Kapitel 10

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"Guten Morgen!", ruft Maria laut und läuft geradewegs in mein Schlafzimmer. Ich verschlucke mich vor Schreck an meinem Kakao und huste kurz. "Kein Grund gleich den Löffel abzugeben, Charly.", kichert sie. "Also, ich habe dir ein paar Sachen mitgebracht. Für den Ausritt natürlich.", fügt sie hinzu, als ich verwirrt die Sachen mustere. "Oh, ich habe meine eigenen Sachen dabei. Ich bin bestens vorbereitet. Lucian hat mir nämlich letzte Woche schon einen Ausritt versprochen. Kommt er mit?" Maria lässt die Schultern hängen. "Leider nicht, er hat einen wichtigen Termin. Politikscheiße. Aber das ist auch nicht schlimm, wir zwei gehen allein. Das ist doch okay?" Plötzliche Verunsicherung macht sich auf ihrem Gesicht breit. "Aber natürlich.", lächle ich sie an, ehe ich meine Tasse zurück auf das Tablett stelle und aufstehe. "Gib mir nur einen Moment, ich muss mich etwas frisch machen und meine Sachen anziehen." Sie nickt fröhlich und setzt sich auf einen der Sessel. Es war komisch heute früh ganz alleine zu frühstücken. Miss Malcolm kam herein und fragte, was ich wohl essen möchte und kurz darauf wurde ein kleiner Wagen in meine Suit geschoben. Ich bin diesen extremen Luxus nicht gewöhnt. Ob Lucian auch jeden Morgen so frühstückt? Allein?
Im Badezimmer putze ich mir schnell die Zähne, wasche mich kurz mit einem Waschlappen und ziehe mich anschließend an. Eine dunkelblaue Reithose und ein weinrotes Funktionsshirt mit Reißverschluss am Hals, ebenfalls von Pikeur. Anschließend ziehe ich noch passende weinrote Reitsocken über meine Hose und gehe raus auf den Flur, wo meine Koffer stehen. "Schick schick. Hätte mir denken können, dass du deine eigenen Sachen dabei hast. Ein Mädchen von einem Gestüt fährt sicher nicht ohne ihre Reitsachen weg, oder?", "Jedenfalls nicht, wenn mir gesagt wird, dass ich welche mitnehmen soll.", lache ich und hole Schuhe, Stiefel und eine Weste aus meinem Koffer. "So, ich bin dann so weit." Maria nickt zufrieden und wir gehen raus.
"Ich bin mal gespannt, welches Pferd du reiten darfst. Ich bekomme auch immer das gleiche, die Leute hier sind pingelig. Man könnte die Pferde ja versauen." Sie verdreht übertrieben die Augen und grinst. "Aber das ist schon okay, weil ich den Wallach liebe, den ich immer reite. Er heißt Micky.", kichert sie. Im Stall kommt direkt ein junger Mann auf uns zu, den Maria mit einer Umarmung begrüßt. "Du musst Charlotte sein, richtig? Ich bin Matt.", stellt er sich vor und reicht mir die Hand. "Hallo.", erwidere ich. "Prinz Lucian hat mir bereits Bescheid gegeben. Mystic steht in seiner Box und wartet schon. Seine Sachen sind in der Sattelkammer in seinem Schrank. Der Name steht drauf. Solltest du noch Fragen haben, ich bin draußen auf dem Reitplatz.", "Danke.", lächle ich und schon ist er weg. "Oh mein Gott! Du darfst ernsthaft Mystic reiten? Nicht einmal ich darf das, Lucian hat's mir verboten.", schmollt sie. Ich zucke mit den Schultern. Er hat mir ja schließlich versprochen, dass ich ihn reiten darf. "Lucian scheint dich wirklich sehr zu mögen. Was ist das zwischen euch?", fragt Maria, während wir alle Sachen für unsere Pferde zusammen suchen. "Wir sind gute Freunde. Wir haben halt sehr viel Zeit miteinander verbracht, als er bei mir Zuhause war und danach haben wir täglich über WhatsApp geschrieben. Wie verstehen uns einfach gut.", antworte ich und nehme mir die Micklem Trense aus Mystics Schrank. "Ach so. Lucian erzählt viel von dir. Wir sind zusammen aufgewachsen, weißt du? Königin Marlene und König Frederick sind meine Patentante und mein Patenonkel, sie haben mich aufgenommen, als ich gerade mal vier war und meine Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. Seitdem führe ich theoretisch das Leben einer Prinzessin, obwohl ich keine bin. Königin Marlene war die beste Freundin meiner Mutter, weißt du? Naja, was ich damit sagen will, ist dass ich Lucian schon lange nicht mehr so sehr habe strahlen sehen. In deiner Nähe scheint er sich wirklich sehr wohlzufühlen. Ist zwischen euch was gelaufen?" Erschrocken halte ich inne und bin froh, dass mein Kopf im Schrank steckt und sie mein Gesicht nicht sieht, das mit Sicherheit knallrot ist. "Nein, wieso fragst du? Ich habe gerade erst eine Trennung hinter mir gehabt, als Lucian kam, er war einfach für mich da.", antworte ich ausweichend und entscheide mich für eine weinrote Schabracke von Kingsland, die tatsächlich sogar zu meinem Oberteil passt. Wenn dann richtig. Ich schließe die Schranktür und bekomme einen Schreck, als Maria plötzlich so dicht bei mir steht und mich prüfend mustert. "Hm, na gut, dann glaube ich dir das mal.", sagt sie, ehe sie lächelt. Wir gehen zusammen zu den Pferdeboxen und holen unsere Pferde heraus, um sie anschließend in der Waschbox anzubinden. "Was für einen Ausritt hast du dir vorgestellt? Schnell und wild oder langsam und gemütlich?", "Langsam und gemütlich.", antworte ich und lege automatisch meine Hand auf meinen Bauch, nehme sie dann aber schnell wieder weg, als ich Marias Blick bemerke. "Na gut, dann zeige ich dir einfach mal die Umgebung." Ich nicke und fange an, Mystic zu putzen.

Sei meine KöniginWhere stories live. Discover now