Kapitel 43

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Lucian und ich sind bereits seit einer Stunde wach und genießen die Ruhe zu zweit. Wir liegen im Bett, unterhalten uns, küssen uns, berühren uns. Wir tauschen Zärtlichkeit aus, lassen es aber nicht zu mehr kommen, da wir uns einfach nur ansehen und die Liebe zwischen uns fühlen wollen. Lucian streichelt gerade sanft über meinen nackten Arm und verfolgt dabei die Bewegung seiner Hand, als es klopft und er leise seufzend die Augen schließt. "Ist okay. Wir hatten eine ganze Stunde für uns allein. Vielleicht sollten wir das jeden Morgen so machen.", flüstere ich und lege meine Hand an seine Wange. Er nimmt meine Hand weg und küsst sie sanft auf die Innenfläche. "Du hast recht. Es hat mir sehr gefallen.", erwidert er. Es klopft erneut, diesmal ein klein wenig energischer. Wir richten uns auf, schwingen die Beine aus dem Bett und ich schlüpfe in meinen Morgenmantel. "Herein.", ruft Lucian förmlich und zieht sich ein Shirt über den Kopf. Für meinen Geschmack hätte er auch nur in seiner Pyjamahose bleiben können aber als ein paar Dienstmädchen durch das Zimmer eilen, ändere ich meine Meinung diesbezüglich. "Guten Morgen, Majestät. Guten Morgen, Miss O'Brien.", begrüßt uns Pedro. Wir setzen uns an den Tisch und während Lucian einen Teller mit verschiedenen Wurstsorten und Brötchen serviert bekommt, steht vor mir plötzlich lediglich eine Schüssel Obstsalat und ein Joghurt. Ich sehe verwirrt mein Frühstück an. "Wieso bekomme ich etwas anderes?", frage ich. Ein Dienstmädchen errötet. "Anordnung von Miss Malcolm.", piepst sie und zieht sich zurück. "Ah, nun ja.", sagt Pedro verlegen. "Miss Malcolm lässt ausrichten, dass bis zur Hochzeit nicht viel Zeit bleibt und da nun doch eine Schwangerschaft dazukommt, hat sie Angst, dass das Kleid nicht passen könnte." Ich presse verärgert die Lippen aufeinander. "Wann sind die Bewerbungsgespräche? Offensichtlich wird es Zeit für eine eigene persönliche Assistentin.", brumme ich unzufrieden. "Die sind heute. Um elf Uhr beginnt das erste Gespräch.", erwidert Pedro nach einem Blick auf seine Unterlagen. Na wenigstens ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. "Werde ich dabei sein?", fragt Lucian und beißt in sein Brötchen. "Ja, so habe ich es geplant. Ich werde ebenfalls dabei sein. Für den Fall, dass ich einmal frei habe oder krank bin, wird Miss O'Briens Assistentin meine Aufgaben mit übernehmen und deshalb ist es wichtig, dass man gemeinsam eine geeignete Person findet." Mein Verlobter nickt zufrieden. Und sieht mich plötzlich an. "Alles okay?", fragt er mit vollem Mund und hört auf zu kauen. Ich will antworten, aber dann kann ich mir nur noch die Hand vor den Mund halten und renne zum Badezimmer. Ich schaffe es noch rechtzeitig den Toilettendeckel hochzuklappen. "Würden Sie alle uns bitte einen Moment alleine lassen?", höre ich Lucians Stimme. Schritte sind zu hören, eine Tür geht zu und dann hockt Lucian hinter mir und hält mir die Haare. "Geht's wieder?", fragt er sanft, als ich mich langsam beruhige. Ich nicke vorsichtig und drücke die Spültaste. "Kam nur sehr überraschend.", sage ich seufzend und stehe langsam auf. "Brsuchst du Ruhe?", fragt er besorgt und streichelt mir über die Haare. "Was ich jetzt brauche ist ein vernünftiges Brötchen mit Nutella.", sage ich und gehe zum Waschbecken, um mir den Mund zu Spülen.

