Kapitel 33

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~~ 1 Woche später ~~

Eine Woche nach dem Tag fühlte ich mich noch genauso beschissen wie an diesem. Ich redete nur das Nötigste, sah aus wie der letzte Penner und hatte außerdem eine komplette Woche in der Schule gefehlt. Meine Mum wollte mich unbedingt zum Arzt schleppen, wogegen ich mich jedoch erfolgreich gewehrt hatte. Ich überzeugt sie davon, ich könnte mich auch Zuhause auskurieren. Sie war der Meinung ich hätte mir einen Virus eingefangen, was natürlich vorne und hinten nicht stimmte, aber ich lies sie der Meinung.

Ich hatte zwar manchmal das Gefühl, als ob sie trotzdem etwas gemerkt hätte, war mir aber nicht sicher. Sie verwöhnte mich total und brachte mir Kekse, Obst, jede Menge Tee und natürlich Kaffee. Ich verbrachte die letzte Woche also mit pausenloser Ablenkung. Zusammen mit Sophie, die mich täglich besuchte, sah ich die ersten drei Staffeln Vampire Diaries und las einige Bücher, die schon ewig bei mir herumlagen.

Ich fühlte mich innerlich stumpf und verletzt, aber ich versuchte es zu ignorieren, und so zu tun als wäre er nie da gewesen. Das gelang mir meistens auch einigermaßen gut, bis ich mich erinnerte. Wie er mich ansah. Wie wir aus der Schule ausgestiegen waren. Wie ich ihn besucht hatte. Wie wir uns das erste Mal küssten. Und das zweite Mal. Diese Erinnerungen nahmen mich auseinander, vor allem die letzte, bei der er mich nicht mehr wollte. Es sei besser so. Besser? Wollte er dass es mir nicht gut geht?

Waren seine Küsse, seine Komplimente und seine "Ich-mag-dichs" nur vorgespielt gewesen? War ich von Anfang an nur ein Spiel für ihn? Letztendlich schossen mir solche Gedanken durch den Kopf, wenn ich dann die Augen schloss um zu schlafen, wenn es einfach keine Ablenkung mehr gab.

Die Tage waren wie im Flug vergangen, und ich hatte es kaum bemerkt. Vorhin bei einem Blick auf mein Handy stellte ich fest, dass es schon Sonntag war. Ach, ich könnte doch einfach noch eine Woche fehlen? Oder? Interessierte doch sowieso keinen. Und danach waren endlich Ferien.

"Olivia?", klopfte es da an meiner Tür. "Du hast Besuch." Ich hörte meiner Mutter ihre Stimme noch kurz etwas sagen, bevor sie mit lauten Schritten den Gang hinunterlief. Kurz darauf öffnete sich die Tür und ein
Kopf spänte vorsichtig hinein. Es war Hadley.

Mit ihr hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

Sie betrat mein Zimmer, und ihr Blick wirkte schüchtern und unsicher. "Ähm...Hi."

"Hi." Meine Stimmt klang kalt, denn ich war nicht sehr begeistert sie zu sehen. Sie hatte mich grundlos ignoriert und abgeblockt und jetzt kam sie wieder? Was war los?

"Ich hab mir Sorgen gemacht, weil du die ganze Woche nicht da warst..", begann sie und kam einige Schritte näher. Ich richtete mich auf und saß jetzt aufrecht in meinem Bett.

"Das hat dich ja davor auch reichlich wenig interessiert.", gab ich mir zurück, denn ihre Ignoranz hatte mich schon etwas verletzt. Andererseits freute es mich trotzdem, dass sie da war.

"Ja und..ich will mich dafür wirklich entschuldigen. Es war nicht nett, alles an euch auszulassen, aber ich war einfach durch den Wind."

"Weshalb denn?"

Sie wirkte etwas unsicher und betroffen. "Ein anderes Mal. Nicht heute. Es ist nicht so wichtig."

Ich zog fragend die Augenbrauen hoch und sah sie nur an. Sie musste mir ansehen wie verwirrt, und auch noch sauer auf sie war. Und dazu hatte ich schließlich auch allen Grund oder? Sie hatte mich ignoriert und konnte mir als eine meiner besten Freundinnen noch nicht mal erzählen warum? Nicht jetzt. Wann war später? Aber weil ich sie echt vermisst hatte, versuchte ich es objektiv zu sehen und winkte sie zu mir, damit sie nicht weiterhin so einsam im Raum rumstand. Wir konnten das auch noch später klären, ich würde es nicht vergessen.

