Kapitel 62: Lebendige Schatten - Part 1

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In den beiden darauffolgenden Stunden auf meine erste Erfahrung mit der dritten Ebene hatten wir Dämonenkunde und während Professor Lightwoods Ausführungen über die Xaras - Feuerdämonen verschiedener Kategorien konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren. Klar, es war total interessant und es war für einen jeden Magier lebenswichtig zu wissen, wie man mit verschiedenen Dämonen umgehen konnte, aber ich musste die ganze Zeit an Asramon und seine furchtbare Macht zurückdenken. Die Erinnerungen von Elya ließen mich nicht los. Ich fühlte die Angst immer noch in meinen eigenen Gliedern stecken, als wäre ich persönlich vor Ort gewesen, dabei war ich noch nie in meinem Leben einem gefährlichen Dämon begegnet. Die Schutzschilde über Alenta sorgten dafür, dass wilde Dämonen nicht in die Stadt hereinkamen. Man konnte sie in den naturbelassenen Gegenden der Insel finden, aber ich war nun wirklich nicht erpicht auf eine solche Begegnung.

Die Dämonen, über die wir bisher gelernt hatten, schienen im Klassenzimmer immer recht harmlos und unbedeutend, aber wenn man mal darüber nachdachte, waren einige von ihnen extrem gefährlich. Veldrim-Dämonen zum Beispiel waren die höheren Dämonen der Kälte; sie kühlten die Luft um sich herum so stark ab, dass man erfrieren konnte. Und die einzige Möglichkeit, diese gut ein Meter großen, schattenhaften, mit Eisklauen bewehrten Kreaturen zu töten, war, ein Feuer heraufzubeschwören, welches stark genug war, um der Kälte zu trotzen. Oder man tötete sie mit einer Adamas-Waffe, was aber die schwierigere Methode war, denn es war viel wahrscheinlicher, dass man erfror, bevor man einen dieser Dämonen überhaupt erreichte.

Gegen das magische Feuer der Xaras-Dämonen konnte man nicht viel ausrichten– gegen ihre Magie kam unsere Magie nicht an. Man konnte lediglich die Magie der Dämonen umleiten und dafür sorgen, dass das Feuer einen nicht erwischte. Oder es gab zufällig einen See oder Pool in der Nähe, wenn man auf einen solchen Dämonen traf.

Und sie alle waren nichts, aber gar nichts gegen die Macht eines Dämonenfürsten. Professor Lightwood hatte das Thema bisher nur kurz angeschnitten, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass niemand viel über diese Dämonen wusste. Ich hatte bereits in Erfahrung gebracht, dass Asramon der einzige Fürst der Dämonen gewesen war, der je von einem Magier beschworen wurde. Deswegen sagte man auch, dass Lucien Alexanders Macht und Fähigkeiten in der schwarzen Magie bisher noch nie von einem anderen erreicht worden waren. Asramon war einer von schätzungsweise sieben Dämonenfürsten, von denen bisher zwei andere in der ersten Ebene aufgetaucht waren – als wilde Dämonen.

Erst jetzt konnte ich völlig verstehen, was so viele Magier damals durchgemacht haben mussten. Gott, der Krieg war noch gar nicht so lange her, sodass selbst einige meiner Mitschüler den Dämonenfürsten erlebt haben mussten. Ich schauderte bei dem Gedanken daran, dass die einzige Möglichkeit war, seiner verheerenden Magie zu trotzen, dass man selbst keine Angst hatte. Wie hatte Felicie das nur geschafft? Sie war aber auch die Einzige gewesen, die diese Form der Selbstkontrolle gemeistert hatte. Nicht einmal James, der wohl beste Krieger seiner Generation, war dazu in der Lage gewesen.

„Also, wie war es?", fragte Rose gespannt nach Dämonenkunde, als wir uns auf den Weg zu allgemeiner Magie machten. Ich hatte Rose und Alice erzählt, dass ich in der dritten Ebene gewesen war, aber es war mir keine Zeit geblieben, meine Erlebnisse genauer zu schildern.

„Es war..." Ja, welches Wort beschrieb mein Erlebnis am besten? „Anders, als ich es erwartet hatte."

„Ach komm schon", sagte Rose, „raus mit der Sprache, Jane, was hast du erlebt?"

„Ich habe eine Chronik getroffen", sagte ich. „Und diese hat mir ihre Erinnerungen gezeigt."

„Krass!", kommentierte Alice mit leuchtenden Augen, als würde ich gerade von meinen Erlebnissen in einem Vergnügungspark erzählen. „Welche Erinnerungen denn?"
„Das, was sie erlebte, bevor sie starb."

Magie - Wolf's EyesOnde histórias criam vida. Descubra agora