Kapitel 45

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Mit einem leichten Kribbeln im Bauch wartete ich, dass wir endlich bei Valerians Zimmer ankamen. Auch wenn wir erst seit ein paar Minuten durch die Gänge irrten, konnte ich das Wiedersehen kaum noch erwarten.

„Pass doch auf", fauchte mich des Öfteren einer der drei Wissenschaftler an, weil ich ein paar Mal vor Nervosität nicht aufgepasst hatte und gegen ihn gelaufen war. Wieso mussten sie mich auch umkreisen?

Einen zweiten Fluchtversuch würde ich ohnehin nicht ohne Valerian wagen. Konzentriert musterte ich den einzigen Forscher in meinem Blickfeld. Von den anderen gingen zwei neben und einer hinter mir.

Im Großen und Ganzen verriet nur der lange weiße Kittel seinen Beruf. Die Hose, welche er darunter trug, war lediglich eine verwaschene Jeans. Ich vermutete, dass er dazu ein weißes oder anders farbiges Hemd trug.

Seine Haare waren ordentlich und recht kurz. Der Wissenschaftler hätte ohne Kittel locker als Büroangestellter oder Verkäufer durchgehen können. Doch dies traf auch auf alle anderen Forscher zu, denn sie trugen alle ein einheitliches Outfit.

Endlich kamen wir an einer der unzähligen Türen an und der voran gegangene Wissenschaftler wollte gerade aufsperren eher er inne hielt und sich zu mir umdrehte: „Du hast eine Stunde Zeit. Um dein neu gewonnenes Vertrauen uns gegenüber nicht zu gefährden, haben wir uns dazu entschieden, die Überwachungssysteme in dem hinter der Tür liegenden Raum zu deaktivieren. Jedoch werden wir die Ausgangstür versperren, damit eventuelle Fluchtversuche verhindert werden."

Skeptisch musterte ich den Wissenschaftler und fragte: „Und wieso sollte ich das Glauben?" „Musst du nicht, aber du kannst es selbst überprüfen. Wenn bei den Kameras innerhalb des Raumes kein kleines Licht blinkt oder leuchtet, dann sind sie deaktiviert", entgegnete der Forscher neutral.

Eine Weile musterte ich den Mann noch prüfend, doch da er keine Mine verzog und ich endlich zu Valerian wollte, nickte ich ihm zu, damit er endlich die Tür öffnete.

Schließlich war es so weit, ich saß auf einem schlichten Plastiksessel Valerian gegen über, welcher auf einem ähnlichen Gestell saß. Nur der aus dem gleichen Material wie die Sessel bestehende Tisch trennte uns. Ich wusste nicht was das hier für ein Raum war oder wozu man ihn nutzen konnte, aber Valerians Zimmer war das definitiv nicht.

Außer den 3 Möbelstücken, einer einfachen Deckenlampe und den angeblich ausgeschalteten Kameras, befand sich absolut nichts im Raum.

Ich wusste immer noch nicht, ob ich den Wissenschaftlern glauben konnte, dass das Überwachungssystem lahmgelegt wurde. Zwar leuchtet an den Kameras wirklich kein kleines Licht, aber wer weiß mit welchen Mitteln diese Organisation arbeitete, um an Information zu gelangen.

Schweigend saßen Valerian und ich uns gegenüber. Ich wollte nichts sagen, weil ich mir sicher war, dass die Forscher mithörten. Valerian schien es genauso zu ergehen, denn auch er wagte es nicht den Mund aufzumachen.

Nach geschätzten fünf Minuten die wir schweigend verbracht hatten entschied sich Valerian um und begrüßte mich flüsternd mit einem: „Hallo, Gracie."

Seine Stimme war hauchdünn und fast schon kraftlos. Besorgt sah ich ihn an und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. „Darfst du näher kommen oder müssen wir den Abstand zwischen uns erhalten", rätselte Valerian mit ebenso kraftloser Stimme wie zuvor.

Nachdenklich überlegte ich: „Da wir angeblich eh nicht überwacht werden, sollte das egal sein. Wieso? Was hast du vor?" „Traust du den Wissenschaftlern und ihrer Behauptung über das Ausschalten der Überwachungssysteme?", zweifelte Valerian und faltete sein Hände in seinem Schoß.

„Nein, natürlich nicht", sagte ich hastig und in mittlerweile normaler Lautstärke. „Ich eben auch nicht und deshalb sollten wir näher aneinander rücken und uns flüsternd unterhalten. Mit der Hoffnung nicht belauscht zu werden, denn das was wir jetzt über den Tisch besprechen, dringt sicher bis zu den Wissenschaftlern durch", erläuterte mir Valerian sein Bedenken.

„In Ordnung, was schlägst du vor? Willst du dich auf den Boden setzen oder soll ich meinen Sessel zu deinem stellen?", fragte ich. Doch kurzerhand hatte ich mich selbst dazu entschieden, meinen Sessel neben dem von Valerian zu stellen.

Im nächsten Moment saß ich schon neben ihm, auf der anderen Seite des kleinen Tisches, welcher uns zuvor noch voneinander getrennt hatte. Jetzt konnten wir beide auf die mittlerweile leere Stelle starren, an der ich vor kurzem noch gesessen hatte.

„Wie geht's dir?", flüsterte Valerian voller Sorge in seiner Stimme. Meine Stimmung schlug schlagartig um und ich dachte an die letzten verwirrenden Stunden zurück.

Verzweifelt schaute ich direkt in Valerians graue, leuchtende Augen. Plötzlich schossen mir Bilder von Ivonne und Valerian in den Kopf. Wie musste er mit der echten Bianca gewesen sein?

Im selben Moment brach ich den Blickkontakt ab und schaute zu Boden. Mein Kopf war wie leer gefegt und auf einmal hatte ich nicht mehr das Bedürfnis ihm von meiner Unentschlossenheit zu erzählen.

„Du brauchst nicht antworten, wenn du nicht willst", sagte Valerian beschämt und auch er senkte seinen Blick. Wir verfielen in Schweigen.

Ich hatte mir das Zusammentreffen mit Valerian ganz anders vorgestellt. Redseliger. Lag es an mir oder steckte hinter seinem Verhalten mehr? Hatte er mich belogen, was seinen Zustand betraf? Ging es ihm schlechter als mir bewusst war?

Mittlerweile war ich mir sicher, dass hinter seinem Verhalten mehr stecken musste. Irgendetwas beschäftigte Valerian und ich musste unbedingt herausfinden was das war.

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