Kapitel 20

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Angespannt stand ich vor der Schule. Ich wartete auf meine drei Freunde: Alec, Denis und Florian. Sie hatten sich gestern noch bei Denis getroffen, um unseren Plan zu perfektionieren.

Ich wünschte wir hätten uns vereinbart uns im Inneren des Schulgebäudes zu treffen. Nicht weil es kalt war, ganz im Gegenteil, es war der erste schöne Frühlingstag dieses Jahres. Ich fühlte mich schlichtweg beobachtet.

Die Sonne blendete zwar freundlich über die sanfte Hügellandschaft am Horizont und die Vögel trällerten in der Ferne ein Lied. Nichts schien verdächtig, aber trotzdem war mein Verfolgungswahn ein ständiger Begleiter meines Daseins. Selbst der friedliche Morgen half gegen mein ungutes Gefühl im Bauch nicht. Immerhin war immer noch ein Agent hinter mir her.

Forschend schaute ich mich um. Die meisten Schüler waren schon längst im Schulgebäude verschwunden. Nur einzelne Grüppchen standen noch verteilt am Schulgelände. Doch niemand schien mich zu beachten. Warum sollten sie auch? Ich hatte mich nicht außergewöhnlich anders verhalten.

Ungewollt überrollte mich das Gefühl von Schutzlosigkeit. Jeden Moment hätte wieder dieser Mann kommen können, um mich zu entführen. Niemand hätte es bemerkt und dieser Gedanke bescherte mir eine unbeschreibliche, unangenehme Emotion. Ich konnte es nicht mit Angst oder Panik vergleichen es war einfach anders. Unbeschreiblich.

Gerade als meine Nerven mich nicht mehr eine Sekunde länger vor dem Gebäude halten hätte können, fuhr ein weiterer Schulbus vor und öffnete mit einem lauten Quietschen seine Türen. Eine Menge aus Schülern drängte aus dem Bus. Darunter auch Florian, Alec und Denis.

Erleichtert lächelte ich ihnen zu. Nachdem wir uns begrüßt hatten, flüchtete ich regelrecht schon ins Schulgebäude. Die Jungen schauten sich daraufhin verwirrt an.

Im Normalfall war ich kein großer Fan von dem mit Schülern überfüllten Schulgebäude. Aber heute war ich dankbar über das schützende, große Gebäude.

Im Inneren tummelten sich schon viele Lehrer sowie Schüler. Alle schienen vor dem Unterrichtsbeginn, welcher schon in fünf Minuten war, noch wichtige Besorgungen machen zu müssen. Die Hektik um mich herum machte mich sehr nervös.

Anscheinend blieb meine Nervosität nicht unbemerkt. Alec ging direkt neben mir und hatte wohl meine Unruhe bemerkt. Schützend legte er mir einen Arm um die Schulter und flüsterte mir ins Ohr: „Alles in Ordnung?"

„Ja, ich kann nur keine Menschenansammlungen ausstehen", entgegnete ich verunsichert, aber froh über die schützende Geste.

Nach der sechsten Stunde hatten wir endlich Mittagspause. Unser Plan konnte in die Tat umgesetzt werden.

Gestern ist Denis noch eingefallen, dass Bianca freitags immer lange Schule hatte und deshalb in der Mittagspause in der Schulcafeteria aß. Das war meine Chance mit ihr zu reden.

Zusammengepfercht hatte ich mich mit den Jungen an einen kleinen Tisch in der Cafeteria gesetzt. Doch von Bianca und Valerian fehlte jegliche Spur. Immer wieder scannte ich die Kantinentische nach den gesuchten Gesichtern ab. Nichts.

Gerade als wir die Hoffnung verloren marschierte Bianca gefolgt von Valerian in den Raum. Bianca redete gerade ohne Punkt und Komma auf Valerian ein. Ihn schien es nicht sonderlich zu stören, denn er hing ihr förmlich aufmerksam an den Lippen.

Genervt zog ich scharf die Luft ein. Auch die anderen drei waren über ihren Anblick nicht besonders erfreut. „Ich dachte wir sind Freunde", sagte Alec mit einem traurigen Unterton und fuhr fort: „Jetzt hängt er nur noch mit diesem Mädchen zusammen und ignoriert uns vollkommen." Die anderen Beiden nickten zustimmend.

