Kapitel 33

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Wieder umgezogen und frischgemacht stehen wir Punkt vierzehn Uhr im Salon und sind dennoch die letzten. Unsere Familien haben es sich bereits bequem gemacht und Lucians Freunde unterhalten sich angeregt. Als sie uns bemerken, unterbrechen sie ihre Unterhaltung. "Da sind sie, die glücklichen zwei. Wir dachten schon, ihr würdet heute gar nicht mehr das Bett verlassen.", witzelt Paul. Lucian schnaubt. "Ich bin seit acht Uhr wach und wir waren bereits in der Tierklinik. Denk bloß nicht, ich würde nur auf der faulen Haut sitzen. Wo hast du deine Frau gelassen?" Paul verdreht die Augen. "Sie und Ginny sind heute früh in den Urlaub geflogen. Sie meinen, dass sie dringend mal ein paar Tage unter Frauen brauchen." Er sieht zu Freddy, der lachend nickt. Ginny ist Freddys Verlobte. "Mit anderen Worten sie wollten mal weg von euch.", schlussfolgert Lucian. Freddy zuckt mit den Schultern. "Klar. Aber sollen sie machen. Das bedeutet auch für mich mehr Freiheit." Ich löse mich von Lucians Hand und gehe zu meiner Mom, die sich mit Eliza und Marlene unterhält. "Na, Spätzchen, wie geht es ihm?", fragt Mama. "Ganz gut, denke ich. Jedenfalls scheint er sich zu erholen. In ein paar Tagen kann er vielleicht wieder nach Hause kommen.", sage ich. "Das sind doch tolle Neuigkeiten.", freut sich Eliza und strahlt mich an. Es ist nicht an ihr vorbeigegangen, wie sehr ich gelitten habe. Im Gegenteil, sie hat auch versucht mich zu trösten. "Naja. Wollen wir dann beginnen? Ich platze vor Neugier." Ich klatsche in die Hände. Marlene seufzt. "Freu dich nicht zu früh. Mindestens die Hälfte der Geschenke wirst du schrecklich finden." Wie schade. Ich lasse die Schultern hängen. "Wird das bei den Hochzeitsgeschenken auch so sein? Wenn ja, wäre es nicht möglich, vorher eine Liste zu veröffentlichen, was wir uns so wünschen?" Marlene schnaubt. "Wenn das ginge, hätte ich in den vergangenen Jahren nicht so viel Schrott weggeschmissen." Ich kichere und stehe auf, um mir von dem Berg an Geschenken das erste zu greifen. "Willst du mir helfen?", frage ich Lucian, der dankend ablehnt und mir lieber zusehen will. Seufzend setze ich mich in einen Sessel und öffne das Geschenk. Auf dem Zettel steht von wem es ist, doch ich habe keinen Schimmer wer diese Person ist, die draufsteht. Vorsichtig linse ich in den kleinen Karton. Als ich sehe was es ist, nehme ich den Deckel vollständig ab und nehme es heraus. "Ein Stifteset.", sage ich und betrachte das Etui mit den zwei Kugelschreibern darin. "Ein Klassiker. Ich habe tausende bekommen, als ich mich verlobt habe.", grinst Paul. Na toll. "Wie aufregend.", murmelt Jason, der mittlerweile bei Lucian und seinen Freunden steht. Er passt gut zu ihnen. Sowohl optisch auch auch charakterlich. Im nächsten Geschenk befindet sich ein Körbchen mit hübsch verzierten Keksen. "Na Gott sei Dank. Etwas sinnvolles.", freue ich mich. Lucian tritt neben mich und greift sich einen Keks. "Hey!", beschwere ich mich aber er beißt schon hinein. "Mh, sind echt lecker. Wurde eine Visitenkarten beigelegt, damit mir direkt dort bestellen können?" Er greift in den Karton und zieht tatsächlich eine Visitenkarte hervor. "Wusste ich es doch. Pedro? Bestell mal bitte Kekse." Pedro kommt von irgendwo herbeigeeilt und nimmt Lucian die Karte ab. "Dein Ernst?", frage ich und er nickt mit vollem Mund. "Sind lecker.", sagt er zu seiner Verteidigung und nimmt sich zwei weitere Kekse. Schnell stelle ich sie weg, damit er mir nicht noch mehr klaut. Als ich das nächste Päckchen nehme, stößt Maxwell sich von der Wand ab, an der er lehnte. "Jetzt wirds interessant.", grinst er. Ich sehe unsicher zu Lucian, der aber auch grinst. Ich will nicht wissen, was drin ist. Ich will es wirklich nicht wissen. "Mach auf, wir wollen wissen, was da drin ist.", strahlt Mom