Kapitel 15

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Lucian hält den Wasserschlauch auf Mystics Beine und ich beobachte ihn dabei. "Es ist cool, dass du dich um solche Sachen selbst kümmerst. Das lässt dich mehr wie einen normalen Menschen wirken. Ich hätte gedacht, dass du dich hier auf fertig gesattelte Pferde setzt und sie anschließend wieder in die Hände der Stallleute gibst damit sie sie absatteln." Mit Schwung hält er den Wasserschlauch einmal in meine Richtung, sodass ich nass werde. "Hey!", rufe ich empört. "So hast du mich wirklich eingeschätzt?", "Naja, wenn man mit dir alleine ist, dann bist du anders.", erwidere ich. "Dann bist du kein Kronprinz sondern einfach Lucian. Und das ist der Mann, in den ich mich-", "Lucian? Bist du hier irgendwo?" Ich zucke zusammen und dann kommt Eliza auch schon um die Ecke und strahlt uns an. "Da bist du ja. Charlotte, wie schön, du hast auch Reitsachen an. Wollen wir zusammen etwas ausreiten?" Ich lächle sie so ehrlich wie möglich an. "Ähm, klar wieso nicht. Mache nur Mystic für die Koppel fertig.", "Oh sehr schön! Sehen wir uns nachher beim Gartendinner?", fragt Eliza und geht auf Lucian zu. "Klar.", erwidert er zaghaft lächelnd und geht. Ich sehe ihm traurig hinterher, doch ich reiße mich schnell wieder zusammen. Immerhin steht seine baldige Verlobte vor mir. "Na komm, mein Großer." Mystic folgt mir wie ein treuer Hund und auf seinem Paddock mache ich den Strick von seinem Halfter ab. Sofort geht er rüber zur Tränke und trinkt gierig. Als ich dann im Stall auch mein Zeug weggeräumt habe, sitzt Eliza bereits auf einem Pferd. Neben ihr steht noch ein zweites Pferd, welches von einem Mann, vermutlich einem Angestellten hier im Stall, festgehalten wird. "Oh, das wäre wirklich nicht nötig gewesen, ich hätte das auch alleine machen können.", "Aber nicht doch, Miss O'Brien. Es ist mein Job. Soll ich Ihnen hoch helfen?", fragt der Mann freundlich, doch ich winke ab. "Nur auf der anderen Seite gegenhalten bitte, damit der Sattel nicht rutscht und ich dem armen Tier nicht im Rücken herumreiße." Er nickt und geht auf die andere Seite, um sich mit der Hand in den Steigbügel zu lehnen, damit ich aufsteigen kann. "Dankeschön." Er nickt mir freundlich zu, dann geht er weg und ich bin mit der Frau allein, die Lucian vielleicht heiraten wird. Super.
Eliza reitet voraus und ich trotte ihr hinterher wie ein Leibwächter. Eine Weile ist es still und ich weiß nicht recht, ob ich vielleicht ein Gespräch beginnen soll, doch mir fällt nichts ein, deshalb betrachte ich nur meine Umgebung, bis die hübsche Brünette vor mir sich zu mir nach hinten dreht. "Komm doch neben mich, du musst nicht hinter mir herlaufen.", lächelt sie. Ohne zu antworten treibe ich die dunkelbraune Stute namens Feli etwas an, damit ich neben meiner Begleiterin reiten kann. "Ich danke dir, dass du mich begleitest. Ich hatte mir bereits vorgenommen, mich ein wenig mit dir zu unterhalten, wenn du vom Krankenhaus zurück bist. Und ein Ausritt zu zweit ist doch da genau richtig, nicht wahr?" Ihr fröhliches Lächeln ist ansteckend, weshalb ich auch etwas lächeln muss. "Aber natürlich.", antworte ich ihr und bin gespannt, worüber sie mit mir reden will. "Lucian hat mir erzählt, was zwischen euch passiert ist. Seine vergangenen Geschichten gehen mich nichts an, aber die Tatsache, dass du ein Kind von ihm erwartet hast, war doch