„Und deshalb holen wir ihn uns jetzt auch Schritt für Schritt zurück. Kommt, es geht los", verkündete Florian aufgeregt. Die Jungs standen wie geplant auf und schlenderten zum Tisch, wo Valerian und Bianca sich hingesetzt hatten.

Anschließend begann Florian auf die beide einzureden. Wenige Minuten später hatten die Jungen tatsächlich geschafft Valerian aus der Cafeteria zu führen. Jetzt saß Bianca allein an dem Tisch am Rand der Kantine.

Flink überbrückte ich die kurze Distanz zwischen Bianca und mir mit wenigen Schritten. „Darf ich mich zu dir setzten?", fragte ich zögernd, als ich ihren Tisch schließlich erreichte.

Skeptisch nickte sie und fragte: „Was willst du von mir?" „Nichts Besonderes, ich will dir lediglich ein paar Fragen stellen", erläuterte ich ruhig.

„Meinetwegen. Also was willst du wissen, Gracie?", gab Bianca genervt von sich. „Kennen wir uns von irgendwoher?", fragte ich sie direkt ohne weitere Umschweife. Ernst schaute sie mir in die Augen.

Plötzlich blitzte für weniger als eine Sekunde etwas in ihren Augen auf, dass ich kannte. Die Art und Weise wie sie mich ansah war auch sehr vertraut. Ich musste nur noch herausfinden woher ich sie kannte.

„Nein, nicht das ich wüsste", erwiderte sie verwirrt. Ich wusste das sie log, trotzdem stellte ich mich weiter auf unwissend.

„Aber ich habe das merkwürdige Gefühl dich zu kennen. So als würden wir uns vor langer Zeit schon einmal begegnet sein", setzte ich weiter an.

„Es tut mir wirklich leid, aber ich bin mir sicher, ich vorher noch nie gesehen zu haben. Vielleicht verwechselst du mich", antwortete sie ehrlich. Ihre Augen spiegelten die blanke Verwirrung wider, aber mein Verstand wusste, dass sie log.

„Höre zu Gracie, du scheinst nett zu sein, aber ich kann mich wirklich nicht an dich erinnern. Ich schwöre es dir. Aber vielleicht wärst du auch einfach mit einem Neustart zufrieden. Ich weiß ich hab dir Valerian die letzten Wochen vorenthalten und ich bereue mein Verhalten zu tiefst. Ich wollte das es so wird wie früher und dafür brauchten wir ein bisschen Zeit für uns. Ich hoffe, du kannst unser Verhalten entschuldigen", bat Bianca mich um Entschuldigung.

Sprachlos schaute ich sie an. Das waren gerade etwas zu viele Informationen gewesen. Erstens hat sie mir gerade die Freundschaft angeboten? Das wäre meine Chance langsam hinter ihre Lügen zu kommen. Und zweitens hat Bianca gerade angedeutet, dass Valerian und sie jetzt offiziell wieder zusammen waren?

„Bevor du fragst. Ja, Valerian und ich sind wieder zusammen", lächelte mich Bianca überglücklich an. Doch für einen viel zu kurzen Augenblick sah ich den Anflug von Schadenfreude in ihrem Blick. So kurz, dass ich es mir auch eingebildet haben könnte.

„Das ist schon okay für mich", sagte ich mit einem aufgezwungenen Lächeln und fügte noch ein: „Und ich nehme dein Freundschaftsangebot gerne an", hinzu. Biancas freundliche und aufgeschlossene Art würde nicht für immer halten. Sie würde einen Fehler machen und dann würde ich sie entlarven. Jetzt hieß es abwarten und mitspielen.

„Gut, dann bis nach der Schule", lächelte Bianca mir erleichtert zu, wobei sie mich aus meinen Gedanken riss. Dann stand sie mit einem entschuldigenden Blick auf und verließ die Kantine.

Wahrscheinlich begab sie sich auf die Suche nach Valerian. Allein blieb ich in dem großen Raum zurück. Auf einmal kam mir das Stimmengewirr der anderen Schüler besonders laut vor und wenig später verursachte es starke Kopfschmerzen. Seufzend erhob ich mich vom leeren Tisch und verließ ebenfalls die Cafeteria.

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