mich an. Oh je. Ich glaube nicht, dass sie das wissen will. Vorsichtig öffne ich die Schleife und nehme den Deckel hoch. Als ich sehe, was es ist, schließe ich ihn schnell wieder und erröte. "Ich glaube wir nehmen lieber das nächste.", murmle ich. Lucian boxt Maxwell gegen den Oberarm. "Au! Wofür war das denn?", fragt dieser empört. "Dafür, dass du offensichtlich versucht hast, meine zukünftige Frau vor unseren Familien zu demütigen." Maxwell schnaubt amüsiert. "Was ist es denn?", fragt Mom verwirrt. "Nicht so wichtig.", antworte ich. "Jetzt sind wir aber neugierig.", wirft die Königin ein. Ich räuspere mich verlegen. "Es ist etwas zum anziehen.", murmle ich. Nun wird Lucian auch neugierig. "Zeig.", fordert er und nimmt mir die Schachtel ab. Er öffnet sie und grinst schief. Dann nimmt er einen Zettel heraus. "Damit du unter dem langweiligen, königlichen Hochzeitskleid umso reizvoller aussiehst.", liest er laut vor. Papa verzieht das Gesicht. "Ich will's nicht sehen.", brummt er und mein Gesicht beginnt zu glühen. "Warum um Himmels Willen schenkst du meiner Schwester sowas?", fragt Jason entsetzt. Maxwell zuckt mit den Schultern. "Adlige Mädels neigen dazu, spießig zu werden. Wollte verhindern, dass Lucian sowas passiert. Hat er nämlich nicht verdient." Mein Bruder presst die Lippen aufeinander, muss aber schmunzeln, während Lucian schelmisch grinst. "Ich mach dann mal weiter.", sage ich leise und nehme das nächste Geschenk. Nach fast eineinhalb Stunden auspacken liegen nur noch drei Geschenke dort. Diese drei Geschenke habe ich mit Absicht noch nicht angerührt, weil sie von Theodor, William, Paul und Freddy sind. Das Geschenk meiner Eltern bekomme ich erst später, da sie mir ein Fohlen von Mystic zur Verlobung und zur Hochzeit zusammen schenken wollen. Immerhin wird dieses Fohlen viel wert sein, deshalb haben sie entschieden, dieses Geschenk für beide Anlässe zu wählen. Ich weiß nicht, wer die Mutter ist, das wollten sie mir nicht verraten aber ich bin schon sehr gespannt. Allerdings muss das Fohlen erstmal geboren werden.
Ich sitze in meinem Sessel und weigere mich, die letzten Geschenke zu öffnen. Vor allem vor dem König und der Königin und vor meinem Eltern. Das ist absolut unangenehm. "Nun mach sie schon auf. Musst uns ja nicht sagen, was sich darin befindet.", sagt Mom und trinkt von ihrem Tee. Ich sehe Lucian an in der Hoffnung, dass er mich rettet, doch er bleibt stumm. Also nehme ich das Geschenk von Paul und Freddy und lege es auf meinen Schoß. Widerwillig öffne ich es, doch was sich darin befindet, sollte absolut der ganzen Welt gezeugt werden. "Den hänge ich im Stall auf.", lache ich gehässig und nehme den Kalender heraus. Lucian runzelt die Stirn und tritt hinter mich, um sich anzusehen, um was es sich handelt. Für jeden Monat gibt es ein ziemlich freizügiges Bild von einem der beiden Männer bei der Stallarbeit. Absolut ein Hingucker. "Oh. So einen hätte ich auch gern.", lacht Mom und fängt sich dafür einen entsetzten Blick von Dad und Jason ein. Paul und Freddy grinsen selbstzufrieden. Luican schnaubt. "Warum?", "Das fragst du noch?", lacht Freddy. "Du hast meiner Frau zur Verlobung einen Gutscheinblock für Abende mit dir geschenkt, falls sie mal keinen Bock mehr auf mich hat. Jetzt kann deine zukünftige Frau uns zwei bei der Stallarbeit ansehen, wenn sie mal keinen Bock auf dich hat.", erklärt Freddy lachend. Wieder schnaubt Lucian und ich kichere. Das ist doch mal ein witziges Geschenk. Gut durchdacht und da steckt Arbeit hinter. "Sei nicht eingeschnappt. Ich sehe dich doch immer noch gern an. Der Kalender sorgt nur für etwas Abwechslung.", ärgere ich meinen Verlobten. "Danke ihr zwei. Das ist ein witziges Geschenk." Die zwei nicken mir lächelnd zu, dann nehme ich das letzte Geschenk. Es ist sehr groß, Aber dafür flach. Ich erwarte wieder etwas peinliches, doch