Kapitel 34

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Ich versuchte, mir meine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen, als Noah sich von mir herunter und auf seine Seite rollte. Wenn es nach mit gegangen wäre, hätte er gerne noch viel länger auf mir liegen bleiben können. Aber ich war die letzte, die ihn zu irgendetwas drängen würde, wozu er nicht bereit war.

„Wie sieht's denn eigentlich bei dir aus?", fragte Noah und verwandelte damit meine Enttäuschung in Verwirrung.

„Wie sieht was bei mir aus?"

Sprach er von meiner Heimat? Von meinen Gefühlen? Weder noch, wie seine anschließende Frage zeigte: „Machst du dir Sorgen um deine - wie hast du es formuliert? Kostbare Jungfräulichkeit?"

Noahs Wangen nahmen eine leicht rote Färbung an. Etwas, womit ich nie im Leben gerechnet hätte. Noah wirkte wie die Sorte Mensch, der nie etwas unangenehm war, aber diese Frage schien ihm tatsächlich schwer gefallen zu sein.

„Da gibt es nichts mehr, worum man sich sorgen müsste", entgegnete ich und beobachtete gespannt, wie Noah reagierte. Doch leider ließ sich aus seinem Gesicht nicht ablesen, ob ihn diese neue Erkenntnis überraschte, enttäuschte oder völlig kalt ließ.

„Ach echt?" Auch wenn seine Mimik nichts verriet, so ließ diese Frage darauf schließen, dass er damit nicht unbedingt gerechnet hatte. „Schon länger nicht mehr?"

Bevor ich reagieren konnte, fügte Noah schon hinzu: „Du musst mir dazu natürlich nichts sagen, wenn du - aus welchen Gründen auch immer - nicht möchtest." Aber ich winkte ab. „Ich wüsste nicht, wieso ich dir nicht davon erzählen sollte", sagte ich. „Ist keine sonderlich spannende Geschichte."

„Für mich ist alles spannend, was du erzählst", widersprach Noah. Er sagte das in einem sehr sachlichen Ton, als handelte es sich um eine offensichtliche Tatsache. Mein Herz sah das anders und beschleunigte sogleich das Tempo, mit dem es das Blut durch meine Adern pumpte. Wenn ich Noahs Gesichtsausdruck richtig interpretierte, überwog aufrichtiges Interesse reine Neugierde, was mich in meinem Entschluss bestärkte, ihm die Geschichte zu erzählen.

„Es ist schon fast zwei Jahre her und war mit meinem damaligen Freund", begann ich. „Eigentlich waren wir beide nicht bereit. Weder dazu, überhaupt mit jemandem zu schlafen, noch dazu, miteinander so intim zu werden. Aber wir waren in einem Alter, wo man sich sehr leicht von den Leuten um einen herum unter Druck setzen und beeinflussen lässt." Ich zuckte mit den Schultern. „Naja, es war kein sonderlich herausragendes Erlebnis. Und unsere Beziehung war kurz danach dann auch vorbei."

„Und seitdem?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nichts."

„Lebt dein Exfreund noch?", fragte Noah grinsend.

Etwas verwirrt hob ich die Augenbrauen, woraufhin er fortfuhr: „Ich darf dich ja noch nicht einmal anlächeln, ohne dass dein Bruder mir Blicke zuwirft, die töten würden, wenn sie könnten."

„Phil weiß davon doch nichts", sagte ich schnaubend. „Das geht ihn auch überhaupt nichts an."

Genauso wenig, wie ihn die Sache zwischen Noah und mir etwas anging. Aber das würde mein lieber Bruder mit Sicherheit ganz anders sehen. Ich konnte ein Gähnen nicht unterdrücken, woraufhin Noah nach seinem Handy griff.

„Wie spät?", fragte ich. Noah legte sein Handy wieder beiseite. „Kurz vor zwei." Wieder musste ich gähnen.

„Vermutlich sollte ich wieder rüber gehen", murmelte ich, obwohl mich der Gedanke daran, mich von Noah zu verabschieden - selbst wenn es nur für ein paar Stunden war - widerstrebte. Noah hob die Augenbrauen. „Wieso solltest du das tun?"

„Weil ich müde bin", erklärte ich. „Und du bestimmt auch."

Noah nickte, doch seine Augenbrauen blieben oben. „Ein bisschen, ja. Aber ich würde mich freuen, wenn du hier bleibst. Vorausgesetzt, du möchtest das auch."

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