chapter forty

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»Mach es aus, bitte.« meckerte ich Harry an und meinte damit das nervig piepende Handy.
Das Geräusch verstummte und ich wünschte mir, ich würde nicht aufstehen, um zu der Beerdigung meiner besten Freundin zu fahren. Ich wünschte mir, die Zeit, um einen Monat zurückdrehen zu können. Ich war mit Harry in Florenz und noch nichts Schlechtes war passiert. Doch ich konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Niemand konnte das.
Ich setzte mich im Bett auf und starrte auf meine Füße. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, bevor ich aufstand und in das zu große Bad trottete. Vor dem Spiegel, sah ich in müde und leicht verquollene Augen. Ich sah so aus, wie ich mich fühlte, schlecht. Ich putzte mir die Zähne und versuchte mit Makeup zu retten, was noch zu retten war. Ich wählte ein gut deckendes und wasserfestes Makeup. Ich war nicht zu stark geschminkt, aber wiederum auch schon so sehr, dass alles was niemand sehen sollte, überdeckt war.

Als ich fertig war, packte ich alle meine Sachen, die sich über die Wochen quer im Bad verteilt hatten, in meine Kosmetiktasche. Ich sah mich noch einmal prüfend im Badezimmer um und ließ die ganzen Geschehnisse in diesem, kurz Revue passieren. Ich schüttelte meinen Kopf und holte mich wieder auf den Boden der Tatsachen.
Ich betrat das Schlafzimmer, mit meinem Kulturbeutel unter dem Arm und legte diesen neben meinen offenen Koffer. Das schwarze Kleid lag auf einem Sessel und wartete darauf von mir angezogen zu werden. Es war ein wirklich schönes Kleidungsstück und wäre der Grund, weshalb ich es trug, ein anderer, hätte ich mich wahrscheinlich sogar gefreut, es zu tragen. Doch der Grund, war kein anderer. Ich seufzte und fuhr mit meinen Fingern über den dunklen Stoff. Ich dachte an Harrys Worte darüber und bekam kurz Gänsehaut. Wiederwillig, zog ich mir das Shirt des Grünäugigen über den Kopf und mir wurde sofort kalt. Ich nahm das Kleid und stieg rein. Ich zog es mir über die Schultern und versuchte den Reißverschluss am Rücken zuzubekommen. Aus dem Nichts, legten sich zwei warme Hände an mein Kreuz und zogen das Kleid zu. Ich drehte mich um und sah in die wunderschönen Augen, die durch das komplett schwarze Outfit, farbig herausstachen.

Sein Gesicht kam meinem näher und drückte einen kurzen, aber gefühlvollen Kuss auf meine Lippen. Er entfernte sich wieder von mir und ich suchte nach meinem Glätteisen.
Wir waren fertig angezogen und ich sah nach, ob ich alles hatte. In meiner kleinen Tasche waren die wichtigsten Sachen, die ich brauchte, die Grabrede und Taschentücher.

Wir verließen das Hotelzimmer und gingen Hand in Hand durch die Flure des Hotels. Jeder Schritt, den wir Sams Beerdigung näherkamen, bohrte den Schmerz in mir tiefer. Ich fühlte mich so, wie als ob eine Last auf meine Brust drückte und mir die Luft stahl.
Wir verließen das Gebäude und was ich davor sah, brachte mich fast zum Ausrasten. Fotografen, Unmengen von ihnen, sie machten Fotos von uns. Harry griff meine Hand fester und drückte mir einen kurzen flüchtigen Kuss auf die Schläfe.

»Wir schaffen das.« sagte er so, dass es nur ich hören konnte.

Schnellen Schrittes begaben wir uns zu meinem Auto und setzten uns in dieses. Ich ließ Harry fahren, weil ich nicht das Fahrzeug fahren wollte, welches mich an einen Ort brachte, zu dem ich nicht wollte. Ich wünschte mir ein weiteres Mal, dieser Tag würde nicht existieren und diese Bestattung und Sams Verschwinden ungeschehen zu machen. Ich atmete einmal tief ein und aus und Harry fuhr los.

»Ich weiß nicht, wie ich das jetzt schaffen soll.« sagte ich und sah starr auf die Straße vor uns.
Harry legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und drückte diesen leicht.

»Ich bin da. Ich werde dich nicht im Stich lassen. Zusammen schaffen wir das.«

Die restliche Fahrt verlief schweigend und ich malte mir aus, wie die Trauerfeier wohl aussehen würde. Wir blieben vor einem Friedhof stehen, zu dem uns das Navi gebracht hatte. Wir stiegen aus und Harry griff sofort nach meiner kalten Hand, um mir ein sicheres Gefühl zu geben. Vor dem Gebäude, waren sehr viele Autos und ich fragte mich, ob die alle wegen Sam dort waren. Sam kannte viele Leute. Sie hatte zusätzlich zu ihren Bekannten aus Österreich, Freunde in Deutschland, Bosnien und England gehabt. Sie war immer einer von diesen Leuten, die jede zweite Person kannten, wenn man mal unterwegs war. Eigentlich war das wirklich fragwürdig, weil sie Menschen nie leiden konnte.
Wir betraten den ziemlich großen Saal und er war gut gefüllt. Ich wusste nicht wie viele Leute dort waren, aber ich hatte eindeutig keinen Überblick. Ganz vorne, am Ende des Saals, befand sich ein schwarzer großer Sarg auf einem Podest. Daneben ein Rednerpult und unglaublich viele Blumen und Dekoration drumherum. Links davon, ein großes Bild von Sam, auf dem sie lächelte. Der Raum bestand aus einem Meer von schwarzen Klamotten und schwarzer Dekoration und ich wusste, dass sie sich hier wohlgefühlt hätte. Schwarz, ihre Lieblingsfarbe.

love destroyed through glory | [H.S.]حيث تعيش القصص. اكتشف الآن