Kapitel 20

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Er freute sich! Er freute sich! Er freute sich! Mit diesem Singsang im Ohr kam ich am Montagmorgen wach und bestens gelaunt in die Schule. Soph und Hadley hatte ich natürlich sofort alles berichtet und jetzt liefen sie mit einem genauso dummen Grinsen wie ich durch das Schulhaus.

Die Schule war heute sogar einigermaßen erträglich, vielleicht aber auch nur, weil ich andauernd an den Nachmittag dachte. Bestimmt war das wieder Mädchendenken, Ethan dachte wahrscheinlich kein bisschen an mich. Aber es war mir gerade wirklich egal, nichts konnte mich von meinem Gute-Laune-Trip runterholen.

In der Pause hatte ich Ethan zwar immer noch nicht gesehen, allerdings tröstete ich mich damit, dass ich sowieso nicht wüsste was ich sagen sollte wenn ich dann vor ihm stehe. Weiß ich sowieso nie, denn seine Gegenwart verunsicherte mich. Ich hoffte das änderte sich noch, denn sonst würde er später den Großteil der Gespräche führen.

Zu Beginn der zweiten Pause verließ ich meine Freundinnen kurz, um aufs Klo zu gehen. (Sie versprachen mir natürlich, Ausschau nach Ethan zu halten.) Auf dem Rückweg hinten am Schulhaus vorbei (Die Faulen nehmen bekanntlich immer den kürzesten Weg.) wurde ich plötzlich zur Wand gedrängt. Ich blickte in schokobraune Augen, die mich ansahen und förmlich funkelten.

"Hi!", sagte Ethan und kam mir noch ein Stück näher. Und noch ein Stück. Ich ging zurück, um auszuweichen und spürte bald die Hausfassade an meinem Rücken.

Er hatte mich in die Enge gedrängt und ich war zu sehr wenig Bewegung imstande. "Hab ich dir schon erzählt, dass ich mich freue?", flüsterte er. Mir stellten sich die Nackenhärchen auf und ich bekam überall Gänsehaut. Außerdem hatte ich das Gefühl, mein Herz schlug zu schnell für einen Menschen.

"Hmmm.", war meine spärliche Antwort, begleitet von einem Nicken, denn ich bekam nicht mehr heraus. Vermutlich konnte ich auf die nächste Frage nicht mehr antworten, denn ich war zu sehr damit beschäftigt, tief in Ethans Augen zu schauen. Da war etwas zwischen uns, das man schwer beschreiben konnte. Es war eine Art Anziehungskraft, der man so unglaublich schwer widerstehen konnte. Ich fand den Wortlaut früher immer übertrieben, aber zwischen Ethan und mir sprühten wortwörtlich Funken, es funkte zwischen uns. Ich hoffte inständig dass dieses Gefühl nicht nur von meiner Seite kam und auch von ihm bemerkt wurde.

"Das ist gut.", sagte er als nächstes. "Bis nachher also!" Damit beugte er sich vor, und war mir so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte und selbstverständlich auch wieder seinen Duft roch. Er roch einfach unglaublich gut. Er berührte ganz leicht mit seinen Lippen meine Wange und war dann auch schon um die Ecke gebogen.

Ich zitterte und war wohl kurz davor einen Herz-Kreislauf-Kollaps zu kriegen. Ich fasste mit meiner Hand dorthin, wo kurz zuvor seine Lippen gelegen hatten. Sie waren so zart und weich gewesen.

Nach 5 Minuten war mein Puls wieder auf dem Normalstand. Das durfte doch nicht wahr sein, dass ich wegen so einem Typen so verwirrt und aufgewühlt war. Ich riss mich zusammen und ging zu meinen Freundinnen zurück. Sie waren total aufgeregt.

"Ethan war vor ein paar Minuten hier! ", rief Sophie laut aus, als sie mich sichtete. Ein paar Mitschüler, vorallem weibliche, drehten sich zu uns um.

"Pscht Sophie! Sei doch noch auffälliger!", machte Hadley und sah sie böse an. Dann wandte sie sich an mich. "Wo hast du denn gesteckt?"

"Na ja..", rückte ich langsam raus. "Ich hab hinter dem Haus Ethan getroffen. Sozusagen."

Had riss die Augen auf. "Nicht dein Ernst!" Auch Sophie war sprachlos. "Und deswegen kam er gerade auch da um die Ecke, völlig logisch.", ergänzte Hadley sich selbst. Ich nickte. "Und? Was hat er gesagt??"

Aus irgendeinem Grund wollte ich den Wangenkuss für mich behalten, denn er war etwas besonderes, dass ich nicht gleich wieder weiterplappern wollte. Er war mein eigenes kleines Geheimnis. "Nicht viel, nur nochmal dass er sich freut und dann ist er auch schon abgezischt.", erzählte ich also.

Meine Mädels freuten sich total und Sophie war mal wieder zu laut, sodass alle dumm zu uns schauten. Sie sahen uns an, als wären wir irgendwelche gestörten Weiber, die über alles und jeden lästerten und lachten. Das war uns aber egal, wir sahen uns an und lachten nur noch mehr. Ich liebte diese Momente, denn es waren solche, an die man später gern zurückdenkt und sich daran erinnert.

Als wir uns von unserem Lachflash erholt hatten, startete ich einen erneuten Versuch, Hadley zum erzählen zu bringen. Ich hatte es schonmal heute morgen beim Begrüßen gefragt, aber sie hatte nur "Gut." gesagt und war dann weitergelaufen. Entweder war ihr Date ein totales Desaster oder es war spitze.

"Nichts zu erzählen Liv, es war gut.", sagte sie gerade.

"Nur gut?", hakte Soph nach und sah mich an. Auch sie hatte die Entweder-Oder-Theorie im Kopf, das sah ich ihr an.

Jetzt war wohl der Damm gebrochen, aber im positiven Sinne. Sie fing an zu lächeln und sagte: "Nein, nicht nur gut, es war einfach toll! Wir haben ein Picknick am See gemacht und geredet und gelacht. Es war Einzigartig!"

Na anscheinend war es wohl kein Desaster. Ich freute mich total für sie, wollte jetzt aber auch alles wissen. Bis zum Ende der Pause wurde sie von Sophie und mir ausgefragt, immer unterbrochen von ein paar "Owww!"-Einrufen von Sophie.

Hales hatte sich tatsächlich getraut, Nate zu sagen dass sie ihn auch liebt und war mit der Entscheidung glücklich. Sie sagte, es wäre gar nicht schwer gewesen, denn sie habe es auch so gemeint und nur ausgesprochen was sie fühlte. Das muss wahre Liebe sein, dachte ich.

Jemand sollte doch bitte ein Stück von ihrem Glückskuchen abschneiden und es mir per Post schicken. Per Einschreiben bitte, damit ich auch bald so strahlen konnte wie sie es gerade tat.

"Sag mal Liv,..", sagte Hadley, "was ziehst du heute Nachmittag eigentlich an?"

"Ähm..nichts besonderes eigentlich. Warum?" Zweifelnd blickte ich an mir herunter. Nichts auszusetzen: meine schwarzen Vans, eine Jeans und einen khakifarbenen, dünnen Strickpulli.

"Wie wäre es mit..?" Die gesamten letzten zwei Stunden wurde ich mit verschiedenen Outfitzusammenstellungen gequält. Eigentlich dachte ich nicht immer daran ob meine Socken auch zu meinem Pulli passten und und und. Anscheinend hab es da tausend weitere Kriterien, die mir völlig unbekannt waren. Keine offenen Haare zu Strickjacken, nichts verschlossenes, denn das wirkte altmodisch. Ich atmete tief durch. "Ok, dass wird mir jetzt zu bunt.", flüsterte ich ihnen am Ende der Stunde zu. Gerade als ich weiterreden wollte, klingelte es zum Schulschluss. Umso besser, dann konnte ich auch aufstehen und laut reden. "Ich ziehe einfach an, was ich immer anhabe. Ich mache doch jetzt nicht extra eine Typveränderung. Pff!" Leider hatte ich nicht bemerkt, dass ich sowohl die einzige war die auf stand, als auch die einzige die laut redete.

Herr Müller, unser Physiklehrer, fand das nicht so berauschend. "Das ist toll, dass sie nicht extra eine Typveränderung machen, Miss Winter. Nur leider befinden wir uns hier nicht im Schönheitssalon, sondern im Physikunterricht und ich wollte gerade die Hausaufgaben anschreiben."

Ups. Ups ups ups. Schnell ließ ich mich wieder auf meine Stuhl sinken. "Entschuldigung, wird nicht wieder vorkommen, Herr Müller."

"Oh mein Gott, das war ja wirklich oberpeinlich!", stöhnte ich, sobald wir dem Physiksaal entkommen waren. "Irgendwie schon.", kicherte Had. "Tut mir leid", murmelte sie dann unter meinem bösen Blick, aber musste wieder anfangen zu lachen. Irgendwann lachte ich mit, denn man muss ja auch über sich selbst lachen können.

Ungefähr ein und halb Stunden später war ich fertig angezogen. (Ich war bei meinem üblichen Stil geblieben, der für heute Mittag zu einer Jeans ein schwarzes T-Shirt und eine weite weinrote Strickjacke aufzuweisen hatte.) Ich packte meine Tasche, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein und schwang mich dann auf meine Vespa, nachdem ich meinen Helm anzog. Ich hatte damals den Motorradführerschein gemacht, um frei zu sein. Um mich selbstständig bewegen zu können, und einfach abzuzischen, wenn es mir in jeglicher Hinsicht zu viel wurde. Ich war bei der Prüfung, genau so wie jetzt voller Tatendrang und musste sehr darauf achten, nicht gegen entgegenkommende Autos zu fahren. Ich war total aufgeregt und hatte nur noch einen Gedanken: Es geht los!
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Hey ihr :) Tut mir leid dass ich euch so auf die Folter spanne, aber ihr habts ja gelesen, nächste Woche wirds endlich spannend. Schön, dass ihr meine Geschichte lest und dafür votet <3

Closer to youTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon