Kapitel 41

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„Das sind Adrian und Bruce Sapia. Sie sind Zwillinge und seit 2 Jahren hier. Ihre Eltern haben sie im Alter von 15 Jahren hierher gebracht, weil sie nicht mehr mit den Fähigkeiten ihrer Kinder zurechtkamen", erzählte uns meine Mutter etwas über die Neuankömmlinge.

Dann stellte meine Mutter uns nacheinander vor. Zuerst Amara, dann Alex und schlussendlich noch mich. Valerian erwähnte sie nur am Rande, warum wusste ich nicht, denn er hatte inzwischen genauso viel mitgemacht wie wir alle.

Adrians grau-blaue Augen fielen mir sofort auf, doch auch die von Bruce waren nicht türkis, sondern in einem dunklen blau. Bevor ich mich fragen konnte, ob sie Fähigkeiten besaßen, wurde die Frage von dem neugierigen Alex gestellt.

Wie sich herausstellte, war der braunhaarige große Junge, Bruce und der identisch aussehende, aber um einiges dicker wirkende, Adrian. Adrian besaß die Fähigkeit der Wassermanipulation und sein Bruder Bruce hatte die Kontrolle über die Elektrizität.

Meine Mutter verkündete, dass wir uns alle etwas besser kennen lernen sollten, damit uns die Kooperation leichter fällt. Wir sollten uns anfreunden, aber ich war mir nicht sicher, ob das zwischen Amara und Alex noch eine Option war.

Amara schien von Anfang an abgeneigt von Alex zu sein, aber es waren immer noch Kinder, also würden sie sich vielleicht doch noch mögen lernen. Alex schien auf jeden Fall interessiert an einer Freundschaft mit Amara, denn der Junge setzte sich neben sie und nachdem er sich bei ihr gründlich entschuldigt hatte, betrachtete er die durch das Licht heller gewordenen Schatten begeistert.

Valerian ist mit Bruce und Adrian in ein Gespräch gekommen, aber das störte mich nicht, denn ich wollte sowieso meiner Mutter ein paar Fragen stellen. Als ich von der Wand aufstand und zu ihr ging, begrüßte sie mich freundlich.

„Ich habe eine wichtige Frage. Wieso haben manche von uns türkise Augen und wo ist überhaupt Lucy?", fiel mir plötzlich das Fehlen des kleinen Mädchens auf. Sie hatte sich bei unserem letzten Treffen als Subjekt 311 herausgestellt und jetzt war sie nicht hier.

Der Gesichtsausdruck meiner Mutter verdunkelte sich bei Lucys Namen, aber trotzdem antwortet sie mir: „Sie liegt in der Krankenstation. Die Wissenschaftler sind bei einem Experiment zu weit gegangen, aber ihr scheint es langsam wieder besser zu gehen und auf deine andere Frage zurückzukommen: türkise Augen haben nur Kinder, die ihre Fähigkeiten noch nicht kennen oder noch nicht im Griff haben." Ungläubig sah ich meine Mutter an. Mir waren gerade beide Antworten etwas zu viel gewesen.

Irritiert schaute ich kurz zur 5 Jahre alten Amara und starrte direkt in ihre pechschwarzen, undurchdringbaren Augen. „Ja, Amara ist sehr talentiert und früh reif. Selbst in ihrem zarten Alter, hat sie schon die ganze Kontrolle ihrer Fähigkeiten erlangt. Aus ihr wäre eine starke Frau mit ebenso starker Persönlichkeit geworden, hätten ihre Eltern sie hier nie hergebracht", erläuterte mir meine Mutter.

Traurig musterte ich jeden nach einander von oben bis unten. Dem Großteil von uns wurde die Kindheit geraubt und das Leben, welches wir hätten führen können. Wir waren alle nur noch ein Haufen psychisch kranker Kinder, welche durch den Traum von Freiheit angetrieben wurden. Würde die Hoffnung vollends verblassen, würde jeder einzelne von uns wie ein Kartenhaus in seine Einzelteile zerfallen.

„Wieso sind meine Augen noch türkis? Liegt es an dem Eindringling?", fragte ich langsam nach. „Ich weiß es wirklich nicht, aber das könnte der Grund sein. Kannst du den auf deine Fähigkeit überhaupt zu greifen?", stellte mir meine Mutter im Anschluss noch eine Frage.

Ich verneinte und gesellte mich zu den drei Jungen, welche gerade in einem Gespräch über ihr früheres Leben waren. Also das Leben, welches sie geführt hatten, bevor sie zu diesem Ort gekommen waren.

Adrian erzählte gerade mit einem breiten Lächeln im Gesicht von seiner Schulzeit und das seine Eltern immer gedacht hatten, er würde ein Schwimmweltmeister werden.

Valerian bemerkte mich sofort und legte sogleich seinen rechten Arm um meine Schultern. „Jungs, dass ist Gracie", stellte mich der Junge seinen neu gewonnenen Freunden vor.

Sie nickten mir kurz freundlich zu. Das warme Gefühl, welches Valerians Berührung auf mich hatte, bot mir Schutz und Vertrauen. „Wie war dein Leben, bevor du hier hergekommen bist?", fragte Bruce nach einiger Zeit.

„Ziemlich kompliziert", kommentierte ich sachlich, da ich nicht näher darauf eingehen wollte. Es hatte mir schon viel Kraft gekostet Valerian alles zu erzählen und wildfremden Jugendlichen würde ich nichts davon erzählen.

Doch Bruce schien die Antwort nicht zu reichen, also schilderte ich kurz die Situation nach meinem Ausbruch aus der Anstalt. Was vor diesem Ort war, erwähnte ich nicht.

Trotzdem konnte ich meine Gefühle nicht länger unter Kontrolle halten und mein Geist begann sich für kurze Zeit wieder von meinem Körper zu trennen. Mir wurde schwarz vor Augen und der Fremde übernahm für einen kurzen Moment die Oberhand.

Im nächsten Moment spürte ich wieder meinen Körper und es schien alles wie vorher, als wäre es ein einfacher Schwächeanfall gewesen. Ich spürte den Eindringling, welcher versuchte sich bei mir zu entschuldigen, aber das Ding konnte ja auch nichts für sein rasantes Wachsen.

„Gracie? Gracie, hörst du mich?", hörte ich die schwache, schrille Stimme meiner Mutter, welche neben mir am Boden kniete. Mein Kopf ruhte auf Valerians Oberschenkel und die anderen standen erschrocken ein paar Schritte entfernt.

„Oh gut. Du hörst und siehst mich wieder. Was ist passiert?", fragte meine Mutter besorgt nach.

Zitternd erläuterte ich die Situation: „Ich glaube, dass der Fremde für kurze Zeit meinen Körper wieder übernommen hat. Das Ding wird stärker und der Eindringling wächst täglich."

Es würde nicht mehr lange dauern, bis es endgültig vorbei mit mir. Ich würde sehr bald sterben müssen.

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