Kapitel 36

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Nachdem ich von Valerian erfahren hatte, dass er erst seit ein paar Wochen hier war und er noch nicht verletzt wurde, fiel mir ein großer Stein vom Herzen.

Aber als mir meine Mutter erzählte, dass es meiner Oma nicht so gut ginge, häufte sich die Last wieder etwas mehr auf meinen Schultern. Was hatte ich ihr nur angetan? Was hatte ich allen nur angetan? Wir mussten meine Großmutter unbedingt finden und retten.

„Ich muss euch jetzt zu eurem jeweiligen Raum begleiten. Langsam wird euer Fehlen zu auffällig. Aber haltet in Zukunft Ausschau nach mir, denn dieses Geheimtreffen wird nicht das Letzte sein", mit diesen Worten öffnete meine Mutter die Tür hinaus aus dem unbenutzten Raum.

Wenig später fand ich mich schließlich wieder im gewohnten Untersuchungsraum wieder.

Nachdem ich kurz von oben bis unten von den Wissenschaftlern durchgecheckt wurde, begannen wieder die Experimente. Ich wurde an eine Liege gefesselt und mir wurde der Mund mit einem Streifen Klebeband zu geklebt, sodass ich weder schreien noch reden konnte.

Dann wurde ein großer Bildschirm vor mich geschoben. Der am Anfang noch schwarze Bildschirm wurde heller und ich konnte einen dunklen Raum erkennen. Waren das Aufnahmen von einer Überwachungskamera?

Erst jetzt bemerkte ich den eingerollten Körper in einer der Ecken. Das Gesicht konnte ich nicht erkennen, aber ich war mir sicher, dass ich diese Person kannte.

Irgendetwas kam mir so unheimlich bekannt an ihr vor. Der Körper bebte und zitterte. Plötzlich machte es einen Ruck und der Kopf drehte sich ein kleines Stückchen mehr in die Kamera. Im nächsten Moment erkannte ich die weinende, alte Frau am Boden. Es war meine Oma.

Sie lag schutzlos und zusammengekauert da und ich hatte das Bedürfnis zu schreien. Doch das Klebeband hinderte mich daran. Dann sah ich es, eine kleine, versperrte Öffnung in der Wand. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass sich die Blockade entfernen ließ und was hinter dem Loch war, wollte ich beim besten Willen nicht wissen.

„Na? Bist du schon gespannt was wir als nächstes geplant haben?", fragte mich mein Vater provokant, welcher auf einmal neben mir stand und amüsiert auf den Bildschirm starrte.

„Ich hoffe du verstehst, warum wir das alles machen. Es ist nur zu deinem und unserem Besten. Deine Großmutter muss einfach vernichtet werden. Sie steckt einfach schon zu tief drinnen und das gleiche wird, neben bei bemerkt, auch deinem kleinen Freund Valerian widerfahren", sagte er höhnisch und entfernte sich wieder etwas von mir.

Was dann passierte würde mich bis zu meinem Lebensende traumatisieren, aber das war ich ohnehin schon durch meine Kindheit. Traurig folgte ich dem bitteren und abartig brutalen Lebensende meiner Großmutter.

Zuerst lag sie wie zuvor zitternd in der Ecke. Doch dann hörte man ein Klicken und die Blockade, von der Öffnung in der Wand, wurde mit einem lauten Knirschen hoch gezogen. Panisch rollte sich meine Großmutter noch weiter zusammen. Sie hatte Todesangst und versuchte Halt in der Ecke zu finden. Dann ertönte ein Rascheln und ein langsames längliches Objekt kroch aus dem Loch.

Geschockt riss ich meine Augen auf als ich realisierte, dass das Ding eine Riesenschlange war. Die Schlange bewegte sich in schlangenförmigen Bewegungen aus der Öffnung heraus. Das Tier war riesig und es wollte einfach kein Ende nehmen.

„Schönes Tier, nicht Gracie? Wir haben das Tier selbst gezüchtet. Extra groß und aggressiver als normale Pythons. Sie sind zwar keine Giftschlangen, aber dafür verfügen sie über eine andere, vielleicht sogar etwas unangenehmere Jagdmethode. Ich denke du weißt was ich meine. Pythons sind sehr große Würgschlangen. Natürlich mussten wir dieses Exemplar überzüchten damit es auch wirklich groß genug ist, um seine ganze Beute verschlingen zu können", berichtete mein Vater fast schon mit Stolz, als wäre das eine einfache Dokumentation und nicht die bittere Realität.

Ich wurde blass und meine Hoffnung, die durch das Wiedersehen mit Valerian und meiner Mutter in mir aufgestiegen war, verschwand spurlos. Ich wollte weinen, doch ich konnte nicht. Ich wollte schreien, doch ich konnte nicht. Und ich wollte mich wehren, doch auch das konnte ich nicht.

Die Schlange nahm endlich ein Ende und ich schätzte sie um die 8m lang ein. Ihr Körper war breit und kräftig. Im Grunde hätte sie auch ein Elefantenbaby mit Leichtigkeit töten können.

Ich wollte wirklich nicht sehen, wie dieses abnormal große Tier meine Oma zuerst alle Knochen brechen und sie anschließend verschlingen würde. Alleine die Vorstellung daran ließ Bauchschmerzen in meiner Magengegend zurück.

Die Python hatte sich in der Zwischenzeit so zusammen gerollt, dass sie im zu kleinen Raum Platz hatte, aber meine Großmutter hatte sie bis jetzt noch nicht angegriffen. Meine Oma lag leise schluchzend in der Ecke. Zu ihrem Glück war sie der Schlange abgewandt, andererseits würde sie dieses scheußliche Wesen sehen müssen.

Ich war mir ziemlich sicher, dass die Python durch die Züchtung einige Schäden mit sich genommen hatte. Denn das Tier hatte keinen gesunden Farbton. Sie sah unnormal grau und unproportional aus. An manchen Stellen war sie dicker und dann wieder dünner.

Einige Brandnarben zeichneten sich auf ihrem Körper ab und eine tiefe Wunde zog sie über die rechte Kopfseite bis hinunter zum Maul der Python. Als die Schlange zufällig kurz zur Kamera schaute, musste ich schockiert feststellen, dass das arme Tier erblindet war.

Einen kurzen Moment hoffte ich, dass das Tier meiner Großmutter nichts antun würde, aber mein Vater nahm mir sogleich jegliche Hoffnung.

„Keine Sorge, die Schlange wird schon noch angreifen. Wir haben das Tier Wochen lang hungern lassen. Gleich müsste es soweit sein. Das Tier muss sich vorher nur formieren", kommentierte mein Vater emotionslos.

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