chapter forty-seven

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Ich sah ihn ungläubig an und schüttelte den Kopf.

»Wovon redest du?« frage ich und rutschte von ihm weg.

»Ich habe die ganze Zeit versucht es dir zu sagen, aber ich konnte nicht. Hör mir zu, ich liebe dich.«
Ich schüttelte den Kopf und rutschte weiter von ihm weg, so weit, bis ich den Rand der Bank erreicht hatte. Ich stand auf und hielt mir die Hände an den Kopf.

»Du bist schuld, an Sams Tod?« wiederholte ich, um sicher zu gehen, dass ich ihn nicht falsch verstanden hatte.

»Nein, nicht ich direkt... Also doch, ich.« sammelte er vor sich hin und ich entfernte mich von ihm.

»Bitte, lass es mich dir erklären. Ich flehe dich an.« sagte er, stand auf und hielt mich am Arm fest.
Über meine Wangen rollten Tränen und ich sah zu ihm nach oben. Ich wollte wissen, wieso er schuld war. Ich wollte wissen, wieso er mein Leben in so vielen Hinsichten zerstört hatte.

»Los, rede!« knurrte ich ihn weinend an.
Harry hatte Tränen in den Augen und fing an vor sich hinzustammeln.

»Ich... An dem Abend, an dem es passiert ist. Der Fahrer, ich weiß zwar nicht, wer es war, aber das Auto hätte eigentlich dich treffen sollen, also es war so geplant. Sie haben mir geschrieben, dass ich auf meine kleine brünette Schönheit aufpassen soll und ich habe dich dann angerufen und du hast gesagt, Sam ist im Krankenhaus und...«

»Wer hat dir das geschrieben?« unterbrach ich ihn und sah ihm fest in die Augen.

»Melli, das ist schwer zu erklären...«

»Wer hat dir das geschrieben?« wiederholte ich.

»Früher, als ich noch hier gelebt habe. Ich hatte den falschen Freundeskreis. Sie haben mich...« er atmete tief ein.

»Sie haben mich in krumme Dinge mitreingezogen... Drogen und Diebstahl und ich weiß nicht was. Sie waren meine Freunde und ich bin von der ganzen Scheiße losgekommen, als ich mit der Musik erfolgreich wurde und mit meinen Jungs um die Welt getourt bin.« er hielt an und sah mich an.
Ich sah ihm weiterhin starr in die Augen, obwohl meine Sicht komplett verschwommen war. Als er merkte, dass ich mich mit dem Bisschen an Informationen nicht zufriedengab, sprach er weiter.

»Sie hatten mit Drogen zu tun und mit dem Verschwinden von Menschen und... Sie waren einfach meine Freunde und mochten mich, bevor ich berühmt wurde. Ich habe dann eben angefangen mit der Musik etwas mehr zu verdienen und habe sie finanziert.«
Ich schüttelte weinend den Kopf und er setzte fort.

»Ich wusste nicht, wofür sie das Geld verwendeten und wollte ihnen nur helfen. Irgendwann habe ich herausgefunden, dass sie mit meinem Geld Drogenhandel und Schmuggel finanzieren und ich habe aufgehört ihnen Geld zu geben. Sie haben dann angefangen mir zu drohen und jedem der mir zu nahekam. Deshalb habe ich mich Mädchen und Frauen nie genähert, weil ich Angst hatte. Und dann kamst du und ich hatte schreckliche Angst um dich und habe mich distanziert und, dann habe ich mich verliebt und die Zeitungen haben geschrieben, dass wir zusammen sind und...«
Ich riss meinen Arm aus seiner Hand und fing an zu laufen. Ich lief zum Pfad von dem wir gekommen war.

»Melli, bleib stehen, das ist gefährlich!« schrie Harry und ich konnte hören, dass er mir nachrannte.