ein Schock für mich.", beginnt sie. Sofort versteift sich jeder noch so kleine Muskel in meinem Körper, sodass auch mein Pferd ein wenig unruhig wird. Krampfhaft versuche ich zu entspannen, um Feli nicht verrückt zu machen, doch Elizas kurzes Schweigen macht es nur schlimmer. "Es tut mir so unendlich Leid, was dir passiert ist. So etwas hat niemand verdient. Wie geht es dir damit?" Ich schlucke schwer und sehe stur geradeaus. "Ich komme schon irgendwie klar.", erwidere ich, doch mein Ton verrät, dass dieses Thema momentan mein schwächster Punkt ist. "Lucian war sehr besorgt um dein Wohl. Was ist zwischen euch?" Ich halte an und sehe Eliza direkt in die Augen, da sie völlig verwirrt ebenfalls halt gemacht hat und zu mir sieht. "Lucian und ich haben nichts miteinander. Er hat Pflichten und diese nimmt er sehr ernst. Das mit uns war eine einmalige Sache, die sich niemals wiederholen wird." Eliza nickt. "Das ist schön zu hören. Ich zweifle auch nicht an seiner Treue. Es geht mir eher darum, was zwischen euch ist. Du bist ihm sehr wichtig und ich sehe wie er dich ansieht." Ich schüttle den Kopf. "Zwischen uns ist gar nichts. Wir sind einfach gute Freunde geworden und es gibt keine Art und Weise wie er mich ansieht. Er sieht mich als normalen Menschen an. Als eine Freundin mit der man gut über Probleme reden kann. Und so ist von meiner Seite auch. Er versteht mich. Wie beide haben Pflichten, müssen in die Fußstapfen des Vaters treten. Natürlich ist die Übernahme der Leitung eines Gestüts nicht mit dem Regieren eines Landes zu vergleichen, aber im Endeffekt ist es ist es doch irgendwie das gleiche. Ich denke, dass wir uns deshalb so gut verstehen." Eliza lächelt liebevoll. "Ich habe gesehen, wie du ihn vorhin hinterher geschaut hast, Charlotte. Ich bin nicht blind, meine Liebe. Und ich weiß auch, dass Lucian mich nicht zum Frau nehmen will, weil er mich so unsterblich liebt. Ich lebe schließlich nicht hinterm Mond. Nur tut mir bitte den Gefallen und hintergeht mich nicht. Ich vertraue euch beiden. Sorge bitte dafür, dass ich das nicht bereue, in Ordnung?", "Du kannst uns beiden vertrauen. Ich verspreche dir auch, dass du das nicht bereuen wirst. Ich werde sowieso bald wieder nach Hause fliegen." Wir Schweigen wieder kurz. "Er hat dir also den Antrag gemacht?" Eliza lächelt verhalten. "Noch nicht." Die Antwort ist erleichternd, auch wenn das nicht so sein sollte. Ich treibe Feli wieder an, sodass wir weiter den Weg entlang reiten und nicht dumm herumstehen. "Du scheinst darüber aber nicht besonders glücklich zu sein. Oder irre ich mich? Wenn ja, dann tut es mir Leid.", "Muss es nicht. Es stimmt, sonderlich freuen tue ich mich nicht, dass er dir einen Antrag machen wollte. Oder will. Aber letztendlich weiß nur er, was genau er will. Und dass es bald nach Hause geht, bringt meine Gefühle auch durcheinander. Es ist schön hier. Aber hier kann ich auch nicht bleiben. Am liebsten würde ich irgendwo hingehen, wo es niemanden gibt, den ich kenne oder der mich kennt. Einfach mal den Kopf ausschalten." Eliza seufzt verträumt. "Oh ja, wie schön das wäre. Ich wusste ja nicht, dass Lucian mich auswählen wollte. Eigentlich dachte ich, jemand anders würde mich fragen." Ich werde hellhörig. "Wer?" Sie lächelt zaghaft und winkt ab. "Nicht wichtig." Wir sind verkorkst. Das ist absolut bescheuert.

Sei meine KöniginWhere stories live. Discover now