Kapitel 50

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Phi ist wichtiger.

Diese Worte ließen mich nicht los, auch dann nicht, als ich bereits neben Phil im Flugzeug saß, auf dem Weg nach Boston. Wenn ich das ganze rational betrachtete, sollte ich erleichtert über diese Aussage von Noah sein, denn damit hatte er die von mir zurecht gelegte Erklärung für sein Verhalten endgültig bestätigt. Das zwischen uns war nicht komplett gelogen gewesen, sondern lediglich weniger ernst, als von mir erhofft und angenommen. Doch ich konnte nicht leugnen, wie sehr es mich verletzte, dass Noah meinen Brüder über mich stellte. Aber natürlich kannten sie sich schon länger und die Verbindung zwischen Noah und mir, die sich so schicksalhaft angefühlt hatte, war wohl nur eine Illusion.

Phil redete nach wie vor nur das Nötigste mit mir, was mich darauf schließen ließ, dass er mich als Schuldige im ganzen Szenario sah und mir nicht verzeihen konnte - oder wollte. Mir fehlte die Energie, um ihn zur Rede zu stellen und die Sache auszudiskutieren. Gleichzeitig war ich aber auch nicht bereit, klein beizugeben oder mich gar bei Phil zu entschuldigen.

Mia holte uns vom Flughafen in Boston ab und es dauerte keine zehn Minuten, bis sie merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Während unserer Telefonate hatte ich ihr nichts von dem Streit erzählt und Phil mit Sicherheit erst Recht nicht. Doch zehn Minuten zu dritt im Auto reichten aus, um die Fassade bröckeln zu lassen. Es begann mit Mias harmloser Frage an Phil, wie es Hailey ginge, auf die Phil nur in mürrischen Tonfall erwiderte: „Frag Ella."

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Mia erst durch den Rückspiegel zu Phil, der hinten saß, danach wandte sie den Kopf zur Seite und damit in meine Richtung. „Ihr geht es gut", antwortete ich und zuckte mit den Schultern. Anschließend gab ich mein Bestes, die Unterhaltung, an der Phil sich nicht weiter beteiligte, in eine Richtung zu lenken, die nichts mit unserem Leben am College zutun hatte.

Es war seltsam, nach so langer Zeit wieder nach Hause zurück zu kehren. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so lange weg gewesen zu sein. Doch in erster Linie war das angespannte Verhältnis zu Phil für mein komisches Bauchgefühl verantwortlich. Mia parkte das Auto vor der Garage und ging zur Veranda. Als Phil und ich unsere Taschen aus dem Kofferraum geholt hatten und ihr folgten, stand sie bereits in der geöffneten Tür und sah uns ungewohnt verärgert an.

„In ein paar Tagen feiern wir Thangsgiving. Das Fest der Dankbarkeit. Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber ihr klärt das jetzt sofort."

Kaum hatte sie das letzte Wort ausgesprochen, war die Tür schon vor uns zugefallen. Perplex starrte ich die Haustür an und versuchte zu begreifen, was gerade passiert war. „Hat sie uns gerade ausgesperrt?", fragte ich, sah zur Seite und begegnete Phils Blick. Er war offensichtlich ebenso entgeistert wie ich. „Das zieht sie nicht lange durch", murmelte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich bezweifelte seine Aussage, denn wenn Mia sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog sie das meistens eisern durch. Also setzte ich mich auf die oberste Treppenstufe der Veranda und stellte mich darauf ein, hier länger sitzen zu bleiben.

„In zwei Stunden geht die Sonne unter", stellte ich nach einem Blick auf mein Handy fest. „Also fang am besten direkt an, mir all meine Fehler vorzuwerfen, damit wir hier draußen nicht erfrieren." Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Phil sich mit einigem Abstand zu mir ebenfalls auf der Treppe niederließ. „Muss ich das wirklich?", fragte er und ich meinte einen Hauch Spott in seiner Stimme mitklingen zu hören. „Hast du immer noch nicht selbst begriffen, dass es ein Fehler war, dich auf Noah einzulassen?" Ich schüttelte den Kopf, genervt von der Tatsache, dass wir uns anscheinend noch immer im Kreis drehten.

„Natürlich war Noahs Verhalten mir gegenüber fragwürdig, aber mehr als das kannst du ihm wirklich nicht vorwerfen." Es ging mir gegen den Strich, Noah ein weiteres Mal vor Phil zu verteidigen, insbesondere da ich nicht wusste, was die beiden in der Zwischenzeit besprochen und möglicherweise geklärt hatten. „Weil er sich so sehr geändert hat?", fragte Phil und nun war der Spott laut und deutlich hörbar. Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, fuhr er fort: „Mag sein, dass er Frauen nicht mehr gegen ihren Willen anfasst. Aber ich finde seine Art, mit ihnen umzugehen, trotzdem nicht okay." Es klang nicht so, als meinte Phil damit ausschließlich das, was zwischen Noah und mir vorgefallen war.

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