Gegen elf Uhr sitzen Lucian und ich in seinem neuen Büro. Im Büro des Königs. Wir haben auf dem Sofa Platz genommen und sehen uns die Bewerbung der Frau an, die als erstes zu uns kommen wird. Sie ist fünfundzwanzig, kommt hier aus der Stadt und hat ein abgeschlossenes Studium in Richtung Wirtschaft und Kommunikation. Letztendlich ist es mir egal, was für Abschlüsse er oder sie hat. Wichtig ist, dass mein Frühstück nicht ohne mein Wissen und ohne mein Einverständnis geändert wird. Janet übertreibt im Moment einfach.
Mein Blick fällt auf den Bediensteten, der an der Tür steht und darauf wartet, Anweisungen zu erhalten. Er steht stocksteif, den Blick starr nach vorne. Sein Name ist Troy und er ist noch recht jung. Ich weiß nicht, ob das mein Traumjob wäre. "Troy? Würden Sie bitte Miss Johnson zu uns holen?", bitte ich ihn höflich. Er dreht sich zu mir, deutet eine Verbeugung an und öffnet die Tür. "Miss Johnson, wenn sie so freundlich wären, der König und die künftige Königen empfangen Sie jetzt.", höre ich ihn sagen. Unwillkürlich verdrehe ich die Augen was Lucian mit einem Schmunzeln kommentiert. Die junge Frau tritt hinein und deutet einen Knicks an. "Majestät, Miss O'Brien, es ist mir eine Ehre hier sein zu dürfen.", lächelt sie höflich. Lucian und ich sind aufgestanden und reichen ihr nacheinander die Hand. "Setzen Sie sich doch. Wollen Sie etwas trinken?", frage ich und deute auf den Tee der zwischen uns auf dem Tisch steht, doch sie lehnt dankend ab. "Okay, dann erzählen Sie uns doch einfach ein wenig von sich." Sie rattert Dinge herunter, die zum größten Teil schon in der Bewerbung stehen und mit jedem weiteren Satz rücke ich meiner Entscheidung näher. Sie wird es nicht. Irgendwas stört mich, auch wenn ich nicht genau sagen kann, was es ist.

Dieses Spiel treiben wir mit weiteren zehn Frauen und langsam raucht mir der Kopf. Unser letzter Bewerber ist ein Mann, was Lucian erst nicht gefällt, doch als ich ihm zu verstehen gebe, dass mir das egal ist, gibt Lucian nach. Sein Name ist Percy, er kommt ursprünglich aus einem kleinen Dorf an der südlichen Grenze des Königreiches und liebt es zu reisen. Gemeinsam mit seinem Exmann, denn Percy ist seit einem halben Jahr von seinem Mann geschieden. Er spricht sechs Sprachen fließend und hatte bereits einen Job als Assistent bei einem großen Modelabel. "Ich bin begeistert.", sage ich, am Ende des Gespräches. Er ist mir absolut sympathisch und ganz offensichtlich haben wir den gleichen Humor. Auch Lucian scheint ihn zu mögen und was Pedro denkt, ist mir eigentlich völlig egal. Mein Verlobter und ich tauschen einen Blick aus, dann stehe ich auf und reiche Percy die Hand. "Sie haben den Job." Mit offenem Mund starrt er zu mir auf, dann erhebt er sich langsam und schüttelt meine Hand. "Wirklich? Wow, vielen Dank! Ich dachte nicht, dass ich es schaffen würde." Er atmet durch und ich lache. "Die Frage ist allerdings, wann Sie anfangen können. In acht Wochen ist meine Hochzeit, bis dahin muss noch eine Menge geplant werden.", erkläre ich. "Ich stehe sofort zur Verfügung.", antwortet er motiviert. "Sehr schön. Umso besser. Pedro? Wäre es möglich, dass du ihm heute und morgen ein wenig seine Aufgaben zeigst?", Pedro blättert in seinen Unterlagen. "Es passt sogar sehr gut. Es gibt viel zu tun und ein wenig Hilfe