Kapitel 23: Das erste Wochenende

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Der Samstag brach kühl, aber mit strahlendem Sonnenschein an. Warmes Licht schien mir ins Gesicht und weckte mich an diesem Morgen. Noch etwas schlaftrunken blinzelte ich und sah Rose mir gegenüber noch tief und fest schlafen. Ich gähnte und stand langsam auf; es tat so gut, richtig ausschlafen zu können, und offenbar hatten sowohl Rose als auch ich den Schlaf bitter nötig gehabt; es war kurz vor zehn. Wenn wir noch etwas vom Frühstück abhaben wollten, dann mussten wir uns wirklich beeilen, also weckte ich eine sehr verschlafene Rose und wir machten uns auf den Weg zum Hauptgebäude.

Ganz offensichtlich waren wir nicht die Einzigen, die sich noch an den täglichen Rhythmus in der Schule gewöhnen mussten, denn im Speisesaal war selbst kurz vor Ende der Frühstückszeit eine Menge los. Wir setzten uns zu Alice, die zusammen mit Finn und zu meiner Überraschung auch einem sehr verschlafenen Vincent am Tisch saß. Soweit ich das mitbekommen hatte, verbrachte Vincent sehr viel Zeit mit Bill Richards, der offenbar ein sehr guter Freund von ihm war. Er grinste uns kurz zu, ehe er sich mit Heißhunger weitere seinem Rührei widmete.

„Hi!", sagte Alice und lächelte uns zu, „Ihr habt es also auch noch zum Frühstück geschafft."

Ihr Teller war bereits leer, offenbar hatte sie auf uns gewartet.

„Mh", machte Rose und begann, ihr Müsli zu essen. „Zum Glück haben wir heute frei. Noch eine weitere Sportstunde und ich wäre gestorben."

„Na, Taylor, du wirst doch nicht etwa nach nur einer Woche alles hinschmeißen?", fragte Finn scherzhaft.

„Natürlich nicht!", entrüstete sich Rose, „aber trotzdem bin ich froh, heute nur faul herumliegen zu können."

„Wie ist eigentlich dein Profilunterricht mit Callahan?", fragte Vincent und sah aufmerksam zu mir. Finn und Alice blickten ebenfalls auf.

„Schlimmer als die Sportstunden", sagte ich und nahm mir ein Brötchen. „Reicht das als Antwort?"

Mitleidig musterte er mich und schüttelte den Kopf. „Ehrlich, ich kann mir nicht erklären, warum er überhaupt Mentor geworden ist. Und dann auch noch bei dir."

Ich hob eine Augenbraue und sah ihn herausfordernd an. „Was soll das heißen? "

Vincent grinste wieder sein überhebliches Grinsen. „Ist das nicht offensichtlich?" Mir lief ein kurzer Schauder über den Rücken, als ich seine Worte hörte, und zwang mich, ganz ruhig zu bleiben. Wusste er es etwa? Oder ahnte er etwas und versuchte, mich aus der Reserve zu locken? Aber offenbar hatten weder Finn, noch Alice oder Rose eine Ahnung, von was er sprach.

„Bitte?", fragte ich ihn skeptisch, doch er zwinkerte nur und verwirrte mich damit ebenso wie die anderen. Was zum Teufel sollte ich denn davon halten?

Ich war davon so abgelenkt, dass ich den anderen gar nicht mehr zuhörte, bis Rose vor meinem Gesicht mit der Hand herumwedelte und ich aufschreckte. „Wa-?!"

„Erde an Jane, ich rede mit dir!", rief sie und lachte wegen meinem Gesichtsausdruck. „Alice fragte, ob du mit in die Stadt kommen willst."

Erfreut blickte ich auf. „Klar, gerne." Das war auch die optimale Gelegenheit, um Ash zu besuchen. Ich hatte das Gefühl, unbedingt mit jemandem reden zu müssen. Jemand, der genau wusste, wie ich mich nach dieser Woche fühlte.

~~~

Nach einem vergnüglichen Nachmittag mit Alice und Rose, an dem wir zusammen durch die Stadt gestreift waren und diverse exklusive Läden durchstöbert hatten, klopfte ich endlich an der Tür zu Ashs Haus, jenem Haus, welches auch für mich ein wenig zu einem Zuhause geworden war.

Bitte, lass sie da sein, betete ich und biss mir nervös auf die Lippen, als ich an ihre Tür klopfte.

Zu meiner großen Erleichterung hörte ich kurz darauf Schritte, und Ash öffnete die Tür. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie mich sah. „Jane! Komm rein, komm rein!"

Magie - Wolf's EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt