Kapitel 11

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Die letzten zwei Tage hatte ich keinen einzigen Kurs mit Ethan gemeinsam und konnte ihn nur aus der Ferne beim Fußball spielen beobachten. Bestimmt war er in München in einem Fußballteam, denn er spielte, soweit ich das beurteilen konnte, richtig gut. So auch heute, am Donnerstag in der Mittagspause, saß ich mit Hadley auf unserer Mauer und genoss die wärmende Herbstsonne. Sophie war krank, die Arme hatte die Grippe erwischt und sie lag mit Fieber im Bett. Während ich mein Gesicht in die Sonne hielt, wagte ich immer mal wieder einen Blick in Richtung Fußballplatz.

Da war ich nicht die Einzige, sogar die Mädchen aus der Zwölften hatten ihn inzwischen bemerkt und sie waren keineswegs abgeneigt, was man ihnen deutlich ansah. Und auch die restlichen Mädchen aus unserer Jahrgangsstufe, schauten beim Fußballspiel zu. Weshalb vergötterten alle diesen Jungen? Ich meine gut, sein Aussehen trägt garantiert dazu bei, aber sein Charakter? Soweit ich ihn kannte, war er eher ein Herzensbrecher und ich war nur eine von vielen, die ihn süß fanden. Wollte ich eine von vielen sein?

Als ich ins Gesicht meiner Freundin blickte, kam ich von meinen Gedanken ab, denn ich entdeckte Kummer darin. "Hales? Was ist denn los?", fragte ich besorgt nach.

"Nichts nichts, alles ist ok.", sagte sie nur. "Ach komm schon, ich kenn dich doch, was liegt dir auf dem Herzen?" "Es ist nur, weißt du…Nate“, sie stockte.

"Was hat der Mistkerl gemacht?", fragte ich sofort. "Nichts, nur…er hat gesagt, er liebt mich.", rückte sie endlich raus.

Ich war erst kurz überrascht, aber dann freute ich mich: "Das ist doch klasse! Was hast du gesagt?" Sie schluchzte. "Nein Hadley, nicht weinen.", warf ich schnell ein und kramte ein Tempo heraus um es ihr zu geben. Ich war verwirrt. Ist es nicht normalerweise gut, wenn ein Junge das zu einem sagt?  "Das ist es ja...“, gab sie mit einem lauten Schluchzer von sich, "Ich...Ich hab Danke gesagt...“, sagte sie und heulte weiter leise vor sich hin.

Jetzt war ich noch verwirrter. Hadley war das Selbstbewusstsein in Person und dass sie nicht antwortet, kommt wirklich selten vor. "Warum denn?", fragte ich also nach.
 "Es ging einfach nicht…Ach ich weiß auch nicht...Ich war erst wie geschockt…und dann hab ich außer dem Danke kein Wort rausgebracht. Nate versucht mich schon den ganzen Abend zu erreichen, aber ich bin nicht rangegangen. Er ist bestimmt sauer auf mich.", sagte sie, aber allmählich versiegten ihre Tränen.

Ich versuchte mich in ihre Situation hineinzuversetzen und überlegte was ich an ihrer Stelle tun würde. Schließlich gab ich ihr einen ernst gemeinten Rat: "Hales, du kannst es ihm erst sagen, wenn du dich bereit dazu fühlst. Du musst tief in dich hineinhorchen und überlegen ob du ihn wirklich liebst. Bis dahin muss er warten, und das macht er auch. Er vergöttert dich, das weißt du doch, Süße, und er ist bestimmt nicht sauer."

Sie lächelte schief: "Mach ich. Danke Liv, mit dir kann man echt immer reden."

Ich lächelte auch: "Ist doch klar." Ich versuchte sie ein bisschen abzulenken. "Na, was hast du morgen Nachmittag so vor? Hast du Lust shoppen zu gehen?" Etwa zwanzig Minuten von unserem Städtchen, lag eine Großstadt, in der man richtig gut shoppen konnte.

"Au ja!", rief sie aus. "Ich brauche nämlich noch ein Outfit, wenn ich mich am Samstag mit Nate treffe!"

"Du triffst dich am Samstag mit Nate? Davon weiß ich ja gar nichts!“, sagte ich empört.

"Naja es ist unser 3 Monatiges und Nate hat mir schon letzte Woche erzählt, dass er was mit mir vorhat.", sagte sie und lächelte. "Da kann ich auch nochmal mit ihm reden."

"Na super, dann ist das ja schon fast geklärt. Und morgen gehen wir shoppen.", sagte ich grinsend. Das freute mich wirklich, dann mit Hales hatte ich schon ewig nichts mehr gemacht.

Sie grinste mich frech an. "Dir vergeht dein Grinsen gleich noch. Weißt du nicht mehr, was du nach der Mittagspause hast?", fragte sie dann.

Ähm, ehrlich gesagt nicht. Das war typisch für Had, sie konnte schon in der zweiten Woche ihren Stundenplan auswendig und meinen noch dazu. Ich nicht. Bis ich meinen Stundenplan auswendig konnte, war das Halbjahr meist rum, er wurde geändert und ich durfte mich wieder mit dem neuen Stundenplan herumschlagen.

Als sie jedoch in Richtung Ethan schaute, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte wieder Mathe bei Frau Schneider. Und wer saß in Mathe neben mir? Ethan!

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