Zögerlich setzte sie sich zu mir auf die Bettkante. "Ich hab das von Ethan mitgekriegt...", fing sie an. Ich schluckte.

"Woher?" Meine Stimme klang sehr brüchig, weshalb ich mich einige Male räusperte. Es brachte nichts.

"Sophie." Als sie meinen Blick sah, sprach sie schnell weiter. "Sei ihr nicht böse, bitte. Ich hatte nur bemerkt das du die ganze Woche nicht da warst und Ethan ebenfalls gefehlt hat... Und da hab ich eben eins und eins zusammengezählt und Sophie gefragt. Sie hat es nicht böse gemeint, im Gegenteil: sie ist total besorgt um dich. So besorgt, dass sie vergessen hat, dass sie eigentlich sauer auf mich ist."

"Ich bin nicht böse auf sie, ich hätte es dir auch erzählt. Du hast gesagt..Eth..er war auch nicht da?" Ich war sehr erstaunt. Nicht darüber, dass er Schule schwänzte, sondern darüber dass er direkt nach unserem Gespräch schwänzte. Aber das war sicher nur Zufall, vielleicht war er krank geworden oder vom Dach gefallen oder so.

"Nein." Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, schloss ihn aber gleich darauf wieder. Dann sah sie runter, auf meine blau-weiß gepunktete Bettwäsche. Ich kannte sie schon zu lange, um nicht zu bemerken was los war.

"Na los, sag schon was du denkst!"

Sie blickte auf, und ich erkannte den Hauch eines Grinsens auf ihrem Gesicht. "Aber warte..Ist alles wieder ok bei uns? Es tut mir wirklich leid."

"Ich denke, so halbwegs. Lass uns die nächsten Tage einfach reden, und du erzählst mir was los war, wenn du dich soweit fühlst." Ich wusste nicht, was bei ihr los war, aber so wie sie sich ausdrückte, konnte auch etwas Schlimmes passiert sein.

"Also..", ich seufzte, aber eigentlich war es unvermeidlich. Hadley sagte gerne was sie dachte, und auch wenn derjenige ihren Rat nicht benötigt, er bekommt ihn trotzdem. Gratis und ohne Zinsen.

"Leg los, Hales."

"Also, Olivia. Ganz ehrlich? Ethan ist ein Idiot, ein Arschloch und jemand, den du nie wieder sehen willst. Er hat dich nicht verdient. Du warst die letzten paar Wochen so aufgedreht und glücklich. Er hat dein Herz erst erfüllt, nur um es dann zu brechen? Ich könnte ihn umbringen. Und jetzt schau dich an! Es passt außerdem nicht zu dir, dich in deinem Zimmer zu verkriechen um zu heulen und dich selbst zu bemitleiden."

"Hey, ich bemitleide mich gar nicht..!" Okay, doch. Ich bemitleidete mich sogar sehr. Es war mir nicht ein einziges Mal gestattet, glücklich zu sein. weder mit Robert, noch mit Ethan. Scheiß Jungs. Aber Hadley hatte in ihrer Ansprache mit noch etwas Recht: es passte nicht zu mir, so schwach und hilflos zu sein und sich so zu verhalten.

"Du musst aus dem Schneckenhaus wieder rauskommen, deine starke Seite zeigen, und ihm klar machen, dass er dich nicht ansatzweise interessiert.", fuhr sie fort.

"Hmm.", gab ich nur ohne Zusammenhang von mir, denn ich musste über ihre Worte nachdenken.

"Ich lass dich mal alleine, aber ich hoffe wir sehen uns morgen ok?" Damit stand sie von meinem Bett auf und zog ihr Oberteil zurecht.

"Ist gut." Ich brachte noch ein Lächeln zustande, als sie endgültig hinausging. Ich hörte sie noch meine Familie verabschieden.

Dann überlegte ich wieder, warum ich das Gefühl hatte, dass Hadley so verdammt Recht hatte. Ich hatte ihr zwar halbwegs verziehen, aber ganz verstand ich ihr Verhalten und ihre Gründe nicht. Und dann kam sie mit meiner starken Seite und ihrer seltsamen Rede. Aber sie hatte Recht. Vollkommen. Ohne jeden Zweifel.

Und so kam es, dass ich mich am Montagmorgen aus dem Bett hievte und unter die Dusche zwang. Immer mit dem gleichen Mantra, dass Hadley mir ins Ohr gesetzt hatte. Sei stark und lass dir nichts anmerken. Ignorier ihn, und tu so als wäre nie etwas gewesen. Sei stark.

Closer to youWhere stories live. Discover now