Kapitel 56: Nachforschungen

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Nach meinem Treffen mit Damien Monroe waren Alice und Rose ganz versessen darauf, alles zu erfahren, und so setzten wir uns in der Pause zusammen und ich erzählte ihnen flüsternd, was wir beredet hatten.

„Und das war alles?", fragte Alice und klang enttäuscht.

„Was hast du denn erwartet?", murmelte Rose, die dezent abgelenkt war von der Tatsache, dass Finn nur ein paar Meter weiter saß und sie alle paar Sekunden anlächelte.

„Ich weiß nicht... irgendwie... mehr", erwiderte Alice stirnrunzelnd. „Ich dachte, er könnte wenigstens mal Klartext reden, wenn Felicie es schon nicht tut." Ich hatte den beiden natürlich haarklein berichtet, was während der Ferien passiert war und ihnen auch meinen Verdacht mitgeteilt, dass Felicie etwas verbarg. „Jane, findest du es nicht auch merkwürdig, dass alle irgendwie von deiner Mutter reden?"
„Worauf willst du hinaus?", fragte ich sie, „es reden nicht alle von ihr..."

„Reynolds und Monroe. Ich weiß ja nicht, was du darüber denkst, aber das sind zwei ziemlich hohe Tiere. Und beide haben nicht besonders viel miteinander gemein, und trotzdem scheinen sie Interesse an deiner Familie zu haben. Wieso?"

Ich schnaubte. „Glaub mir, diese Frage habe ich mir jetzt schon oft genug gestellt und ich bin trotzdem nicht zu einer Antwort gekommen. Sieht auch nicht so aus, als könnte Morgan mir helfen, jetzt, wo sie weg ist." Rose hatte Recht – wieder einmal. Und mein Gefühl sagte mir, dass an der ganzen Sache mehr dran war, als Felicie oder irgendjemand sonst mir sagen konnte und wollte. Es schien, als hätte die ganze Welt sich gegen mich verschworen und Geheimnisse vor mir.

„Weißt du, vielleicht sollten wir ein paar Dinge auch selbst in die Hand nehmen", sagte zu meiner Überraschung Alice. „Ein paar Bücher nachschlagen. Andere Quellen befragen."

„Ich weiß nicht, Alice", warf Rose ein und blickte sich unwohl um. „Findest du nicht, dass gerade eine solche Aktion das allerletzte wäre, was Morgan wollen würde?"

Alice schüttelte mit ungläubigem Gesicht. „Hört mal, Jane denkt doch, dass Morgan etwas verheimlicht, oder? Nun, wenn diese Frau es nicht herausrückt, müssen wir es selbst herausfinden."

„Ich kann nicht fassen, dass du so wenig Respekt vor ihr hast!", empörte Rose sich mit erhobener Stimme. „Ich glaube auch nicht, dass Morgan irgendetwas verheimlicht! Sie würde es nie tun! Ist es dir nie in den Sinn gekommen, dass sie einfach nichts weiß?!"

Alice grinste. „Schön", sagte sie zufrieden. „Dann sollte sie doch nichts dagegen haben, wenn wir ein paar Nachforschungen anstellen, oder?"

Rose raufte sich mit einem Stöhnen die Haare, aber ich sah Alice zustimmend an. „Glänzende Argumentation, Alice", meinte ich und imitierte Professor Winstons Stimmlage, die sie an den Tag legte, wenn sie mit einem Schüler zufrieden war. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Es war wirklich Zeit, dass wir mal einen Abstecher in die entlegensten Winkel der Bibliothek machten.

~~~

„Ich kann nicht fassen, dass es hier keine einzige Aufzeichnung über irgendwelche Dunkelmagier gibt! Das ist doch diskrimierend! Was ist denn mit meiner Wenigkeit? Alle Schüler können haben hier tausende Bücher über ihre Talente, und ich?!", empörte ich mich frustriert, nachdem ich den nächsten Wälzer auf den Haufen mit den verworfenen Büchern geschmissen hatte – ein Stapel, der stetig wuchs. Wir waren uns darüber einig gewesen, dass wir herausfinden sollten, wer in der Vergangenheit Dunkelmagier gewesen war. Nachdem Henry in Morgans Büro in den Raum geworfen hatte, dass es weitere Kinder von Alexander geben könnte, war ich neugierig geworden, aber man konnte nirgends etwas dazu finden. Nicht einmal in den etlichen Biografien von Lucien Alexander, durch die wir uns gequält hatten. Nichts stand dort über irgendwelche Kinder. Kein. Einziges. Wort. Auch nicht in den alten Familienstammbäumen der Alexanders, aber die Angaben dort waren auch sehr in die Jahre gekommen.

Magie - Wolf's EyesWhere stories live. Discover now