Ich verschnellerte mein Tempo und rannte in irgendeine Richtung, ich wollte einfach nur weg von ihm. Ich lief so schnell mich meine Beine trugen. Ich drehte mich um und sah, dass Harry sich in der Ferne umsah. Ganz dumpf und leise hörte ich ihn meinen Namen rufen und ich duckte mich schnell. Ich kroch hinter ein Gebüsch und weinte mir die Seele aus dem Leib. In diesem Moment wollte ich einfach sterben. Ich saß dort und wartete, bis seine Schreie verstummten.
Langsam lugte ich aus meinem Versteck hervor und sah mich um. Ich stand auf und ging dorthin, wo er ungefähr gestanden war, als er meinen Namen geschrien hatte. Ich sah mich um und ging einfach in eine Richtung, die ich für richtig hielt.
Ich weinte, während ich ging und sah die ganze Zeit um mich, weil ich mich unglaublich beobachtet und verflogt fühlte. Jedes Mal, wenn etwas in meiner Nähe raschelte, drehte ich mich schlagartig in die Richtung und sah immer nur einen Vogel oder Raben, der gerade wegflog. Ich ging immer weiter und hörte irgendwann auf zu weinen.
Ich fand endlich den Weg, durch den wir in den Wald gekommen waren und ging ihn entlang. Ich war so lange durch das Wäldchen geirrt, dass es schon dunkel wurde, als ich endlich am Ausgangspunkt des Pfades war.
Ich stand an der Straße, die in den Wald geführt hatte und sah diese entlang. Ich sah auf mein Handy und darauf waren dreiundzwanzig entgangene Anrufe von Harry. Ich steckte es wieder in meine Tasche und wusste nicht, wo ich hin sollte. Ich entschied mich dazu, etwas weiter in das Innere des Dorfs zu gehen, da der Wald sehr abgelegen war. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wo wir hergekommen waren.
Während ich ging, dachte ich darüber nach, wie ich Harry einfach so blind vertrauen konnte. Alle seine Worte waren gelogen. Er hat die ganze Zeit so getan, wie als ob nichts wäre.
Andererseits, hatte er mich gewarnt. Er wollte keinen Sex mit mir haben, weil er mich von sich fernhalten wollte. Er hatte mich sogar schon in Florenz darauf hingewiesen, dass er mich verletzen würde. Harry hatte so oft versucht, mich davon zu überzeugen, dass er nicht gut für mich war und mir wehtun würde.
Nun war ich dort, komplett gebrochen. Nach dem Tod von Sam, hatte ich ihn und mir ging es gut und von einer auf die Andere Sekunde, war alles weg. Wäre Harry nie in mein Leben getreten, wäre Sam nicht tot gewesen.

»Das Auto hätte eigentlich dich treffen sollen, so war es geplant...« wiederholten sich seine Worte immer und immer wieder in meinem Kopf.

Ich war schuld an Sams Tod. Ich hatte mich nicht von Harry ferngehalten. Mein verdammter Sex mit Harry, war schuld an ihrem Tod.

Hätte ich den Model Job für Gucci nie angenommen, wäre meine beste Freundin nicht tot, mein Herz nicht gebrochen und ich wäre nicht frierend abends durch eine fremde Ortschaft mitten in England geirrt.
Ich wollte das alles nicht mehr. Ich wollte die Zeit zurückdrehen, zu dem Moment, an dem ich mit Camila und Sam in New York Pizza aß und den Anruf von Perrie bekam. Ich wollte ins Telefon brüllen, dass ich nicht für Gucci mit Harry modeln wollte und meine restliche Zeit mit meinen besten Freundinnen genießen. Das Leben war so unglaublich unfair.
Wie konnte ich von so glücklich, auf so niedergeschlagen, in so kurzer Zeit fallen? Tränen strömten erneut über mein Gesicht und ich ließ mich auf einer Bank nieder. Welche sich, meiner Erinnerung zur Folge, in der Nähe der Dorfmitte befand. Die Straße in der ich saß, war nur spärlich durch ein paar wenige Laternen beleuchtet. Hinter mir war eine große freie Fläche, eine Wiese oder so etwas.
Ich saß dort und weinte mir die Seele aus dem Leib. Ich starrte vor mich und sah auf ein paar Kieselsteine, die auf dem Asphalt vor mir lagen.
Ich hatte mir überlegt, in Annes Haus zu schleichen, meine Sachen zu nehmen und abzuhauen. Irgendwo würde ich schon ein Taxi auftreiben, waren meine Gedanken. Ich war dabei, mir zu überlegen, wie ich unbemerkt in das Haus kommen konnte, als sich plötzlich zwei kalte Hände vor mein Gesicht legten. Ein Stück Stoff wurde an meinen Mund gehalten und meine Augenlieder wurden schwer.

»Da haben wir die Hübsche.« war das Letzte, was ich hören konnte, bevor ich mein Bewusstsein verlor.

love destroyed through glory | [H.S.]Where stories live. Discover now