10| Dean

6.2K 371 33
                                    

Stand By you ~ Rachel Platten

Reyna

"Sag mal Dean, was für ein Typ Mensch bist du eigentlich, ein  wildfremde Mädchen in dein Auto zu lassen? Ich könnte ein Mörder sein?", fragte ich nach ein paar Minuten peinlicher Stille. Ich war nicht gut in Konversation, aber die Stille war ja nicht auszuhalten.

Er lachte auf, ohne seinen Blick von der Straße zu wenden. "Und was bist du für ein Typ Mensch, um einzusteigen? Statistisch gesehen, wäre es für mich wahrscheinlicher ein Mörder zu sein!"
Ich verdrehte die Augen, "Weil du ein Mann bist?" Er nickte.
"Mh. Du siehst nicht aus wie ein Mörder und du bist viel zu Jung."
Mit großen Augen sah er zu mir,
"Gibt es jetzt schon alterbegrenzungen für Mörder?"

Ich schüttelte den Kopf und zog mein Tshirt glatt. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie ich eigenlich aussah. Meine Schuhe waren schlamm-verkrustet und mein T-Shirt total zerknittert. Meine blaue Sweatshirt-jacke war total verschmutzt und ich roch grauenhaft. Ich sah aus wie ein Obdachloser.

"Nein, ich meine du siehst nicht aus wie der Typ Mensch der andere umbringt.", verbesserte ich mich.
Dean sah mich nicht an, "Tun sie das jemals?" Oookkayyyy.
Stille breitete sich zwischen uns aus und für ein paar Minuten hörte man nur das Summen des Motors. Vielleicht war er ja doch ein Mörder? Unaufällig spähte ich auf die Straße unter uns. Soll ich aus dem Auto springen, solange ich noch die Chance habe?

"Also Liv. Wovor läufst du davon?"
Die Frage traf mich unvorbereitet. Erwischt drehte ich mich zu ihm, während sich meine Hand in den Sitz krallte. Wusste er wer ich war? Wie meinte er das? Scheiße! Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Bloß nichts zugeben. "Weglaufen? Wie kommst du darauf?", fragte ich unschuldig und legte den Kopf schief. Er hob eine Augenbraue und sah demonstrativ auf meine Kleidung. Also bitte!

"Welcher Mensch läuft irgendwo im nirgendwo im Wald herum, und läuft nicht vor etwas davon?"
Erwischt. Jetzt brauche ich auch noch eine Lebensgeschichte für Olivia. Langsam denke ich wirklich, das ganze war 'ne dumme Idee. Aber jetzt half auch alles nichts mehr. Jetzt bloß nicht so wirken, als wärst du 'ne Prinzessin auf der Flucht. Aber die Beste Lüge ist keine Lüge.

Ich zuckte, wie beiläufig, mit den Schultern und sah aus dem Fenster.
"Ich hatte Stress mit meiner Familie und bin davon gelaufen."
Das war dir Wahrheit und auch Dean nickte. "Wurdest du geschlagen?"
Erschrocken von der Frage, schnappte ich nach Luft und sah zu ihm. Er sah mich mit ernstem Gesicht an, als würde er die Frage wirklich ernst meinen. Der Typ konnte echt keinen Smalltalk. Ich schluckte und sah wieder aus dem Fenster. "Mein Bruder würde mich niemals schlagen.", meinte ich leise.

"Tut mir leid ich wollte nicht-"
"Schon gut.", unterbrach ich ihn und war froh das wir das Gespräch auf ein anders Thema leiten konnten.
"Zu welchem Rudel gehörst Du?"
Er kratzte sich am Hinterkopf.
"Aus dem Lotus Rudel. Hab ich doch schon gesagt."
Ich runzelte die Stirn. Die Frage schien ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht zu haben.

"Und was hast du in den nördlichen  gemacht?", fragte ich weiter.
"Geschäfltiches."
Zuerst bei mir nicht wissen was Privatsphäre heißt, und dann selbst kaum mit der Sprache rausrücken. Schreit für mich nach Psychopat.

"Also. Was hast du jetzt vor?", nahm er das Gespräch wieder auf.
"Ich will so weit weg wie möglich. Wenn es für dich kein Problem ist, würde ich mit ins Lotus Rudel fahren. Von dort an komm ich allein zurecht."
"Kein Ding. Ich hoffe dir ist bewusst das das 'ne ziemlich lange Fahrt wird."

