Kapitel 32

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Zweifelnd stand ich vor dem Spiegel. Kleid oder Jeans und Bluse? Sonst machte ich nicht so viel Wind um meine Klamotten, also weshalb heute? Seufzend schickte ich Bilder meiner Outfits an Sophie, und bekam postwendend die Anwort zurück. Sie empfahl mir das hellblaue Kleid, das fast bis zu den Knien ging und sagte, ich solle dazu noch meine braune Lederjacke anziehen. Daraufhin schminkte ich mich noch etwas, aber nur wenig, denn ich setzte mehr auf den natürlichen Look. Gerade als ich noch mein Handy in die Tasche packte hupte es vor unserem Haus. War er mit dem Auto da? Zum Glück war gerade niemand zuhause, denn jetzt hupte Ethan noch zweimal laut und nicht gerade kurz.

Ich musste mich sehr beherrschen, nicht die Treppe runter zu rennen und schneller da zu sein. Bleib ruhig!, ermahnte ich mich und ging langsam die Treppe hinunter. Vor der Tür versicherte ich mich nochmal, dass ich auch alles dabei hatte, atmete tief durch und öffnete dann.

Was ich jetzt sah, verschlug mir die Sprache. Also, erstens war da Ethan. Zweitens sah er mit seiner schwarzen Lederjacke unglaublich gut aus. Seine Haare standen wuschelig ab, und er hatte einen Helm in der Hand. Drittens saß er auf einem Motorad. Und viertens, war es nicht irgendeine Maschiene, sondern eine schwarze Harley. Ich wollte schon immer mal auf so einer fahren.

"Mach ein Bild, Süße, hebt länger!", rief er mir zu und lachte über meinen Anblick. Ich klappte den Mund wieder zu und bemühte mich um eine selbstbewusste und aufrechte Haltung.

Ich schloss die Tür und ging dann selbstsicher auf Ethan zu. Er folgte jeder meiner Bewegungen mit seinen Augen. Bitte jetzt bloß nicht stolpern! Da er noch einen zweiten Helm in der Hand hielt, nahm ich an ich sollte mitfahren. Oh und wie ich mitfahren wollte! "Ich hoffe du hast keine Angst vor richtigen Motorrädern. Steig auf!", bot er mir an. Pah, ich und Angst vor Motorrädern! Es sollte bloß aufhören, meine Vespa runterzumachen. Ich zog nur kritisch und zweifelnd die Augenbraue hoch und nahm ihm den Helm aus der Hand. Das ließ ihn lachen. "Du musst ihn schon anziehen!", ließ er mich wissen. Ach nein wirklich? Mein Gesichtsausdruck ließ ihn wohl auch schließen, dass ich darauf selbst gekommen wäre.

So lässig und cool, wie ich nur irgendwie konnte, zog ich den schwarzen Helm auf und schwang mich dann hinter ihm auf die Harley. Das alles geschah relativ flüssig und ich kam mir professionell vor. Ha, dem hatte ich es gezeigt! Ich musste wohl bei Gelegenheit bei Jared bedanken, bei dem ich schon öfter mitgefahren war. Jared war der Meinung, jedes Mädchen sollte ein richtiges Motorrad fahren können. "Hör auf zu grinsen, und fahr jetzt endlich los!"

Er hörte tatsächlich auf, und startete den Motor erneut. Die Maschiene schoss nach vorne und mir blieb nichts anderes übrig, als mich an Ethan festzuhalten. Oder besser festzukrallen, denn ich hatte nicht vor herunter zu fallen. Unter seiner Lederjacke konnte ich seine Muskeln spüren, und wie angespannt und stahlhart sie gerade waren. Außerdem musste ich mich an ihn drücken, um zu verhindern zu fallen. Abgesehen davon, mit wem ich gerade fuhr, war es pures Adrenalin für mich überhaupt zu fahren. Ich schloss die Augen und genoss nur den Fahrtwind, der meine Haare und mein Kleid herumwehte.

Wir fuhren zu meinem Bedauern nicht lange und hielten an einer Wiese. Ein paar Schritte entfernt waren einige spielende Kinder, einige Leute picknickten und es gab einen fahrenden Eisstand. Uns umgab eine ruhige Athmosphäre. Ich nahm den Helm ab und versuchte meine Haare mit den Händen zu glätten, nachdem ich abgestiegen war.

Er lächelte mich an, etwas wehmütig, und deutete auf den Eisstand. "Na hast du Lust?" Auf mein Nicken hin gingen wir zur Theke. Der Verkäufer sah uns fragend an, aber bevor ich überhaupt ein Wort sagen konnte, bestellte Ethan Schokolade und Tiramisu für sich und für mich Erdbeere und Himbeere. Ich freute mich, dass er in Erinnerung behalten hatte, wie sehr ich Fruchteis mochte und bedankte mich artig für die Einladung.

Closer to youWhere stories live. Discover now