Kapitel 55

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Auf meiner Stirn entstand keine Beule und damit gab es keinen Beweis dafür, wie nah Noah und ich uns gekommen waren. Beste Voraussetzungen, um das ganze einfach zu vergessen. Noah hatte die Sache zwischen uns beendet. Es sollte überhaupt keine Rolle spielen, welche Gründe ihn zu dieser Entscheidung geführt hatten. Nun darauf zu warten, dass er seine Entscheidung bereute und mich zurückwollte, wäre alles andere als klug und würde mich möglicherweise daran hindern, auf andere Weise glücklich zu werden. Mein Herz schmerzte allein bei der Vorstellung, diesem Plan nachzugehen, doch mein Herz hatte in den vergangenen Wochen schon schlimmeres durchgestanden und wenn ich es wieder zusammensetzen wollte, durfte ich mich nicht ständig in Gefahr begeben, es von Noah erneut brechen zu lassen.

Ihm mitzuteilen, dass ich mich aus Selbstschutz von ihm fernhalten würde, schien mir keine gute Idee zu sein, denn das würde ihm nur verdeutlichen, wie sehr ich noch immer an ihm hing. Mich vor ihm derart lächerlich zu machen, lag nicht in meinem Interesse. Also musste ich es subtiler angehen. Mich langsam zurückziehen, meine Tage so planen, dass ich die Möglichkeit, Zeit mit Noah zu verbringen, gar nicht bestand. Wie schwierig die Umsetzung dieses Vorhabens war, zeigte sich bereits am Donnerstagmorgen. Ich musste arbeiten und teilte mir die Schicht mit Isaac, der wieder gesund und munter war. Mein abruptes Verschwinden auf der Party schien er mir verziehen zu haben, denn er war ausgesprochen freundlich zu mir. In den ruhigen Momenten zwischen Kundenanstürmen unterhielten wir uns über die letzte Woche, die bei Isaac aufgrund seiner Magenprobleme ein eher weniger schönes Ende gefunden hatte.

„Hey, was war eigentlich auf der Feier neulich los? Ist irgendetwas passiert, weshalb du so plötzlich losmusstest?", fragte Isaac irgendwann und widerlegte damit meine These, alles sei vergeben und vergessen. Vergeben vielleicht, vergessen offensichtlich nicht.

„Ach, das", murmelte ich und wischte einen Kaffeefleck beiseite, den ein Kunde auf dem Tresen hinterlassen hatte. „Da war ich einfach plötzlich super müde. Tut mir leid, falls du dir meinetwegen Sorgen gemacht hast."

Isaac schüttelte den Kopf. „Nein, alles gut, du hast mir ja geschrieben, dass du gegangen bist. Ich fand es aber natürlich etwas schade. Denn bis dahin hatte ich einen wirklich schönen Abend." Er biss sich kurz auf die Lippen bevor er fortfuhr: „Mit dir. Und ich dachte, man könnte das vielleicht wiederholen."

Ich hörte, wie die Klingel über der Tür einen neuen Kunden ankündigte, doch Isaacs Frage traf mich derart unerwartet, dass ich außer Stande war, meiner Arbeit nachzukommen. Hätte ich damit rechnen können? Rechnen sollen? Die von ihm erwähnte zweite Chance kam mir wieder in den Sinn aber an meine Reaktion konnte ich mich nicht mehr erinnern. War ich zu höflich gewesen oder hatte mich einfach nicht getraut, ihn direkt zurückzuweisen?

„Wir sind Kollegen, Isaac", sagte ich mit leider und schneller Stimme, um den Kunden oder die Kundin hinter mir weder lange warten, noch an unsere Unterhalten teilhaben zu lassen. „Und Freunde. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee wäre, da noch eine Komponente hinzuzufügen." Ich war zufrieden mit meiner Formulierung dieser Zurückweisung und hoffte, Isaac damit nicht verletzt zu haben. Er runzelte die Stirn und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Im selben Moment ertönte eine amüsierte Stimme hinter mir.

„Klingt vernünftig."

Ich versteinerte. Natürlich. Natürlich fragte Isaac mich genau dann nach einem Date, wenn Noah im Raum war. Hatte er ihn kommen sehen? Zuzutrauen war es ihm. Aber Isaac wusste nicht, wie Noah und ich aktuell zueinander standen. Sein letzter Stand war, dass Noah mich achtlos fallen gelassen hatte und nun wollte er ihm höchstwahrscheinlich unter die Nase reiben, wie ich seine Date-Einladung annahm. Als sei ich Teil einer Auktion und er der Meistbietende. Wenn ich Isaac mit dieser Vermutung Unrecht tat, dann tat mir das Leid, aber ich hatte keine Lust mehr auf seine offensichtlichen Machtspielchen. Ohne ihn weiter zu beachten, oder mich zu Noah umzudrehen, ging ich zur Kaffeemaschine, ließ heißes Wasser durch den Siebträger laufen und schäumte in der Zwischenzeit die Milch auf. Kurz war ich versucht, Noahs Cappuccino mit einem Herz zu verzieren, einfach nur um Isaac zu verärgern, doch ich entschied mich dagegen. Denn damit würde ich Noah ganz falsche Signale senden und das war mir meine Wut auf Isaac nicht wert. Ich platzierte den Becher mit solch einer Wucht auf dem Tresen, das er beinahe überschwappte.

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