Oh. Yay.

            ___________________

"Hey Liv.", jemand schüttlete mich. Doch es war gerade so bequem und ich wollte wirklich nicht aufstehen. Murrend schlug ich die Hand weg.
Im nächsten Moment ertönte ein lautes Hupen, was mich aus meinem Schlaf riss.

Orientierungslos sah ich mich um, und stellte fest das ich immer noch in dem Auto saß. Doch wir waren zum stehen gekommen. Ich sah zur Seite und sah wie Dean mich auslachte. Augenblicklich sank meine Laune in  den Keller. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu, bevor ich mir den Kopf rieb. Eine Scheibe war nicht wirklich bequem zum schlafen.

"Aufwachen Schlafmütze. Ich geh kurz Vorräte einkaufen. Du kannst sitzen bleiben, oder mit rein kommen. Du solltest dir vielleicht neue Klamotten kaufen. Du siehst echt scheiße aus." Charmant.
Ich zeigte ihm den Mittelfinger und stieg aus dem Auto. Wir befanden uns auf einem Supermarktparkplatz, der sich langsam leerte. Die Sonne ging bald unter und das Geschäft würde bald zu machen. Doch Dean hatte Recht, ich brauchte auch Vorräte und wollte auch nach neuen Klamotten sehen. Ich hätte zwar noch ein Tshirt in meinem Rucksack, doch das war auch total verschmutzt.

Als ich mir den Rucksack über die Schulter schwang, merkte ich das Dean bereits vorgegangen war. Mit schlechter Laune und Kopfschmerzen, folgte ich ihm. Ich mochte ihn immer noch nicht.

Das Neonlicht stach in meinen Augen, als ich das erste Regal entlang ging. Dean war schon längst hinter irgendwelchen Regalen verschwunden. Doch das war mir eigentlich recht egal. Ich hoffte nur, das er nicht ohne mich fahren würde.

Dosenfutter. Dosenfutter. Dosenfutter
würde ich schlecht aufbekommen ohne Dosenöffner. Ich packte ein paar Wasserflaschen im meinen Korb und machte mich weiter zu den eingepackten Sandwiches, als ich Dean entdeckte.

Er stand ein paar Regale weiter und schien angeregt zu telefonieren.
Ich drehte mich wieder um, denn ich hatte etwas besseres entdeckt als Dean. Die Süßigkeiten-Abteilung.

Mein Korb war nun halb voll mit ungesundem Zeug. Ich war mir bewusst das Chips und Schokolade nicht das beste Proviant war. Doch wenn Dean sich nicht doch als Mörder rausstellen würde, wäre meine Reise in ein paar Tagen vorbei und ich würde nur im Auto hocken. Da brauchte man nicht unbedingt Saladt.

Zufrieden mit meiner Beute, sah ich auf und endeckte etwas im obersten Regal. Oreos.
Ich schluckte. Warum mussten sie die Dinger immer dahin stellen, wo ich nicht rankam. Es war als würde mich alles daran erinnern wollen, das ich klein war. Was nicht gerade dabei half, bedrohlich auszusehen.

Doch ein einfaches Regal würde mich nicht aufhalten. Ich stellte den Korb zur Seite. Ich trat auf das unterste Regal, welches bedrohlich knarzte. Mit einem kurzen Blick versicherte ich mich, das es nicht durchbrach. Ich stellte mein zweites Bein darauf und zog mich hoch. Mit meinen Fingerspitzen berührte ich die Packung, aber ich kam immer noch nicht ran.

Ich stieg höher.
Gerade als sich meine Hand um die Packung schloss, rutschte mein Fuß ab und ich verlor das Gleichgewicht. Ich schloss die Augen und spürte wie ich nach hinten fiel. Oh Fuck!

Ich ruderte wild mit den Armen, doch es half nichts.

Ich fiel.

_____________________

Irgendwie kommt die letzte Szene immer in meinen Büchern vor. Aber Hey.

Wie findet ihr Dean bis jetzt?

Heute kommen noch mehrere Kapitel!

Shattered Where stories live. Discover now