chapter forty-six

114 10 0
                                    

»Harry, hast du vielleicht Kopfschmerztabletten?« frage ich ihn, als wir fertig angezogen die Treppen runtergingen.

»Ja, komm mit.« antwortete er und sah mich besorgt an.
In der Küche öffnete er ein kleines Kästchen aus Glas, wo ein Kreuz drauf war. Er reichte mir eine Packung von Tabletten und ein Glas Wasser. Er stand da und sah mich immer noch mitleidig und besorgt an. Verlegen trat ich von einem Bein auf das Andere.

»Ich kann keine Tabletten schlucken, wenn mir wer dabei zusieht.« sagte ich und grinste unbeholfen.

»Was?« lachte Harry.
Ich sah ihn an und er verstand, dass ich es ernst meinte.

Er sagte dann »Ich bin schon weg.« und verließ die Küche.

Ich schluckte die Tablette und stellte das Glas in die Spüle. Als ich mich in das Wohnzimmer begab, sah ich Harry, der auf der Couch saß und auf seinem Handy herumtippte.

»Und hast du deine Tablette getrunken?« fragte er lächelnd.
Ich verdrehte die Augen und wir gingen uns unsere Schuhe und Jacke ausziehen. Harry öffnete die Tür und man konnte einen Windzug spüren. Es war nicht so kalt, dass man fror, sondern angenehm kühl. Auch wenn ich den Sommer mehr mochte, war das Wetter in Ordnung. Ich sah dem Braunhaarigen zu, wie er das Haus zusperrte und sich umdrehte, um nach meiner Hand zu greifen. Er verschränkte unsere Finger und wir gingen die Einfahrt hinab.

»Ich hasse spazieren.« gab ich seufzend von mir und der Mann neben mir lachte.

»Ich weiß. Ich musste es bei eigenem Leibe erfahren.« sagte er grinsend.

»Für mich. Einmal ausnahmsweise?« fragte er und sah mich schmollend an.

»Aber nur heute.« sagte ich und er küsste mich auf die Schläfe.

Wir gingen die Straßen des Dorfes entlang und Harry erklärte mir immer wo was war. Wir bleiben bei der Bäckerei in der er früher gearbeitet hatte stehen und er wollte kurz reingehen. Wir öffneten die Tür und eine kleine Klingel ertönte. Eine ältere und ziemlich kleine Frau, kam durch eine Türe von hinten in das Geschäft und fing an zu strahlen, als sie Harry sah.

»Barbara!« sagte er glücklich und ließ meine Hand los, um seine Arme auszubreiten.
Sie umarmten sich und ich stand einfach daneben.

»Gehört die Schönheit da zu dir?« fragte sie ihn und sah mich lächelnd an.

»Ja!« sagte er und klang fast stolz.

»Barbara, das ist Melli. Melli, das ist Barbara. Ich habe hier früher hier in ihrer Bäckerei gearbeitet.«

»Freut mich.« sagte ich lächelnd zu ihr.
Sie lächelte mich ebenfalls freundlich an und sah wieder zu Harry auf.

»Was machst du denn hier?« fragte sie ihn.

»Ich wollte ihr ein wenig zeigen, wie schön es ist, wo ich herkomme.« sagte er und griff grinsend wieder nach meiner Hand.
Er unterhielt sich noch kurz mit ihr und drehte sich dann zu mir.

»Willst du was trinken?« fragte er und zeigte auf ein Kühlregal an der Wand.
Ich nickte und Harry wusste sofort, was ich nehmen würde.

»Barbara, wir nehmen zwei Mal Fanta.« sagte er und legte fünf Pfund auf die Theke.
Diese drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüften.

»Harold, sie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht bezahlen musst, wenn du hier bist?« fragte sie mahnend und ich musste leise auflachen, wegen dem Namen.

»Und ich mache es trotzdem immer wieder. Wir sind noch etwas länger hier, ich komme dich wieder besuchen.« antwortete er und zog mich aus dem Geschäft.

Wir gingen die Gassen weiter entlang und ich dachte darüber nach, dass Harry mich einfach beim Spitznamen vorgestellt hatte. Er hatte mich weder seine Freundin noch eine Freundin oder Bekannte genannt. Was war ich denn?

»Ich zeige dir jetzt meinen absolut liebsten Ort auf dieser Welt. Es gibt kaum jemanden, dem ich davon erzählt habe.« sagte er und wir bogen in einen Waldweg ein.

