Kapitel 24

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Sobald wir um eine Ecke gebogen und damit aus dem Sichtfeld der anderen verschwunden waren, drehte Noah sich zu mir um und zog mich kommentarlos an seine Brust. Ich atmete tief ein und spürte, wie sein Geruch mich augenblicklich beruhigte. Er hielt mich fest umarmt, ohne etwas zu sagen und anscheinend war es genau das, was ich gerade brauchte. Ich spürte, wie seine Lippen meinen Haaransatz berührten. Noch nie hatte ich mich derart geborgen gefühlt.

„Ich nehme an, dass dein Geburtstag für dich nicht wirklich ein Grund zum Feiern ist", murmelte Noah schließlich, woraufhin ich den Kopf schüttelte.

„Aber das sollte dein Bruder doch besser wissen und verstehen als jede andere Person."

Ich trat einen Schritt zurück und schüttelte seufzend den Kopf. „Für Phil ist diese Zeit im Jahr natürlich auch nicht einfach. Aber es war ihm immer schon wichtig, dass ich meinen Geburtstag vernünftig feiere. Er meint, unsere Mutter hätte es so gewollt. Er möchte, dass ich einen schönen Tag habe, anstatt zu trauern."

„Unrecht hat er damit nicht, oder?", fragte Noah zaghaft. Wieder schüttelte ich den Kopf. „Vermutlich nicht. Das macht es aber für mich nicht leichter."

„Kann ich sehr gut verstehen. Trotzdem würde auch ich mir wünschen, dass du einen schönen Tag hast", sagte Noah und runzelte die Stirn. „Ihrer Reaktion nach wissen Hailey und Olivia nicht Bescheid... richtig?"

Ich nickte. „Ich habe ihnen nichts gesagt. Und anscheinender hat Phil mit Hailey noch nicht darüber gesprochen." Mit einem Mal verspürte ich einen dicken Kloß in meinem Hals. „Ich kann einfach nicht glauben, dass es in einer Woche schon neun Jahre her ist."

„Vermisst du sie?"

„Schwer zu sagen", gab ich ehrlich zu. „Dadurch, dass ich so jung war als sie gestorben ist, vermisse ich sie nicht so, wie man es vielleicht denken würde. Aber wann immer ich etwas schönes, oder auch nicht so schönes, erlebe, wünsche ich mir, ich könnte es mit ihr teilen. Ich vermisse sie nicht aktiv, aber ich bin traurig, dass sie nicht mehr Teil meines Lebens ist", versuchte ich zu erklären. „Ergibt das Sinn?"

Noah nickte. „Auf jeden Fall. Natürlich ist es schwierig die Situation nachzuvollziehen, wenn man noch nie einen derartigen Verlust durchmachen musste. Aber ich verstehe, wie du das meinst." Er schwieg kurz, bevor er fragte: „Wie hättest du den kommenden Donnerstag verbracht, wenn Phil niemandem von deinem Geburtstag erzählt hätte?"

Ich musste nicht lange überlegen. „Wie jeden anderen Donnerstag. Vermutlich hätte ich nichts anderes gemacht als zu arbeiten und etwas für die Uni zutun."

„Tut mir leid, aber das kann ich genauso wenig zulassen, wie dein Bruder", sagte Noah kopfschüttelnd. „Ich kann verstehen, dass dir nicht nach feiern zumute ist, aber dich in deiner Trauer allein zu lassen, geht auch nicht."

Er überlegte kurz, bevor er fortfuhr: „Das Wochenende kannst du dir schon einmal frei halten, Isaac muss dann mal auf dich verzichten."

„Was hast du vor?", fragte ich mit gerunzelter Stirn. „Mein Geburtstag ist eine Sache, aber Samstag..."

„Was macht ihr normalerweise an dem Tag, Phil und du?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Nicht viel. Die letzten Jahre war ich meist mit meiner Tante am Grab, aber der Flug lohnt natürlich nicht. Und Phil verbringt den Tag eigentlich immer alleine."

„Komisch, dass mir das letztes Jahr gar nicht aufgefallen ist", wunderte sich Noah. „Allerdings kannten wir uns da auch noch nicht so gut. Aber das mit dem Wochenende meine ich ernst. Ich möchte, dass ihr beide einen schönen Tag habt, an dem ihr Spaß mit Freunden habt und euch trotzdem in aller Ruhe an eure Mutter erinnern könnt. Irgendetwas wird mir da schon einfallen. Und deinen Geburtstag feiern wir dann einfach auch nach."

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