Chapter 57

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Ich treffe mich mit Beni in einem recht ruhigen Park in der Nähe eines kleinen Krankenhauses. Mit dabei ist ein wirklich kleines Kamerateam, die auch nur kurz dabei sein werden. Ich bin hauptsächlich hier, um einem kleinen Jungen seinen Wunsch zu erfüllen, aber ich werde noch länger bleiben. Gefilmt wird nur der kleine Jakob.
"Hey Wincent" begrüsst mich der Moderator.
"Moin Beni" grinse ich.
"Also" richtet er sich wieder halb an die Kamera und halb an mich, nachdem ich verkabelt wurde "Jakob ist neun Jahre alt und ein riesen grosser Fan vom Wincent. Er leidet an einer schweren Lungenkrankheit. Sein grösster Traum ist es, einmal Wincent live zu sehen. Diesen Traum werden wir ihm jetzt erfüllen."
Langsam machen wir uns auf den Weg.
"Wincent, was ist das für ein Gefühl, dass es der letzte Wunsch eines Menschen ist, dich live zu sehen."
"Das ist einfach krass. Es ist auch schön, dann mal so privat und idyllisch zu spielen. Das komplette Gegenteil zu den grossen Konzerten, die wir spielen."
"Und du bist wirklich komplett alleine. Hast dir die Gitarre geschnappt und noch einen Tag länger hier in Hannover eingeplant."
"Meine Fans bedeuten mir viel. Ohne sie wäre ich nicht hier."
"Und vor allem Kinder liegen dir am Herzen."
"Kinder sind finde ich das grösste Geschenk auf Erden. Für mich gibt es keine schönere Vorstellung, als irgendwann mal mit den eigenen kleinen Rackern im Garten zu spielen oder ihnen auch einfach dabei zuzusehen."
Mit Mühe unterdrücke ich die Tränen. Ich bin nicht nah am Wasser gebaut, aber beim Thema Kinder denke ich nunmal automatisch an Mira.
"Da bist du ja inzwischen auch auf dem besten Weg."
"Genau, die Frau lass ich nicht mehr gehen."
"Wann kommen denn dann die Kinder?"
"Soweit ich weiss, sind wir nicht schwanger, dauert also noch einen kleinen Moment. Wir heiraten jetzt erstmal."
... hoffe ich.
Wir unterhalten uns noch eine Weile und sind dann auch schon im Krankenhaus angekommen.
"Da vorne ist auch schon Jakob's grosse Schwester. Jacky hat uns angeschrieben und gefragt, ob wir ihrem Bruder diesen Wunsch erfüllen könnten" erklärt Beni nochmal in die Kamera.
"Hi" grinst das rothaarige Mädchen uns dann an.
"Hi" lächle ich.
"Danke, dass ihr das macht. Mein Bruder liegt mir unglaublich am Herzen und das Leuchten in seinen Augen ist so schön, wenn er deine Musik hört."
"Und da dachtest du, dass man es ja mal probieren kann" lacht Beni.
"Ich hab doch nichts zu verlieren... Er ist gerade noch bei einer Untersuchung und braucht danach erstmal Ruhe. Es dauert noch so eine Dreiviertelstunde, bis wir zu ihm können."
"Wollen wir in der Zeit vielleicht noch ein paar andere glücklich machen?"
"Ich hatte sowieso vor, noch eine Weile zu bleiben."
"Dann passt das doch."
Wir gehen also rein.
Es ist noch recht zeitig, also frühstücken gerade viele.
Ein Arzthelfer stellt einen Hocker für mich auf die Terrasse, da die meisten dort sitzen, und ich komme raus und setze mich.
"Hey, ich bin Wincent und würde jetzt mal so ein bisschen für euch singen."
Es ist echt schön, mal so ruhig und ohne Gekreische zu spielen. Die Leute essen entspannt ihr Frühstück und lauschen mir. Das ist gerade wirklich entspannend und für eine Weile vergesse ich meine Probleme mit Mira.
Als ich mich bedanke, gehe ich dann unter Applaus wieder rein.

Vorsichtig klopfe ich an die Tür von Jakob und öffne sie dann.
"Hey, ich hab gehört, du wolltest mich sehen?"
"Wincent?!" macht er grosse Augen.
"Moin! Hi Jakob, darf ich reinkommen?"
"Na klar!"
"Cool!"
Ich gehe rein und setze mich auf den Stuhl neben dem Bett, welchen mir seine Mutter gerade frei gemacht hat.
"Was machst du hier?"
"Deine Schwester hat das organisiert. Sie meinte, dass du mich mal sehen willst."
"Das ist so cool."
"Ja? Ich find's auch cool."
"Jacky hat das für mich gemacht?"
"Hm... Schwestern sind schon was tolles, oder?"
"Ich hab dich so lieb!"
"Ich dich auch."
Jacky setzt sich zu ihrem Bruder aufs Bett und er kuschelt sich in ihre Arme.
"Singst du was?" fragt er mich mit strahlenden Augen.
"Na klar! Was willst du denn hören?"
"'Einmal im Leben'! Das Lied gibt mir so viel Kraft."
"Er hört es vor jeder Untersuchung" lächelt seine Schwester.
"Dann sing ich es jetzt nur für dich."
Ich hole meine Gitarre wieder raus und spiele für ihn. Mit dem ersten Refrain beginnt er auch, leise mitzusingen. Das ist einfach nur süss.
"Du singst verdammt gut!" grinse ich, als wir fertig sind.
"Du auch!"
"Danke!"
"Bitte!"
Das ist der coolste Junge, den ich je gesehen habe!
Er ist voller Lebensfreude, obwohl er weiss, dass er sterben wird. Das ist der Wahnsinn und ich will nicht wissen, wie das für Jacky oder seine Eltern wohl ist.
Wir sitzen noch eine ganze Weile zusammen, bis er dann wieder zu Untersuchungen muss.
Einer der Ärzte hat mir angeboten, mich in ihrem Pausenraum kurz hinzusetzen und etwas zu essen, was ich dankend angenommen habe.

Ich sitze hier gerade also alleine in diesem Raum, esse etwas und scrolle durch meine Mails, als eine Nachricht von Instagram kommt, die mich wieder komplett aus der Bahn wirft.
»@mira_sr hat etwas in seiner/ihrer Story gepostet«
Bis jetzt, habe ich das erste mal seit Tagen für ein paar Stunden nicht mehr an sie gedacht. Für drei Stunden habe ich den Gedanken mal beiseite schieben können.
Ich zögere erst, öffne dann aber Instagram und Mira's Story.
»Take a break when you need it«
Muss ich das irgendwie verstehen?
Es ist ein Foto, wie sie auf einem Bett sitzt. Man sieht nur ihre dunkelgraue Jogginghose auf weissem Bettzeug.
Das Zeug kommt mir bekannt vor. Unsere Bettwäsche ist es definitiv nicht. Es ist auch nicht in irgendeinem Hotel oder so. Irgendwie erinnert die mich aber an was.

Nachdem ich aufgegessen habe, bleibe ich noch etwas sitzen und grüble, woher ich diese Bettwäsche kenne. Aber es will mir nicht einfallen.
Irgendwann kommt dann wieder einer der Ärzte, um mich zu holen.
"Würden Sie vielleicht nochmal etwas mit den kleinen Kindern hier auf Station singen? Es sind jetzt zwar nicht alle todkrank, aber die Kleinen fänden das bestimmt cool."
"Na klar!"

Zwei Stunden habe ich mit den Kids gespielt und gesungen. Das hat unglaublich viel Spass gemacht.

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