Ecke" murmelt sie.
"Ja, gerne. So kann ich auch aufpassen, dass du wirklich nur langsam anfängst."
"Du und deine Fürsorglichkeit" schmunzelt sie.
Langsam gehen wir dann aber auch wieder rein und ziehen uns um. Während ich mir einfach eine Shorts und ein Sportshirt anziehe, bleibt es bei Mira bei so einem Sportset, was sie sich mal in mehrfacher Ausführung bestellt hatte. Eine pinke Leggins und einen gleichfarbigen BH. Das hat sie auch nochmal in langärmlich und noch mehreren Formen, Farben und Mustern. Die trägt sie nicht nur zum Sport, sondern auch so im Alltag und bei Reisen. Weiss sie eigentlich, wie heiss sie darin aussieht? Okay, ich frag das einfach gar nicht mehr. Mira hat nämlich nie eine Ahnung, wie heiss sie ist.
Ich stecke mir noch einen Schlüssel ein, bevor wir langsam zum Park joggen. Wie sonst auch, versuche ich alles so zu machen, wie auch sonst. Das hat mir der Arzt auch dringend geraten. Ich soll normal weiter machen, weil es sonst eine grössere Belastung für sie wäre. Ich hab natürlich immer ein Auge auf Mira. Sie macht zum Glück wirklich langsam. Die letzten knapp zwei Wochen waren für sie glaub auch der reinste Horror. Ohne Sport kann sie echt nicht. Da sind wir uns ziemlich gleich.

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