was ich darin finde, ist alles andere als peinlich. Ich sehe Theodor mit offenem Mund an und weiß nicht, was ich sagen soll. "Danke.", hauche ich und nehme das große Bild heraus. "Lucian sagte mir, dass du dich darüber freuen würdest.", lächelt Theo. Ich nicke langsam und streiche sanft mit dem Finger über den Rahmen. "Hast du es selbst gemalt?", frage ich leise. "Ja. Ich musste mich ganz schön beeilen. Habe die ganze letzte Nacht dran gesessen, damit ich es heute noch mit auf den Geschenketisch legen konnte.", erklärt er und kratzt sich am Kinn. Auf dem Bild sind Lucian und ich, wie wir gestern Abend getanzt haben. Wir sehen einander an, die Liebe zwischen uns ist nicht zu übersehen und man sieht sogar die Leichtigkeit, wie wir miteinander tanzen. Lucian in seinem perfekten Smoking, ich in meinem hübschen rosa Spitzenkleid. Eine Glücksträne rinnt mir über die Wange und ich lächle. "Es ist so wunderschön. Ich danke dir.", hauche ich überwältigt und stehe auf, um den atemberaubenden Künstler zu umarmen. Er lacht und schlingt seine Arme um mich. "Habe ich gern gemacht. Warte erst auf das Bild von eurer Trauung. Das wird alles toppen, was ich je zustande gebracht habe." Ich löse mich von ihm und wische mir vorsichtig eine Träne weg. Ich zeige allen das Bild, weil sie neugierig sind und alle reagieren gleich: fasziniert und überwältigt. Ich habe noch nie jemanden so wunderschön malen sehen. "Das werden wir im Schlafzimmer aufhängen.", sagt Lucian lächelnd, als das Bild am Ende bei ihm ankommt. Er legt es zurück in die Schachtel, dann umarmt er seinen Kumpel brüderlich und klopft ihm auf den Rücken. "Danke, Theo.", sagt er leise und Theo nickt wieder. "Kein Problem. War mir eine Ehre, euch wie ein Stalker zu fotografieren und dann zu zeichnen." Lucian lacht amüsiert und lässt von ihm ab. Jason räuspert sich und ich sehe ihn an. "Ich habe auch noch was für dich. Wollte es nicht auf den Stapel packen, weil alles so perfekt eingepackt war und meins... naja." Er holt ein kleines Päckchen hervor, welches tatsächlich sehr schäbig eingepackt ist. Ich kichere. "Ich wollte euch was zur Verlobung selbst machen und das ist dabei herausgekommen. Es ist nur was kleines und ziemlich bedeutungslos, aber mehr habe ich irgendwie nicht hinbekommen.", murmelt er verlegen und reibt sich den Nacken. Neugierig öffne ich das kleine Päckchen. Ich spüre Lucian hinter mir, der mir neugierig über die Schulter schaut. Ich hole zwei Ketten hervor. Eine aus Silber, das andere aus Leder. Daran hängen Herzen aus Holz. Auf dem an der Silberkette steht ein L, auf dem anderen ein C. "Eigentlich wäre das eher ein Geschenk für die Hochzeit gewesen, aber es kam mir armselig vor, einem König und einer Königin zur Hochzeit lahme Holzherzen zu schenken, deshalb bekommt ihr das jetzt schon. Wenn ihr reitet, könnt ihr dort eure Ringe anhängen und könnt sie bei euch tragen. Dann stören sie an den Fingern nicht. Und damit es nicht nur lahme Ketten sind, habe ich die Herzen geschnitzt." Ich halt mir die Hand vor den Mund und unterdrücke ein Schluchzen. "Das ist eine wunderschöne Idee.", seufze ich und falle meinem Bruder um den Hals. "Danke, Jason.", flüstere ich und weine nun doch ein wenig. Ich bin einfach ein emotionales Wrack. "Auch zur Hochzeit wäre das das schönste Geschenk von allem gewesen. Der emotionale Wert ist viel bedeutsamer als alles andere.", sage ich und sehe mir noch einmal die Ketten an. Lucian bedankt sich bei Jason mit der gleichen brüderlichen Umarmung wie bei Theo und nimmt mir dann die Lederkette aus der Hand, um sie sich umzuhängen. Danach nimmt er die zierliche Silberkette und legt sie mir um den Hals. "Danke.", hauche ich überwältigt. Ich weiß gar nicht mehr wo mir der Kopf steht und kann mich kaum beruhigen, so sehr weine ich vor Glück und schluchze.

Sei meine KöniginWhere stories live. Discover now