»Bin ich jetzt also was Besonderes?« fragte ich und grinste ihn an.

»Warst du schon immer.« sagte er und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter im Gehen.

Harry erzählte mir ein bisschen was über diesen Wald, durch den wir gingen. In seiner Kindheit war er mit seinen Freunden oft dort gewesen und hatte Unterschlüpfe aus Laub uns Stöcken gebaut. Ich musste mir Klein-Harry bildlichen vorstellen und erinnerte mich an die Bilder im Wohnzimmer seiner Mutter.

»Wir sind fast da.« sagte er nach einer Weile, nach der wir schon durch den Wald gegangen waren.
Ich hatte absolut keine Orientierung mehr und war froh, dass Harry sich auskannte. Er führte mich zu einer Abzweigung, wo der Weg schmäler und verwachsener wurde. Wir schlängelten uns durch den schmalen Pfad. Ich hatte die ganze Zeit auf meine Füße geachtet und blickte auf, als Harry stehen blieb. Vor uns war ein kleiner See, der funkelte. Um den See herum war der Wald.
Er zog mich an der Hand ein Stück weiter und dort stand eine Bank, die in Richtung des Sees gerichtet war. Eine einzige Bank im Nichts, beim Wasser. Wir setzten und hin und ich sah am Wasser entlang. Es war wirklich wunderschön. Harry erzählte mir, dass er dort immer hinkam, wenn er alleine sein wollte, oder nachdenken wollte. Es wurde still und ich sah zu Harry, dieser sah mich nachdenklich an. Ich konnte sehen, dass er auf der Innenseite seiner Wange herumkaute, weswegen ich ihn fragend ansah. Er holte kurz tief Luft und fing an zu reden.

»Melli... Ich bin unglaublich froh dich kennengelernt zu haben. Ich bin in meinem Leben schon so vielen schönen Frauen begegnet. Models, Schauspielerinnen, Moderatorinnen, Tänzerinnen und Sängerinnen, alles. Und keine Einzige von ihnen, war so wunderschön wie du. Ich habe dich bei dieser Victoria Show gesehen und war komplett weg. Ich habe dich gesehen und wollte dich Meins nennen. Ich wollte deine Lippen küssen und dich anfassen. Du weißt nicht, was für ein Gefühl mich durchströmt hat, als ich dich in diesem Gucci-Büro gesehen habe. Ich dachte mir, was für ein Glück ich hatte. Und ich habe dir in Florenz dann gesagt, dass ich dich verletzen würde. Ich kann nicht lieben. Ich versuche zu lieben und es geht nicht. Ich habe bisher mit so vielen Frauen einfach geschlafen und sie danach fallen gelassen, aber bei dir... Bei dir ging es nicht, Melli. Ich habe versucht dich aus meinem Kopf zu bekommen, aber du wolltest nicht raus. Ich hatte Angst davor. Ich habe dich die ganze Zeit versucht auf Abstand zu halten, aber ich habe es nicht geschafft. Ich wollte dich nicht verletzen. Aber jetzt kann ich dir sagen, dass ich mich hoffnungslos in dich verliebt habe und es nicht mehr ändern kann.«
Er hörte auf zu sprechen und sah mich an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, deswegen drückte ich meine Lippen an seine.

»Ich liebe dich.« flüsterte er gegen meine Lippen.

»Ich liebe dich auch.«
Wir küssten uns, als Harry sich ruckartig von mir löste.

»Stopp, ich kann das nicht.« sagte er und entfernte sich ganz von mir.
Mein Herz drohte zu zerreißen. Durch Sam war es schon zerbrochen, aber Harry zerriss die gebrochenen Stücke erneut.

»Liegt es an mir? Harry, ich bin mir sicher, dass du mich nicht verletzen wirst.« sagte ich und er schüttelte den Kopf.

»Ich kann dich nicht lieben, wenn unsere Liebe auf einer Lüge aufgebaut ist.« gab er von sich und ich verstand nichts mehr.
Ich hatte ihn noch nie so kalt und distanziert erlebt.

»Ich verstehe nicht...« sagte ich und sah ihn verwirrt an.

Er atmete ein und sprach wieder ernst.

»Ich bin schuld an Sams Tod.«

love destroyed through glory | [H.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt