chapter sixty-nine

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Wir verließen die Halle und Harry griff instinktiv, so wie immer, nach meiner Hand, als wir an einem Haufen Fans und Fotografen vorbei ins Auto gingen.
Mein Atem stockte jedes Mal aufs Neue, wenn ich das Hotelzimmer mit Meerblick betrat.

»Ich bin so müde, wie noch nie in meinem Leben.« gähnte Harry und schmiss sich sofort ins Bett.
Er breitete seine Arme aus und deutete mir, mich zu ihm zu legen.
Kaum hatte ich mich neben ihm platziert, hörte ich kurze Zeit später ein leises Schnaufen. Er schlief und ich schloss meine Augen ebenfalls, bevor ich in einen unruhigen Schlaf fiel.

Meine Handgelenke schmerzten und ich wollte schreien und weinen. Ich hatte keine Kraft dazu. Ich wollte nicht mehr. Die Tür öffnete sich und man hörte mehrere Stimmen. Ich sah zu Boden, um allen Blicken zu entkommen. Jemand kam mir näher und ich wusste genau, wer es war. Ihre Hand kam meinem Gesicht näher und strich darüber. Ich traute mir nicht, nach oben in ihre Augen zu sehen. Meine Wange brannte und bevor ich realisieren konnte, was passiert war, war es vorbei. Ich hatte mir eine Ohrfeige gefangen. Sie schlug mich grundlos. Langsam fuhr sie mit der Hand über meine brennende Wange.

»Kaum zu glauben, dass du wirklich so dumm und naiv bist.« hörte ich die spottende Stimme von Harry und das Blut in meinen Adern gefror.
Vor mir stand nicht die Frau, die mich gefangen hielt und geschlagen hatte. Vor mir stand der Mann, dessen grüne Augen ich unter hunderten erkennen würde. Tränen sammelten sich in meinen Augen und meine Sicht verschwamm.

»Sie ist sogar auf die Ich-Nenne-Dich-Wunderschön-Bevor-Ich-Dich-Ficke-Masche reingefallen.« sagte er nach hinten, zu den anderen Personen und lachte.

»So süß und so unschuldig, aber leider strohdumm. Da soll nochmal einer sagen, dass nicht alle Models blöd sind. Ich hatte sie alle, und ich muss sagen, doch sie sind alle dämlich.«
Jedes seiner Worte traf mich, wie ein Schlag in die Magengrube.

»Wir müssen sie loswerden. Sie weiß zu viel.« sagte Harry genervt.
Er holte eine Waffe hervor und hielt sie nach hinten.

»Los, wer macht es?«
Niemand bewegt sich und ich fing an, laut zu weinen.

»Bitte. Ich flehe dich an. Ich... Du liebst mich! Ich sage niemandem etwas. Bitte lass mich in Ruhe.« stotterte ich weinend.

»Ich liebe dich? Dachtest du wirklich, der Mist ist ernst gemeint?« lacht er lauthals los.

»Aber du hast...« fing ich unter Tränen wieder an.

»Halt die Schnauze!« schrie er mich an.

»Die ist ja nicht zu ertragen!«

»Okay. Wenn niemand will, mache ich es. Eigentlich schade, der Sex war gar nicht so schlecht. Da gibt es aber hunderte die besser sind. Und zu was anderem war sie eh nicht zu gebrauchen. Also von daher, tschüss!«
Er hielt die Pistole an meine Stirn und ich weinte laut. Ich hörte einen lauten Knall. Schwarz.

Ich riss meine Augen auf und sah mich ängstlich und schweißgebadet um. Neben mir schlief Harry seelenruhig und friedlich. Als ich sein Gesicht sah, durchzog mich ein Schauen. Ich hatte Angst vor ihm. Es war ein Traum und alles in meinem Kopf, ich wusste das. Es änderte nichts an der Tatsache, dass ich das nicht konnte. Das war der Moment, in dem ich anfing, Ängste ernst zu nehmen. Ich konnte Harry nicht lieben, wenn ich Angst vor ihm hatte. Ich konnte ihm nicht verziehen, wenn ich mir selbst nicht verzeihen konnte. Meine Nähe tat ihm nicht gut, seine Nähe tat mir nicht gut. Ich zerstörte ihn und er mich. Zitternd und bedacht darauf, ihn nicht zu wecken, kroch ich aus dem Bett.
Ich zog mir eine halbwegs vernünftige Hose an und schloss meinen Koffer wieder. Weinend nahm ich ein Notizbuch, was ich mir in Frankfurt gekauft hatte, aus meiner Tasche. Ich riss eine der Seiten raus und nahm einen Kugelschreiber, der auf einem Tisch des Zimmers lag. Mit zittrigen Fingern kritzelte ich auf das Papier. Während ich schrieb, fielen Tränen auf das Blatt.

Ich kann das nicht. Es tut mir leid, dass ich dir Hoffnung gemacht habe. Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, es würde alles wieder gut werden und, dass wir das schaffen würden. Dass ich das schaffen würde. Es geht nicht. Ich brauche mehr Zeit. Ich muss mit mir selbst fertig werden. Ängste darf man nicht ignorieren, das weiß ich jetzt auch. Dass du der Weg warst, durch den ich das lernen musste, tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich so sehr zerstörte. Ich wünschte, wir könnten einfach zusammen glücklich sein, aber das geht nicht.
Wenn du mich wirklich liebst, lass mich gehen. Such nicht nach mir, ruf nicht an und schreib mir bitte nicht. Das erleichtert die Sache für dich und für mich.
Denk nicht, dass ich dich nie geliebt habe, dem ist nicht so. Ich habe noch nie jemanden so geliebt, wie dich.
Ich danke dir, für alle Erfahrungen, die ich mit dir machen durfte und für alles, was du für mich getan hast. Danke, dass du mir gezeigt hast, was es bedeutet geliebt zu werden.
-Melli

Ich legte meinen Abschiedsbrief auf den Nachttisch. Darunter seinen Pulli und seine Shirts, die er mir eigentlich geschenkt hatte. Sein schlafendes Gesicht, sah so friedlich und schön aus, ließ mir aber einen Schauer über den Rücken laufen. Ich war nicht gut für ihn. Wenn ich ging, konnte er mit jemandem anderen glücklich werden. Mit jemandem, der so eine tolle Person wie Harry verdient hatte. Ich hatte ihn offensichtlich nicht verdient, denn wenn doch, hätte ich ihn bedingungslos lieben können.

love destroyed through glory | [H.S.]Where stories live. Discover now