Kapitel 12: Die Fairchild Academy - Part 1

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Es verging ein weiterer Monat, in dem ich viele Dinge lernte und entdeckte. Ash zeigte mir andere magische Orte, so unternahmen wir Ausflüge zu den beiden anderen Städten auf der Insel, Valante und Saranda, und zu den großen Wäldern im Süden und den Bergen im Norden. Die Zeit allein nutzte ich, um viel über Magie zu lesen und von Ash zu lernen.

Ich hatte mich für die Fairchild Academy beworben und die Aufnahmeprüfungen hatten schon begonnen – dabei waren es keine Prüfungen, sondern viel mehr Gespräche, die Felicie Morgan mit den Bewerbern für die heißbegehrten Plätze der Akademie führte. Dabei wurde auch die Magieform bestimmt – ein Prozess, der sehr kompliziert sein sollte und den Ashley mir nicht weiter erklären konnte. Dabei musste jemand den Kern der Magie in deinem Geist finden, und dazu waren nicht viele in der Lage.

 Ich erwartete die Bestimmung meiner Magie mit einiger Anspannung und konnte es kaum abwarten. Denn eines hatte ich mitbekommen - der Magieform, auch wenn es nur kleine Unterschiede waren, wurde in der Welt der Magier eine große Bedeutung beigemessen.

Schon rückte der dreizehnte Juni heran, der Tag, an dem ich mein Gespräch mit der Schulleiterin hatte.

Ich spürte den schnellen Schlag meines Herzens, als ich an die himmelblaue Decke des kleinen Gästezimmers starrte und mir ausmalte, wie der Tag heute wohl ablaufen würde. Würde man mich annehmen oder ablehnen? Ashley war sich ziemlich sicher, dass ich es schaffen würde, jedenfalls sagte sie mir das immer wieder. Ich wälzte mich aus dem Bett und warf einen Blick aus dem Fenster. Der Himmel heute war klar und ich sah, wie über dem ruhigen Meer einige Möwen und Vögel, die ich nicht kannte und ganz offensichtlich magisch waren, ihre Kreise zogen. Vielleicht könnten wir heute Nachmittag an den Strand gehen. Ich liebte die See von Alenta. Sie war rau und kalt, aber sie hatte etwas Wundersames an sich. Vielleicht lag es einfach daran, dass die gesamte Insel von Magie nur so getränkt war. Ash und ich waren mehrfach in einer kleinen Bucht gewesen, wo das Wasser ruhig und warm war. Ein perfekter Badeort

Mit einem herzhaften Gähnen dachte ich zurück an London. Klar, meine ganzen alten Freunde waren dort, aber ich war mir sicher, dass ich neue finden konnte. Rose hatte ich noch mehrfach kurz gesehen, aber Rose ging noch zur Schule (eine Schule für Magier natürlich) und hatte dementsprechend kaum Zeit für ein Treffen gehabt. Ash hatte mir erzählt, dass das Mädchen ebenfalls ihre Magie erhalten hatte und sich auch für Fairchild beworben hatte.

Und so sehr ich London als Stadt auch liebte, Antarya war ein ganz anderes Kaliber. Ich hatte meine Entscheidung getroffen, und würde auch keinen Rückzieher machen. Nie. Abgesehen davon, dass ich es nicht konnte.

Von unten drangen Geräusche nach oben und deswegen stieg ich die Treppen hinunter in den Wohnbereich, um Ashley beim Frühstück zu assistieren. Ich konnte es immer noch nicht fassen, solch eine nette Patin gefunden zu haben, und wollte ihr auf keinen Fall zur Last fallen. Also stellte ich mich zu der reichlich verschlafen aussehenden Ashley und half ihr beim Zubereiten des Frühstücks. Ich wünschte, sie würden mir erlauben, meine Magie jetzt schon zu erlernen, und starrte verdrießlich auf die Adamas-Ringe an meinem Handgelenk. Das war das Einzige, was ich an diesem Leben momentan nicht mochte. Aber Ashley hatte Recht- die Gefahr, dass etwas passierte, war viel zu groß. Manchmal juckte es mich in den Fingern, die Ringe einfach herunterzuschieben, aber dann würde Ashley mir nie wieder vertrauen... es war schon schlimm genug, dass ich meine Magie einmal in der Bibliothek ausprobiert hatte, auch wenn dort nicht viel passieren konnte. Also ließ ich sie an Ort und Stelle und sehnte den Tag herbei, an denen ich endlich anfangen würde zu lernen, meine Magie zu kontrollieren.

Nach einem ausgiebigen Frühstück verließen wir Ashleys Haus und machten uns auf den Weg Richtung Ostteil der Stadt. Ich hatte lange überlegt, was ich anziehen könnte, und mich für ein schlichtes dunkelgrünes Sommerkleid aus leichtem fliegenden Stoff entschieden, welches ich hier in Alenta gekauft hatte. An diesem Samstagmorgen war auf den Straßen der Stadt ungewöhnlich viel los. Und direkt vor uns lief eine kleine Familie ebenfalls offensichtlich zur Fairchild Academy, denn sie nahmen dieselben Straßen und Abbiegungen wie wir. Neugierig betrachtete ich sie. Der Familienvater war ein hochaufgeschossener, athletischer Mann mit streng geschnittenen braunen Haaren und glatt rasierte Gesicht. Die Frau an seiner Seite war wunderschön und hatte eine etwas zierlichere Statur. Der Junge, der an der Seite seiner Mutter ging, war ... hübsch. Er hatte die athletische Statur seines Vaters, aber wo sein Vater steif war, war er lässig. Er hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und schaute immer wieder mit finsterem Blick zu seinem Vater. Irgendwie sah er aus, als wollte er sich so deutlich wie möglich von seinem Vater abheben. Das schicke Hemd, in dem er sich sichtlich unwohl fühlte, hatte er nur zur Hälfte zugeknöpft und seine hellbraunen Haare hingen ihm in langen Locken bis zu den Schultern. Er war weder besonders groß noch klein, war schlank, aber nicht schlaksig, durchtrainiert, aber ohne, dass man es ihm allzu deutlich ansah. Auf seine lässige Art sah er ziemlich gut aus.

Magie - Wolf's EyesWhere stories live. Discover now