kann nicht schaden. Aber vorerst Kümmern wir uns um das Outfit.", sagt er und steht auf. Ich blinzle verwirrt. "Was für ein Outfit?", frage ich. "Als Assistent der künftigen Königin ist es angebracht, sich vernünftig zu kleiden. Anzug und Krawatte.", erklärt er mir. Ich schüttle den Kopf. "Percy hat einen sehr guten Geschmack was Kleidung betrifft. Ich möchte, dass er mir im Alltag auch mit Alltagskleidung zur Seite steht. Sonst werde ich noch irre.", seufze ich. Percy wirkt erleichtert. Auch wenn er absolut hinreißend in einem Anzug aussehen würde. Pedro zögert, gibt nach einem Blick in Lucians Richtung allerdings nach. "Nun gut. Kommen Sie, Mister Evans, ich zeige Ihnen alles." Percy folgt Pedro und ich lasse mich erschöpft neben Lucian sinken. "Was für ein Tag. Bitte sag mir, dass er vorbei ist." Lucian schmunzelt und streicht mir durch das geglättete Haar. "Der Tag ist vorbei. Heute steht nichts mehr auf dem Plan. Außer Zeit für uns natürlich.", lächelt er. Was für ein Glück. "Dann lass uns auf unser Zimmer gehen. Ich muss mich ein wenig lang machen, bevor ich später zu Jason und Dad gehe, um mich zu verabschieden." Mein Vater und mein Bruder werden heute wieder nach Hause fliegen und erst einen Tag vor der Hochzeit zurückkehren. Sie wollten eigentlich nach der Krönung wieder nach Hause aber sie konnten alles klären und haben einen vier wöchigen Urlaub in Carwona gemacht. Mom hingegen wird hier bleiben und mich bei den Hochzeitsvorbereitungen unterstützen. Sie sagt mir dauernd, dass ich Stress vermeiden muss, nun da ich zwei Kinder unter meinem Herzen trage, aber das ist leichter gesagt als getan, wenn man eine Hochzeit planen muss und darauf vorbereitet wird, dass man in acht Wochen gekrönt wird. Meine Nervosität erreicht täglich einen neuen Höhepunkt und ich weiß wirklich nicht, wie ich das durchstehen soll. Aber wenn ich abends neben Lucian liege, scheint alle Anspannung wie weggeblasen. Ich bin froh, jemanden wie ihn zu haben. Sicherlich bringt er große Lasten in mein Leben aber dennoch liebe ich ihn von ganzem Herzen und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, auch nur einen Tag ohne ihn zu sein.
Wir legen uns ins Bett und kuscheln uns wie heute früh eng aneinander. Wir sehen uns an, berühren und küssen uns. Geredet wird nicht, denn das ist nicht nötig. Wir genießen die Stille, denn den ganzen Tag haben wir reden und zuhören müssen. Irgendwann reicht es einem dann auch einfach und diesen Punkt haben wir schon bei Bewerberin Nummer sechs überschritten. Uns rauchen die Ohren. Irgendwann löst Lucian sich von mir und rutscht weiter nach unten. Ich drehe mich auf den Rücken und beobachte ihn, um herauszufinden, was er vorhat. Vorsichtig schiebt er meinen dünnen Pullover hoch, streicht kurz mit dem Finger über meinen Bauch und legt dann seinen Kopf dicht unter meinen Brüsten ab. Ich sage wieder nichts. Er auch nicht. Er streichelt einfach nur meinen flachen Bauch und ich vergraben meine Finger in seinen weichen Haaren. Irgendwann wird seine Atmung gleichmäßig und ruhig und das Streicheln hat aufgehört. Lächelnd sehe ich zu ihm herunter und finde es beinahe schade, dass ich ihm nicht ins Gesicht sehen kann. Aber dann werde ich auch schläfrig und schließe meine Augen.

Sei meine KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt