Kapitel 57

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Vor dem Flughafengelände haben sich Menschenmassen versammelt, wie Lucian es prophezeit hat. Wir werden durch ein Tor gelassen und der Wagen fährt direkt zum Rollfeld, wo der Jet bereits auf uns wartet. "Privatjet? Ich dachte, dass du das nicht mehr willst?", fragt Lucian schmunzelnd. "Will ich auch nicht aber ich hatte keine andere Wahl.", antworte ich. Die Tür auf Lucians Seite wird geöffnet und er steigt aus. Auch auf meiner Seite öffnet sich die Tür und Lucian kommt um das Auto herum, um mir seine Hand zu reichen. Ich steige aus und wir winken den Leuten am Zaun. "Gott sei Dank hast du mich darauf hingewiesen, dass wir nicht unentdeckt bleiben werden.", murmle ich, während ich strahlend lächle und weiter winke. "Nun ja, ich bin dieses Leben schon etwas länger gewöhnt als du. Komm." Er nimmt meine Hand und führt mich zum Flugzeug. Ich gehe zuerst die Treppe hinauf. Als ich oben ankomme, stehen dort zwei Stewardess und zwei Piloten, die sich vor uns verbeugen. "Willkommen an Bord, Königin Charlotte, König Lucian.", sagt der eine Pilot. "Vielen Dank.", erwidere ich lächelnd und Lucian nickt knapp. "Bitte folgen Sie mir.", sagt die Stewardess und geht voraus. Ich folge ihr. Zuerst gehen wir durch einen abgetrennten Bereich, in dem sich ein paar Sessel befinden, dann geht es weiter und hier befinden sich ebenfalls Sessel mit einem Tisch und eine Couch. Außerdem gibt es eine Tür, die allerdings verschlossen ist. "Nehmen Sie gerne Platz. Wenn Sie etwas essen oder trinken möchten, können Sie mich einfach rufen." Ich nicke dankbar und setze mich in einen der Sessel. Wow, der ist bequem. Lucian setzt sich mir gegenüber. "Was ist da hinter der Tür?", frage ich. "Ein Schlafzimmer. Falls der Flug lang wird, können wir uns dort hinlegen." Ich hebe überrascht die Augenbrauen. Wow. Und wieso ist der vordere Bereich abgetrennt?", frage ich weiter. "Da halten sich die Stewardess und die Sicherheitsmänner auf. Ich möchte schließlich etwas wie Privatsphäre.", "Wow. Das ist absolut krass." Lucian lacht und nimmt meine Hände. "Ich weiß. Ich kenne es aber nicht anders." Er küsst meine Hände und legt sie dann wieder auf dem Tisch ab. "Erzählst du mir jetzt, wohin wir fliegen?" Ich schüttle lächelnd den Kopf. "Das habe ich befürchtet. Sag mir wenigstens, ob es warm wird." Wieder schüttle ich den Kopf. "Ich werde dir nichts sagen. Außer dass es ein langer Flug wird und ich froh bin, dass es ein Schlafzimmer gibt." Er grinst mich an und lehnt sich zurück. "Also schön. Ich werde raten.", "Nein, das wirst du nicht. Lass dich einfach überraschen.", kichere ich. Mein Mann lächelt. "Also schön." Die Stewardess kommt zurück und bittet uns, uns anzuschnallen, da wir nun starten werden. Ich lege also den Sicherheitsgurt an und der Flieger rollt los. "Kannst du dich vielleicht neben mich setzen?", frage ich, als wir uns der Rollbahn nähern. "Oh, aber natürlich.", sagt Lucian und schnallt sich ab, um schnell den Sitzplatz zu wechseln. Als er neben mir sitzt, schnallt er sich wieder an und nimmt meine Hand. Ich hasse den Start. Und die Landung noch mehr. Wenn man oben ist, ist alles okay. Als wir auf die Rollbahn einbiegen, beginnt das Flugzeug plötzlich so stark zu beschleunigen, dass wir in die sitze gedrückt werden und hebt dann mit einem kleinen Ruck vom Boden ab. Wir steigen höher und höher, bis wir endlich weit genug oben sind, dass wir uns abschnallen können und mein Körper sich wieder etwas entspannt. "Wir hätten lieber Zuhause Urlaub machen sollen. Dann wäre mir das erspart geblieben.", murmle ich missmutig. Lucian lacht und setzt sich wieder mir gegenüber. "Nein, Zuhause hätte wir kein Urlaubsfeeling. Wir sollten erstmal anstoßen." Er ruft die Stewardess herbei und bitten sie, uns zwei Champagnerflöten mit Wasser zu bringen. "Du kannst gerne Champagner trinken.", sage ich zu ihm. "Nein nein. Wir trinken beide Wasser.", lächelt er. Wir bekommen die Gläser in die Hand gedrückt. "Darf ich noch etwas bringen?", fragt sie höflich. "Vorerst nicht, danke.", antwortet der König. Sie zieht sich wieder zurück und wir stoßen an. "Auf unseren Urlaub. Auf unsere Ehe. Auf unsere Kinder.", sagt er und lässt sein Glas gegen meines klirren." Ich grinse. "Auf uns." Wir trinken einen Schluck, dann unterhalten wir uns über Gott und die Welt. Nach zwei Stunden werde ich aber etwas müde. Zwei Tage wenig Schlaf sind wirklich anstrengend. "Wir können uns hinlegen. Dafür ist das Schlafzimmer doch da.", bietet Lucian an. Ich nicke also ziehen wir uns zurück. Das Schlafzimmer ist gerade so groß wie das Bett, was völlig ausreichend ist. "Machst du mir Bitte den Reißverschluss auf?", bitte ich ihn. "Klar.", antwortet er und öffnet den Verschluss. Ich schlüpfe aus dem Kleid und ziehe mir Jogginghose und Sweatshirt an. Lucian macht das gleiche und dann legen wir uns auf das Bett. "Das ist bequemer als erwartet.", gebe ich zu. Er nickt zustimmend, verzieht aber etwas das Gesicht. "Was ist?", frage ich. "Nun ja, ich habe in diesem Zimmer schon viel Unsinn angestellt." Ich hebe die Augenbrauen. "Du weißt ja, wie ich vor dir war." Ich nicke. Den Schlagzeilen nach hatte er dauernd neue Frauen und oft wurde ihm auch nachgesagt, drogenabhängig zu sein. "Die Flüge waren oft langweilig und wenn ich die Stewardess heiß fand, habe ich hier mit ihnen die Zeit überbrückt." Mir klappt der Mund auf. "Du warst wirklich ein riesiges Arschloch.", lache ich. Er nickt und sieht mich entschuldigend an. "Jetzt wo du hier mit mir liegst, habe ich das Gefühl, dass ich vor dir ein absolut trauriges Leben gelebt habe." Ich verziehe das Gesicht. "Hast du wirklich. Aber jetzt ist alles besser, weil du jetzt mich hast." Ich sehe an mir herunter und lege meine Hand auf meinen Bauch. "Uns.", korrigiere ich mich selbst. Lucian lächelt zaghaft. "Kann ich dich etwas fragen?", frage ich vorsichtig. "Alles.", antwortet er und streicht mir ein paar Haare hinter mein Ohr. "Wieso hast du so gelebt?" Er schluckt schwer und sieht hoch an die Decke. "Der Druck war sehr groß. Schon als Kind wurde ich auf mein späteres Leben vorbereitet. Aber letztendlich dachte ich, dass ich erst König werde, wenn ich älter bin. Viel älter. Kein König dankt grundlos ab. Mein Vater schon gar nicht. Das war mir immer bewusst. Also war mir immer klar, dass ich noch viele Jahre Zeit habe, bis ich gekrönt werde. Sieh dir die Queen an. Wenn es für Charles schlecht läuft, stirbt er vor seiner Mutter, weil er auch schon nicht mehr der jüngste ist. Dann wird er nie König. So habe ich es mir für mich auch immer vorgestellt. Ich bin einfach vor meinen Pflichten geflohen. Habe rebelliert, weil ich es nicht einsehen wollte, dass es wichtig ist, dass ich mich benehme. Frauen waren eine super Ablenkung. Alkohol und Drogen auch. Ich habe es geliebt, Party zu machen. Die anschließenden Predigten meines Vaters waren mir völlig egal. Auch was die Presse über mich schrieb. Aber dann.." Er hält inne und atmet tief ein. "... dann wurde dein Vater krank.", flüstere ich. "Ja.", haucht er mit ersticker Stimme. Ich lege meine Hand an seine Wange und drehe seinen Kopf in meine Richtung. "Als Dad ins Krankenhaus kam und es eine Diagnose gab, habe ich versucht, mich zu ändern. Habe meine Pflichten ernst genommen und habe mit den Partys und den Drogen aufgehört. Ich habe zugesehen, wie es ihm schlechter geht und dann war da plötzlich der Wunsch in mir, mich zu verlieben und Kinder zu bekommen. Ich hatte nur einfach einen falschen Ansatz. Nun ja, als Kronprinz bekommt man eingetrichtert, dass man bei der Wahl seiner Braut schlau sein muss. Deshalb habe ich es meinen Eltern überlassen, mir eine Frau zu suchen. Ich wollte Kinder, bevor Dad stirbt, damit er seine Enkelkinder noch kennenlernt und da ich es schon immer schwer hatte, eine Frau zu finden, die es ernst mit mir meint, sagte ich Mom, sie solle die Frauen einladen, die in frage kämen. Es war jedes Mal ätzend, wenn diese Frauen zum Abendessen kamen, um sich mir vorzustellen. Bis auf Eliza fand ich sie alle schrecklich. Deshalb war sie eine ganze Weile meine erste Wahl. Aber dann kam mein Urlaub bei euch auf dem Gestüt. Ich habe dich gesehen und für mich stand fest, dass ich dich will. Aber nur körperlich, weil du für eine Heirat nicht in Frage kamst. Ich wollte noch einmal Spaß, bevor mein Leben noch ernster wird und ich König werde. Ich konnte ja nicht ahnen, was für Gefühle du in mir auslösen würdest. Als wir beide diese Nacht auf dem Heuboden verbracht haben, hat sich in mir etwas gedreht. Ich habe plötzlich mein Verhalten der ganzen letzten Jahre bereut und bedauerte es, dass ich dich verlassen musste und Zuhause eine andere Frau heiraten würde, die ich niemals lieben würde." Ich lächle. "Ich war am Boden zerstört, als du weggefahren bist.", flüstere ich. "Und noch schlimmer war es, als mir klar war, dass ich schwanger war.", rede ich weiter. Lucian legt seine Hand auf meine, die noch immer an seiner Wange liegt. Er schließt die Augen und schmiegt seine Wange an meine Hand. "Es brach mir das Herz, als du vor dem Pferderennen weggefahren bist.", flüstert er. "Und ich hatte so eine Angst um dich, als du an meinem Geburtstag zusammengebrochen bist." Wieder lächle ich zaghaft. "Es tut mir leid, dass wir es nicht früher auf die Reihe bekommen haben. Dass ich so dumm war und dir nicht eher mein Herz vor die Füße gelegt habe." Ich schüttle den Kopf. "Das muss dir nicht leid tun. Ich war doch genauso dumm.", sage ich. Er lacht etwas, dann überbrückt er die letzten Zentimeter zwischen uns, um mich zu küssen.

