Kapitel 33

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Ein Mann betrat den Raum und befreite mich aus dem Sessel. Dann sagte er mit neutraler und recht tiefer Stimme: „Subjekt 310 folge mir bitte zu deinem Zimmer."

Erschöpft nickte ich und folgte dem Mann schweigend. Ich war mir sicher, dass ich Brandwunden hatte, denn meine Haut brannte wie Feuer. Jeder Schritt schmerzte und an meiner Seite spürte ich erstmals die Streifwunde, welche vermutlich wieder blutete.

Die Schritte des Mannes vor mir hallten durch die leeren Gänge. Er trug einen dunkelblauen Anzug und sah generell sehr fromm aus. Ich verstand nicht, warum hier der Kleidungsstil eine so große Rolle spielte. Zumindest konnte ich so die Wissenschaftler mit den weißen Kitteln von dem Personal meines Vaters unterscheiden.

Der Mann hielt an und ich stand wieder vor der mir bekannten Tür. Sie führt in das Zimmer, in welches ich nie wieder zurückkehren wollte. Ich schluckte und spürte den Fremden in meinem Körper rumoren. Lange würde es nicht mehr dauern und das Ding wäre stark genug, um meinen Körper, wann immer es dazu Lust hatte, für mehrere Stunden zu übernehmen. Bis es eines Tages für immer sein würde.

Der Mann mittleren Alters öffnete mir, immer noch schweigend, die Tür. Dann schob er mich, ohne zu zögern, durch den Türrahmen in das graue Zimmer hinein. Ich versuchte mich erst gar nicht zu wehren. Was würde es mir auch großartig bringen? Eine erneute Flucht würde mir ohnehin nicht mehr gelingen. Dafür hatten meine Eltern bestimmt gesorgt.

Augenblicklich musste ich an Valerian denken. Ich vermisste ihn. Was ich nicht alles dafür geben würde, um jetzt bei ihm zu sein. Ich fühlte mich wohl in seiner Nähe und ob ich es nun wollte oder nicht, er war der einzige, dem ich mich im Moment vertrauen traute.

„Du hast bis morgen in der Früh Zeit, um dich einzugewöhnen. Dann werden dich ein paar Wissenschaftler für Experimente abholen kommen", hörte ich aus weiter Ferne den Mann sagen. Bevor ich reagieren konnte war die Zimmertür bereits verschlossen und abgesperrt.

Frustriert setzte ich mich auf das leere karge Bett in einer der vier Ecken. Ich spürte wie mich eine kalte, schützende Kälte umgab. Ich wusste, dass ich gerade versuchte meine Emotionen von mir abzuschotten. Denn was ich jetzt am wenigsten gebrauchen konnte waren Gefühle wie Schmerz, Angst, Trauer und Sorge.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich Stimmen vor dem Zimmer. Ich hatte zwar ein wenig geschlafen, aber die meiste Zeit saß ich nichts tuend am Bett und starrte mit leeren Augen an die Wand.

Im nächsten Moment ging die Tür auf und fünf Wissenschaftler sowie zwei Agenten betraten den Raum. Sie hatten die Sicherheitsmaßnahmen um einiges mehr erhöht, als ich angenommen hatte.

Ohne etwas zu sagen beobachteten mich die fünf Männer und die zwei Frauen. Die Wissenschaftler sahen mich wissbegierig an und die Wissenschaftlerinnen mit einer Mischung aus Wissbegierde und Furcht. Die beiden Agenten wirkten gelangweilt und müde.

Seufzend erhob ich mich vom Bett und steuerte auf die kleine Menschengruppe zu. Dann verließen sie mit mir mein Zimmer und führten mich zu dem Untersuchungsraum, welchen ich noch gut in Erinnerung hatte.

Als wir den Raum betraten, trat mir sofort der Geruch von Desinfektionsmittel in die Nase. Ich hasste den Geruch, denn ich hatte das Gefühl als wollte man etwas „Schmutziges" beseitigen. Wissend was ich als nächstes tun müsste, legte ich mich auf die Liege und wartete geduldig ab bis mich einer der Wissenschaftler untersuchte.

Nach langem Protest gegen die Tests an meinem Körper habe ich aufgehört zu kämpfen. Schlussendlich führte jeder Weg wieder hier her zurück. Auch wenn der Eindringling keines Wegs meiner Meinung gewesen war, interessierte mich dies wenig. Ich hatte beschlossen aufzuhören mich zu wehren und da ich das Kommando hatte, musste sich das Ding protestlos fügen.

Ich spürte wie eine Spritze in meinen Hals gestochen wurde und die Vene das Mittel langsam zu meinem Herzen leitete. Wenige Sekunden später lag ich wie gelähmt auf der Liege. Die Wissenschaftler haben mir die Flüssigkeit verabreicht damit ich ihnen während den Experimenten keinen Schaden zufügen konnte.

Nach der gewohnten Untersuchung landete ich wieder in dem Raum, in welchem ich gestern erwacht war. Schwach starrte ich auf die mir gegenüber liegende Wand und versuchte zu verstehen, warum mein Leben den Bach hinunter lief. Das Ding in mir war immer noch beleidigt, weil ich nicht mal versucht hatte mich vorher zu wehren, aber das ignorierte ich gekonnt.

Der helle Lichtstrahl des Scheinwerfers wurde wieder direkt in mein Gesicht gedreht und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Geblendet kniff ich mir die Augen zusammen und drehte meinen Kopf zur Seite. Ich krümmte mich unter den harten Metallfesseln, welche meine Hand- und Fußgelenke an den Metallsessel drückten. Keuchend atmete ich auf, denn ich war keines Falls stark genug, um mich zu befreien.

„Du weißt es ist zwecklos. Du kannst dich nicht aus den Fesseln befreien. Spare dir lieber deine Kräfte", ertönte die mahnende, strenge Stimme meines Vaters durch die Lautsprecher, an den grauen Deckenecken.

Gehorchend erschlafften meine Gliedmaßen und mein Puls verlangsamte sich. Das Adrenalin, welches noch vor kurze Zeit Rekord verdächtig durch meinen Körper gepumpt wurde, war restlos abgeebbt.

„Geht doch. Dann kommen wir wieder zum Frage-Antwort-Spiel. Du kennst die Regeln, also fangen wir gleich an. Wer ist der Junge, der dich im Krankenhaus besucht hat?", zischte mein Vater wütend.

„Er ist nicht von Bedeutung, er weiß von nichts", wiederholte ich meine gestrigen Worte. Ich würde weiter auf dieser Aussage beharren. Niemals würde mein Vater das Gegenteil von mir zu hören bekommen. Ganz gleichgültig wie viel Schmerz mir noch zugefügt werden würde. Ich würde diese Lüge aufrecht erhalten.

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