Wir liegen ewig so beieinander. Wir reden, kuscheln und genießen die Nähe des anderen. Aber irgendwann klopft es an der Tür. "Majestät, es ist Zeit, sich zu setzen und anzuschnallen. Wir müssen zwischlanden und die Maschine auftanken.", erklingt die Stimme der Stewardess. Lucian runzelt die Stirn. "Zwischenlanden und tanken? Himmel, wie weit ist es denn noch?" Ich zucke geheimnisvoll mit den Schultern. Ich werde ihm auf keinen Fall sagen wo wir sind und wohin es geht. Wir stehen auf, schlüpfen in unsere Schuhe und gehen zu unseren Sesseln. Lucian setzt sich wieder neben mich und kaum haben wir uns angeschnallt, verliert der Jet langsam an Höhe. Das ist so ein ekelhaftes Gefühl und mein Magen beginnt zu rebellieren. "Lass mich raus.", sage ich zu Lucian und schnalle mich ab. "Was? Schatz, du musst angeschnallt bleiben.", sagt er fast schon aufgebracht. "Lass mich durch!", rufe ich panisch aber er ist nicht schnell genug, also steige ich über ihn rüber und renne zur Toilette. Ich mache mir gar nicht erst die Mühe, die Tür zu schließen. Das hätte ich sowieso gar nicht mehr geschafft. Mein Magen zieht sich zusammen und ich übergebe mich. "Darling? Alles in Ordnung?", fragt Lucian sanft und Tritt hinter mich, um mir den Rücken zu streicheln und die Haare aus dem Gesicht zu halten. Ich verneine und übergebe mich erneut, während der Flieger weiterhin an Höhe verliert. Das macht es wirklich nicht besser. "Dieser verdammte Sinkflug.", murmle ich und wieder muss ich würgen. Schwangerschaft und Fliegen verträgt sich doch weniger als gedacht. Früher bin ich zwar auch oft geflogen und habe das Landen gehasst, aber jetzt mit zwei Kindern im Bauch scheint es tausend mal schlimmer zu sein. "König Lucian, Sie müssen sich wirklich wieder hinsetzen und anscha... oh." Die Stimme der Stewardess verstummt, als sie merkt, dass wir nicht aus Spaß an der Freunde nicht angeschnallt auf unseren Plätzen sitzen. "Ich hole eine Schüssel. Sie müssen sich wirklich wieder setzen." Sie eilt nach vorn und kommt wenig später mit einem Eimer zurück. Ich spüle und stehe mit Lucians Hilfe auf. Wir gehe zurück zu unseren Plätzen und ich schnappe mir schnell die Schüssel. "Ich habe Tabletten gegen die Übelkeit." Sie reicht mir eine Tablette, die ich skeptisch beäuge. "Könnte ich die Verpackungsanleitung haben?", frage ich vorsichtig. Sie errötet. "Ich habe nachgesehen, die Tabletten sind unbedenklich.", sagt sie. "Okay, vielen Dank." Ich nehme die Tablette und schlucke Sie mit einem großen Schluck Wasser herunter. "Anschnallen, Darling.", sagt Lucian sanft und drückt mich leicht nach hinten, damit er an den Gurt kommt und ihn schließen kann. Die Stewardess zieht sich wieder zurück. "Ich ertrage den Gedanken nicht, dass ich noch eine Landung über mich ergehen lassen muss.", seufze ich. "Ich bin bei dir." Mein Mann küsst mich auf die Schläfe. Das Flugzeug setzt mit einem Ruck auf dem Boden auf und bremst stark ab. Beim Bremsen wird mir wieder übel und ich muss wieder erbrechen. "Lass uns einfach aussteigen und auf dem Flughafen Urlaub machen.", stöhne ich, was Lucian zum lachen bringt. So ein Elend. Als wir stehen bleiben, atme ich auf. Lucian nimmt mir die Schüssel ab und leert sie in der Toilette. Als er zurück ist, lehnt er sich zu mir und sieht nach draußen. Als mir klar wird, was er da versucht, ziehe ich das Rollo herunter. "Wage es ja nicht.", warne ich ihn. "Ich habe doch nur nach draußen geguckt.", sagt er scheinheilig. Von wegen. Er hat versucht irgendwie herauszufinden, wo wir sind. Ich lehne mich an ihn und versuche zu entspannen, während das Flugzeug vollgetankt wird.

Sei meine KöniginWhere stories live. Discover now